BIANCA EXKLUSIV Band 0171
Nachttisch hinüber. „Wir sollten die Kerzen mitnehmen. Es ist sehr dunkel in den Gängen.“ Er ließ ihre Hand los und holte den Leuchter. „Was für Unsicherheiten? Haben Sie Angst, Ihr Mann könnte sich als untreu erweisen?“
Ihre Ängste drehten sich eher darum, dass ihr zukünftiger Mann dem Carlisle-Vermögen treu sein würde. „Ich habe vor nichts Angst. Deshalb folge ich Ihnen in einen dunklen Tunnel, mit nicht mehr als zwei Kerzen.“
„Ihre strahlende Schönheit wird uns führen.“
„O ja, meine natürliche Ausstrahlung. Die dürfte etwa einen Meter weit reichen.“
„Keine Sorge, ich habe eine Taschenlampe.“ Er legte die Handfläche an die Wand, und ein Teil davon glitt geräuschlos auf und gab den Blick auf eine schmale, dunkle Öffnung frei. Der muffige Geruch kitzelte in Montys Nase. Kalte Luft folgte, und sie musste niesen.
Seb schaltete die Taschenlampe an und leuchtete hinein. „Sie können es sich noch anders überlegen.“
„Versuchen Sie nicht, mich zu überreden, Seb. Es wäre sinnlos.“
„Sie sind eine ungewöhnliche Frau, Eve O’Halloran. Kommen Sie. Und seien Sie vorsichtig, der Boden ist nicht eben.“
Mit dem Leuchter in der Hand folgte sie ihm in den Tunnel. Er war so schmal, dass sie das Gefühl hatte, ersticken zu müssen. Sie atmete mehrmals tief durch und sah auf die staubigen Dielen unter ihren Füßen.
„Vermisst Ihre Familie noch irgendwelche anderen Erbstücke?“
„Der Pokal ist der einzige Schatz, den ich suche … Es sei denn, ich gebe der Versuchung nach und stehle den Reichtum, den Ihre Lippen bergen.“
„Endlich fangen Sie an, wie ein echter Franzose zu klingen“, erwiderte sie unbeschwert. Er sollte nicht wissen, dass allein der Gedanke an einen Kuss ihre Knie weich werden ließ. „Sagen Sie mir, wann ich Ihrem Charme erliegen soll.“
„Nicht jetzt, nicht hier.“ Der Strahl der Taschenlampe erfasste einen noch schmaleren Gang, der in der endlosen Dunkelheit verschwand. „Sie können ihm später erliegen. Bleiben Sie dicht hinter mir, aber setzen Sie mein Hemd nicht in Brand.“
Sie hob den Leuchter. „Wie haben Sie ihn gefunden? Und wer hat ihn angelegt?“
„Das Schloss ist in Jahrhunderten gewachsen. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Baustilen. Die Gänge wurden vermutlich im 17. Jahrhundert angelegt. Wie in England, so wurden sie auch in Frankreich von den Dienstboten benutzt, um unauffällig in die Schlafräume der Herrschaft zu gelangen.“
„Besitzt jeder Raum einen Zugang zum Tunnel?“
„Nein, aber die meisten. Der Tunnel ist mit der Küche, dem Weinkeller, dem Speisezimmer und dem Ballsaal verbunden. Unterhalb der vorderen Eingangstreppe und in der hohen Mauer neben dem Irrgarten befinden sich Zugänge von außen.“
„Und durch die konnten Sie am Abend meiner Ankunft auftauchen und wieder verschwinden, ja? Ich habe mich gefragt, wie Sie an zwei Orten zugleich sein können.“
„Das kann nur ein Geist.“ Mit sicheren Schritten ging er weiter.
Monty fröstelte. Eine fette, behaarte Spinne kroch eilig aus dem Lichtschein. „Ich weiß, dass Sie mich vor dem umfallenden Engel gerettet haben, Sebastian.“
Er blieb stehen. „Vorsicht. Der Boden hat tückische Unebenheiten.“
Sie hielt den Leuchter vor den Körper. „Ich hoffe, die Schlossspinnen mögen kein amerikanisches Blut.“
„Ich dachte, Sie haben vor nichts Angst?“
„Bei Wesen, die mehr Beine besitzen als ich, mache ich eine Ausnahme.“
„Die haben mehr Angst vor Ihnen als Sie vor denen.“
„Das glaube ich nicht. Aber wir kommen vom Thema ab. Geben Sie zu, dass Sie bei mir waren, als die Statue umfiel?“
„Ich wollte ungesehen meine Taschenlampe und die Kletterausrüstung holen. In der Eile stieß ich gegen den Sockel, und der Engel kippte um. Es war ein Unfall. Zum Glück ist Ihnen nichts passiert.“
„Warum sollte ich Ihre Kletterausrüstung nicht sehen?“
„Mademoiselle Carlisle sollte sie nicht sehen“, erklärte er und ging weiter.
„Warum nicht?“
„Falls der Pokal wirklich existiert, ist er für Montgomery Carlisle bedeutungslos.“
„Warum fragen Sie sie nicht einfach, ob Sie danach suchen dürfen?“
„Ich glaube, sie würde Anspruch auf den Pokal erheben.“ Er senkte den Strahl der Taschenlampe und warf einen Blick über die Schulter. Sein Gesicht war nicht zu sehen, während die Kerzen Montys erhellten. „Ich hoffe, ich kann Ihnen vertrauen … Eve.“
Er zögerte, bevor er sie so ansprach, und dann ließ
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