BIANCA EXKLUSIV Band 0174
gelungen?“
Anne lachte. „Ich habe ihnen dafür freie Werbung versprochen.“ Ernster fügte Anne hinzu: „Aber es gibt noch unendlich viel zu tun, sowohl hier wie zu Hause in meiner Agentur.“ Dennoch schuldete sie ihm einen Gefallen, selbst wenn es bedeutete, eine lange Abschlussfeier durchstehen zu müssen.
„Darf ich Sie zum Abendessen einladen“, bat John einige Stunden später. „Sie haben meinetwegen das ganze Theater ertragen, also möchte ich das zumindest mit einem Dinner ein wenig wiedergutmachen.“
Privat sollte sie eigentlich nicht mit John ausgehen, weil sie ja jetzt für ihn arbeitete. Aber es handelte sich doch nur um ein harmloses Abendessen, und sie war außerdem halb verhungert. „Also gut, vorausgesetzt, es wird nicht zu spät für mich.“
„Kein Problem.“
John wählte ein Restaurant, das von Politikern bevorzugt wurde. Anne glaubte zu wissen, warum. Dort würde man ihn nicht so sehr belästigen. Andererseits musste sie damit rechnen, dass sein Erscheinen mit ihr umso schneller in die Schlagzeilen käme. Das schien jedoch John nicht zu stören.
Als sie am Tisch saßen, bemerkte John: „Sie kommen mir sehr nachdenklich vor, Anne. Habe ich recht?“
„Irgendwie schon“, gestand sie. Es war ihr nicht leichtgefallen, seine Einladung anzunehmen. Die Frauen fühlten sich zu diesem charmanten Mann scharenweise hingezogen, und sie legte keinen Wert darauf, dazugerechnet zu werden. Doch das war noch nicht alles, was ihr zu schaffen machte. „Die Abschlussfeier hat viele Erinnerungen in mir wachgerufen.“
„Gute oder schlechte?“
„Teils, teils. Es ist stets aufregend, etwas Neues anzufangen, doch auch ziemlich beängstigend. Ich musste daran denken, dass meine Abschlussfeier bereits zehn Jahre her ist, und bin mir direkt alt vorgekommen.“
„Das Alter ist nach meiner Ansicht ein relativer Begriff. Wir werden jedes Jahr etwas klüger, aber das bedeutet nicht unbedingt, auch zu altern, jedenfalls nicht im Herzen. Verstehen Sie, was ich meine?“
Anne nickte. Sie selbst war in mancher Hinsicht noch genauso wie einst mit achtzehn. Noch immer wollte sie herausfinden, wer sie wirklich war, und wollte Liebe geben und empfangen.
John, der sie beobachtete, dachte lächelnd: Wie hübsch sie im sanften Kerzenschein mit dem dunklen Haar aussieht, das mit einer blauen Schleife gebunden ist. „Sind Sie froh, dass Sie die Schule und all das hinter sich haben, Anne?“
Sie erinnerte sich deutlich an die Schuljahre und daran, wie wenig sie mit den übrigen Mädchen gemeinsam gehabt hatte. Ihr waren andere Dinge wichtiger gewesen als Lippenstifte, Jungs oder die Klassenfeste. „Sehr froh“, gab sie ehrlich zu. Sie würde die Vergangenheit keinesfalls mit der Gegenwart eintauschen.
„Auf welches College sind Sie gegangen?“
„Auf die Universität von Hampshire. Ich studierte Psychologie. Und Sie?“
„Harvard, Jura.“
„Und wo waren Sie davor?“
„In der Prep-School, um mich auf das College vorzubereiten.“
„Ach, genau wie Tim“, bemerkte Anne. Sie versuchte, nicht daran zu denken, wie stark und braungebrannt Johns Hände waren. Und sie versuchte, sich nicht vorzustellen, wie stattlich er in dem Prep-School-Blazer ausgesehen haben musste.
John goss ihr und sich noch ein Glas Wein ein. „Das ist die Tradition für die Männer unserer Familie. Prep-School, College, Universität und dann das Militär.“
Anschließend in die Politik, dachte Anne. Das ganze Leben schon vor der Geburt genau geplant. Hatte Tim sich womöglich dagegen aufgelehnt? „Soll Tim auch zum Militär?“
Langsam stellte John die Weinflasche ab. „Ich weiß, dass Frank das gewünscht hätte. Aber bis jetzt hat Tim noch keine festen Pläne.“
„Und wie denken Sie darüber?“
John zuckte die Schultern. „Ich glaube, das Militär würde Tim Spaß machen. Jedenfalls ist es mir so ergangen. Aber er muss seine eigenen Entscheidungen fällen.“
Nur dann nicht, wenn er seine leiblichen Eltern suchen will, schoss es Anne durch den Kopf.
Der Rest des Abends verging sehr schnell. Sie unterhielten sich über Gott und die Welt, und beide bedauerten, als sie den Kaffee ausgetrunken hatten und gegen ein Uhr ins Auto stiegen.
„Danke für das Dinner“, sagte Anne, als sie vor dem Bürogebäude anhielten.
„Danke, dass Sie mir mit der Rede geholfen haben. Ohne Sie wäre ich verloren gewesen.“
Anne lächelte so bezaubernd, dass John sie am liebsten geküsst hätte. Doch er fürchtete sich davor,
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