BIANCA EXKLUSIV Band 0174
unter meiner erfahrenen Anleitung hätten sein können.“
„Damit muss ich mich halt abfinden.“ Anne hob den Schläger, schwang ihn durch, und der Ball landete haargenau im Loch.
„Moment mal. Sind Sie sicher, dass Sie noch nie Minigolf gespielt haben?“, fragte John verblüfft.
„Bin ich. Aber weil es so gut läuft, bereue ich, es nicht schon früher versucht zu haben.“
„Also ein Naturtalent.“ John schmunzelte, zielte und … schoss daneben.
„Beinahe getroffen.“ Anne lachte vergnügt.
„Sie mögen den Wettkampf mehr, als ich glaubte. Das gefällt mir.“ John nickte.
Auf den Schläger gestützt, musterte sie John nachdenklich. „Wie ich hörte, sind Wettkämpfe in Ihrer Familie sehr wichtig.“
„O ja. Wir betreiben alle möglichen Sportarten und wollen gewinnen“, bestätigte er betont. Er sah sie dabei so seltsam an, dass sie erschauerte. Obwohl er sie nicht berührte, spürte sie, wie es wäre, wenn er sie küssen würde.
„Ich hatte vorhin wirklich viel Spaß“, bemerkte Anne, als sie wieder vor ihrem Haus angelangt waren. Zum ersten Mal seit langem hatte sie weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft gedacht – dank John.
„Das freut mich“, erwiderte er leise. „Ich bin nämlich ziemlich besorgt um Sie gewesen.“
„Ich weiß. Doch jetzt fühle ich mich wesentlich besser. Und ich weiß auch, dass ich mein Leben einfach fortsetzen werde.“ Sie musste ihren leiblichen Vater vergessen, denn Robert Ryan lehnte sie ab. Höchste Zeit, in der Gegenwart zu leben.
6. KAPITEL
Während John sich hastig die Krawatte umband, las er nochmals die Rede durch, die sauber abgetippt vor ihm auf dem Schreibtisch lag. „Verdammt, die lerne ich nie!“, fluchte er ungeduldig.
„Üben Sie die doch auf der Fahrt zum Gymnasium“, schlug Lily vor. „Ich würde ja mitkommen und Sie abhören, aber ich ersticke in Arbeit.“
Das war John nur zu klar. Lily musste die Freiwilligen überwachen, die die Broschüren zum Versand fertig machten. Das konnte ihr keiner abnehmen. Als er sich grübelnd umschaute, sah er Anne, die gerade ihre Schreibmaschine abdeckte.
„Anne!“, rief John. „Würden Sie mir einen Gefallen tun? Sie haben doch jetzt Feierabend, nicht wahr?“
„Ja.“ Dass es ihr nicht so recht passte, konnte sie nicht ganz verbergen. Sie musste in ihrer Agentur noch viel erledigen, zum Beispiel Briefe wegen Trong und anderer Auftraggeber schreiben. „Was für einen Gefallen?“
„Keine große Sache“, versicherte er Anne. Es störte ihn, dass sie ihm gegenüber wieder so zurückhaltend war. Er hätte sie nicht mit zum Minigolf mitnehmen und die Arme um sie legen dürfen. Genau genommen hätte er überhaupt nicht zu ihr gehen dürfen. Aber er hatte sie unbedingt wiedersehen und herausfinden wollen, was ihr in Minneapolis so wichtig gewesen war.
„Könnten Sie mich zum Gymnasium begleiten? Ich halte dort vor Abiturienten eine Rede und möchte, dass Sie mich unterwegs abhören und mir sagen, wenn ich mich verheddere.“
Innerlich stöhnte Anne auf. Worum er sie bat, gehörte nicht zu ihrem Job. Aber John war für sie da gewesen, als sie einen Menschen brauchte. „Selbstverständlich“, erwiderte sie und nahm sich vor, später noch die anstehende Arbeit zu erledigen. Doch Anne konnte nicht widerstehen, ihn ein wenig zu necken. „Sehr schnell lernen Sie anscheinend nicht auswendig, was?“
„Verspotten Sie mich ruhig. Ich hatte in dieser Woche schätzungsweise eine Million Dinge im Kopf, mehr nicht“, sagte er mit einem belustigten Blick auf Anne.
„Warum nehmen Sie auch immer die vielen Einladungen an?“, warf Lily ihm seufzend vor.
„Das nächste Mal halten Sie mich davon ab, okay?“
„Ich wünschte mir, dass ich diesen Einfluss auf Sie hätte“, bemerkte Lily schroff und lief hinaus.
„Bilde ich es mir nur ein, oder ist sie ein bisschen nervös?“, wandte sich John an Anne.
„Ich glaube, wir sind alle ziemlich erschöpft. Aber das ist ja auch kein Wunder, wo es hier derart verrückt zugeht.“
„Hmmm.“ John nahm die Schreibmaschinenseiten mit der Rede an sich. „Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen für die Party, Anne?“
„Was den Partyservice betrifft, ist soweit alles klar. Wir müssen uns nur noch für das Festmenü entscheiden. Übrigens treten ein paar erstklassige Rock- und Countrymusiker ohne Bezahlung auf.“
„Machen Sie Witze?“, fragte John verblüfft und hielt ihr höflich die Tür auf. „Wie ist Ihnen das denn
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