BIANCA EXKLUSIV Band 0180
einzige Orientierungshilfe. Diese Art von Abenteuer sollte man sich eigentlich nur im Fernsehen ansehen, fand er. Wem passierte so etwas denn schon im wirklichen Leben? Er fragte sich, wie lange er noch bei Kräften bleiben würde, wenn er nicht bald etwas zu essen bekäme.
Hier im Wald musste es Rehe und Kaninchen geben. Aber er war kein Jäger, und er hatte keine Ahnung, wie man Fallen baute. Trotzdem, wenn es darum ging, Mariel vor dem Hungertod zu bewahren …
Mariel. Er sprach ihren Namen laut aus. Er sagte ihren Namen gern. Vielleicht täte er besser daran, nicht an sie zu denken, aber sie wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf. Trotz der vielen Probleme, mit denen sie zu kämpfen hatten. Mariel. Wie schön musste es sein, sie in seinen Armen zu halten, sie zu küssen, zu berühren, ihre Nähe zu spüren.
Alles bloß ein Traum. Ein Traum, der nichts mit der Wirklichkeit gemeinsam hatte, in der sie um ihr nacktes Leben kämpfen und einen Weg aus dem Wald finden mussten, sobald der Schneesturm vorüber war.
Jack blickte um sich. Der Berg dort drüben kam ihm bekannt vor, das musste der Old Barker sein. Sie befanden sich in einer ländlichen Gegend, die nur äußerst spärlich besiedelt war. Die Autobahn, nach der Mariel gesucht hatte, musste mehrere Meilen entfernt sein. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie je aus diesen Wäldern herausfinden sollten.
Dann sah Jack auf einmal genau das, wonach er bereits seit einiger Zeit Ausschau gehalten hatte: einen riesigen Baum mit starken Ästen, an denen man ohne Schwierigkeiten heraufklettern konnte. Jack erklomm den untersten Ast. Klirrend fielen die Eiszapfen hinab, und er legte erst eine Pause ein, als er einen guten Ausblick auf seine Umgebung hatte. Er schaute zurück in die Richtung, aus der er gekommen war, sah den Felsen und versuchte, den Eingang der Höhle auszumachen. Aus dieser Entfernung war das kein leichtes Unterfangen, so schmal wie der Eingang war. Dann bewegte sich etwas, und Jack sah eine winzige Figur in einem Wettermantel, deren roter Schal im Wind flatterte. Mariel, dachte er, und ein Gefühl der Freude überkam ihn. Er hätte am liebsten laut geschrien und ihr zugewinkt, aber der Gedanke, dass er sie damit erschrecken könnte, hielt ihn zurück.
Sie sah aus dieser Entfernung so winzig aus wie eine Ameise, und plötzlich bekam Jack Angst, sie könnte sich trotz des Schneesturms allein auf den Weg machen. Dieser Gedanke erfüllte ihn mit Furcht. Aber sicherlich würde sie das nicht tun. Oder etwa doch? Sie war es schließlich gewohnt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, warum sollte sie also auf ihn hören?
Er musste seinen Blick mit Gewalt von der einsamen kleinen Figur reißen, die bewegungslos vor der großen Felswand stand, schließlich konnte er nicht den ganzen Tag hier oben verbringen. Sorgfältig suchte er nun die entgegengesetzte Richtung nach einem Zeichen menschlichen Lebens ab. Nichts, kein Rauch, der aus einem Schornstein stieg, kein Dach.
Doch was war das? Er schob einen Ast zur Seite, um besser sehen zu können. Was zuerst eher wie ein Stück Fels ausgesehen hatte, entpuppte sich nun als … was? Ein Turm? Mühsam kletterte Jack noch zwei Äste höher, um eine bessere Aussicht zu erhalten. Es schien tatsächlich ein Turm zu sein, den er da im Visier hatte, ein Turm aus grauem Gestein. Von seiner Position aus konnte er nur einen kleinen Ausschnitt erkennen, aber es war schier unmöglich, von hier aus noch höher zu steigen. Doch was er bis jetzt gesehen hatte, gab ihm wenigstens etwas Hoffnung, und das reichte ihm erst einmal.
Als er wieder zu der Stelle blickte, an der eben noch Mariel gestanden hatte, fand er den Platz vor der Höhle leer vor. Mariel war verschwunden. War sie in die Höhle zurückgekehrt, oder war sie fortgegangen?
Hastig kletterte er vom Baum herunter und hielt nur einmal kurz an, um einen kleinen Mistelzweig zu pflücken und in seine Brusttasche zu stecken. Damit wollte er Mariel aufheitern. Er musste einfach daran glauben, dass sie noch da sein würde, wenn er zurückkäme.
Auf dem Rückweg stieß er auf einen umgefallenen Baum, den er mit gesammelten Kräften herumdrehte. Dann schlug er mit seinem Beil einige einigermaßen trockene, gut abgelagerte Holzstücke heraus. Als er mit dem Holz in den Armen zurück zur Höhle ging, braute sich im Himmel über ihm etwas Unheilvolles zusammen, und immer wieder blickte er besorgt auf die bedrohlichen grauen Wolkenmassen, die immer näher rückten. Wenn
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