Bianca Exklusiv Band 0088
steckte es achtlos in die Jackentasche.
“Ich freue mich schon sehr auf das Pferderennen, Robert”, bemerkte Tara voller Begeisterung. “Es ist lange her, seit ich das Happy Valley besucht habe.”
Robert sah sie erstaunt an. “Wir gehen nicht auf die Rennbahn. Ich wollte die ‚Tiger Balm Gärten‘ anschauen, um herauszufinden, was sich die Chinesen von derartiger Unterhaltung erwarten. Ich dachte, das wäre Ihnen klar gewesen.”
Nun war Tara überrascht. Die “Tiger Balm Gärten” waren eine Art Märchenpark mit Figuren aus chinesischen Legenden und Sagen, also eher etwas, wohin man Kinder führt.
Robert lachte. “Ich vermute, der chinesische Geschmack ist ein Schock für uns Westmenschen. Doch wenn China uns die Türen öffnet, möchte ich mir ein Stück vom geschäftlichen Kuchen abschneiden. Vergnügungsparks sind heutzutage eine sehr lohnende Sache.” Wieder lachte er. “Ich habe die Gärten als albtraumhafte Variante von Disneyworld beschrieben bekommen und bin äußerst neugierig, sie mir anzuschauen.”
Tara erinnerte sich, als Kind von ihrer Erzieherin in die Gärten mitgenommen worden zu sein. Damals hatten die künstlichen Grotten voller bizarrer grellbunter Figuren aus den grausigsten chinesischen Märchen sie erschreckt. Sie hatte das alles angsterregend gefunden, doch bei den Chinesen war der Garten ausgesprochen beliebt.
“Wenn ich gewusst hätte, was Sie vorhaben, hätte ich die Einladung nicht angenommen”, beklagte sich Tara. “Die Gärten sind einfach schrecklich!”
“Seien Sie kein Spielverderber. So schlimm wird es schon nicht sein!”
“Sie haben es noch nicht gesehen!”, warnte Tara. “Außerdem kann ich mir keinen Grund denken, warum ich mitkommen sollte.”
“Weil ich Ihre Gesellschaft genießen möchte, natürlich.” Robert lächelte sie strahlend an. “Ich verbinde gern Geschäft und Vergnügen.”
Das Auto hielt vor dem Eingang zu den Gärten. Robert stieg aus und half Tara beim Aussteigen. Dann fasste er sie am Ellbogen und führte sie hinein.
Tara fand es äußerst lehrreich, sich in Roberts Begleitung alles anzuschauen. Er betrachtete die fantastisch geschmacklose Umgebung mit dem kritischen, kühlen Blick des Geschäftsmannes.
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass westliche Designer je etwas Ähnliches fertigbringen”, sagte er, nachdem sie ihren Rundgang beendet hatten. “Wir werden unbedingt einen Chinesen engagieren müssen, um die richtige Note zu treffen. Finden Sie nicht auch?”
“Ja”, stimmte Tara zu. “Können wir jetzt gehen?”
Er sah ein wenig bestürzt aus. “Es tut mir leid, Tamara. Es war keine gute Idee von mir, Sie mitzunehmen, wenn Ihnen das Ganze so missfällt. Aber ich wollte unbedingt noch ein wenig in Ihrer Gesellschaft sein.” Entschuldigend zuckte er die Schultern und blickte sich um. “Sehen Sie mal! Dort drüben kann man sich die Zukunft voraussagen lassen.”
“Stimmt. Und der Wahrsager spricht sicher nur Chinesisch, sodass Sie kein Wort verstehen werden.”
“Ich dachte an Sie, Tamara.”
Leicht verunsichert erwiderte sie: “Ich hätte nie vermutet, dass Sie an Wahrsagerei glauben.”
“Da irren Sie sich. Eine Zigeunerin hat mir als Kind prophezeit, dass ich ein reicher Mann werde. Und nun bin ich’s.”
Tara lächelte über die aufrichtige Antwort. “Das lag doch wohl eher an Ihren eigenen Anstrengungen.”
“Schon wahr”, erwiderte Robert nachdenklich. “Aber es hat mir geholfen, daran zu glauben, dass ich eines Tages Erfolg haben würde.” Er nahm eine Handvoll Geldscheine aus der Brieftasche und schob Tara zum Eingang der Grotte. “Lassen Sie uns herausfinden, was man von Ihrer Zukunft vorhersagt.”
Zögernd und widerstrebend, ging Tara in das düstere, schwach erleuchtete Innere. Ein kleiner Junge nahm sie bei der Hand und führte sie weiter bis zu einem niedrigen Bambusstuhl, der vor einem kleinen Tisch mit einem gemusterten Seidentuch stand.
“Setzen Sie sich”, befahl der Kleine auf Chinesisch, bevor er im Dunkeln verschwand.
Tara gehorchte. Nach kurzer Zeit kam ein uralter Chinese und kniete sich vor den Tisch. In sanftem, singendem Tonfall befahl er Tara, die Hände mit den Innenflächen nach oben auf die Platte zu legen. Daraufhin zog er einen Beutel aus dem Ärmel und holte seltsam geformte Steine heraus, die er mit einer geschickten Bewegung auf den Tisch warf.
Ein lastendes Schweigen entstand, als der alte Mann zuerst Taras Handlinien und danach das Muster, das die Steine
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