BIANCA EXKLUSIV Band 0180
erklärte sie ihm stumm und berührte seine kleinen Ohren, seine Finger und sein niedliches Näschen mit der Fingerspitze.
Jake lehnte sich vor und strich dem Kleinen über die Wange. „Was für ein wundervolles Baby“, murmelte er leise.
„Wie soll er heißen?“, fragte Barbara vollkommen erschöpft.
„Andrew Michael Phillips. Was meinst du, passt der Name zu ihm?“ Tori war sich nicht sicher, wie sie mit Barbara umgehen sollte, aber sie hielt es für das Beste, sie nicht von einem Augenblick auf den anderen aus dem Leben ihres Babys auszuschließen.
„So heißen Prinzen.“ Barbaras Stimme klang versonnen und zärtlich. Aber plötzlich wirkte sie finster und verschlossen. „Er gehört jetzt dir. Ich will ihn nicht mehr sehen.“
„Barbara …“
„Es ist beschlossene Sache. Natürlich müssen wir noch die Papiere für die Pflegschaft unterschreiben. Sag deinem Anwalt, dass er meinen anrufen soll, damit wir die Formalitäten so schnell wie möglich hinter uns bringen können.“
Tori fand, dass Barbara recht hatte. Es gab noch viel zu erledigen. „Ich komme morgen wieder vorbei“, verabschiedete sie sich und drückte Barbara den Arm. „Mit oder ohne Anwalt.“
Irgendwie war Tori in Hochstimmung, aber zugleich ein bisschen traurig, als sie mit Jake den Krankenhausflur entlangging. „Ich habe Mitleid mit Barbara, aber ich will Andrew unbedingt zu mir nehmen. Außerdem muss ich den Kinderarzt über die Geburt benachrichtigen. Und den Anwalt anrufen, damit wir die Papiere so schnell wie möglich unterschreiben können. Ich will Andrew zu mir nach Hause holen. Er soll lernen, dass ich jetzt seine Mutter bin.“
„Das geht schnell. Wenn Barbara ihn nicht mehr sehen will, werden die Schwestern dir bestimmt erlauben, ihn zu füttern. Und wenn du offiziell die Pflegemutter bist, hast du sogar das Recht dazu.“
Das Recht, dachte sie. Ich habe das Recht, Andrews Mutter zu sein. Die Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wollte sich wegdrehen, aber Jake griff nach ihrer Schulter und hielt sie fest. „Alles wird gut.“
Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Jake wollte sie in die Arme schließen. Nach kurzem Zögern ließ sie ihn gewähren. Er war stark und kräftig und schützte sie. Bei ihm konnte sie sich fallen lassen, bis sie schließlich tief durchatmete, die Schultern straffte und sich entschloss, gleich den Anwalt zu benachrichtigen.
„Danke für alles“, flüsterte sie Jake zu.
Ihr Dank war ihm offensichtlich unangenehm, denn er ließ sie sofort los. „Ich habe nur getan, was zu tun war. Genau wie du.“
„So einfach ist es auch wieder nicht“, widersprach Tori und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Du willst nur nicht zugeben, was für ein guter Mensch du bist. Mir scheint, dass du dich insgeheim für irgendwas bestrafst.“
„Ich dachte, du hast Kunstgeschichte studiert“, entgegnete Jake. „Oder hast du zufällig noch ein paar Seminare in Psychologie belegt?“
„Natürlich nicht“, erwiderte Tori. „Aber man sieht es dir an, dass du bis zur Halskrause in Schwierigkeiten steckst, aus denen du allein nicht mehr herauskommst. Dazu braucht man keinen Doktortitel.“ Zögernd schaute Tori in Richtung Neugeborenenstation. „Ich möchte Andrew noch mal sehen, bevor ich gehe. Hast du was dagegen?“
„Nein.“ Er hatte wieder diese undurchdringliche Miene aufgesetzt, die Tori langsam zu hassen begann.
„Meinst du, es ist zu spät, um Nina wegen der Wiege anzurufen?“, wollte sie wissen.
Jake schüttelte den Kopf. „Freitags lässt sie die Zwillinge immer länger aufbleiben. Außerdem ist es erst elf. Dann sind sie wohl schon im Bett, aber Nina ist bestimmt mit der Wäsche beschäftigt. Ruf sie doch einfach an. Wenn sie einverstanden ist, hole ich die Wiege morgen Vormittag ab und bringe sie zu dir. Ich kann dir beim Aufbauen helfen.“
„Hoffentlich betrachtest du mich nicht als hilfloses Frauenzimmer, das nichts allein zu Stande bringt. Wenn du das so siehst, dann müsste ich nämlich …“
Er wehrte mit erhobenen Händen ab. „Ich betrachte dich einfach als Freundin meiner Schwester.“
Seine Worte machten sie neugierig. „Jake, sind wir eigentlich auch Freunde?“, fragte sie herausfordernd.
Jake lächelte und nahm die Herausforderung an. „Es sieht fast so aus.“
Jake hatte eine schlaflose Nacht hinter sich, als er Ninas Wiege am nächsten Morgen in den Truck lud. Jedes Mal, wenn er die Augen geschlossen hatte, war ihm Tori plötzlich erschienen.
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