BIANCA EXKLUSIV Band 0180
sich noch nicht einmal an ihren Namen.
Aber Jarrett erinnerte sich.
Diese Frau war Ashley.
Die Krankenschwestern nannten sie Anne. Es war ein schlichter, kurzer Name. Und sie hatte ihn nicht aus dem Nichts gegriffen.
Vor einigen Tagen, als die Patientin endlich wieder in der Lage war, längere Zeit wach zu bleiben, hatte ihr eine der Krankenschwestern das Armband gegeben, das man in der Hosentasche ihrer Jeans gefunden hatte. Es war der einzige Schmuck, den man bei ihr gefunden hatte. Und das Armband war bisher die einzige Spur zu ihrer Identität – um es genauer auszudrücken, das „A“, das in das Armband eingraviert war.
Ein „A“, für Anne?
Oder Amy? Amelia? Agnes?
Die junge Frau überlegte und überlegte, während sie das Armband immer wieder durch ihre Hände gleiten ließ. Keiner der Namen sagte ihr etwas. Es war, als ob sie nie einen Namen besessen hätte. Selbst das Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, kam ihr fremd vor.
Es war eindeutig, dass sie sich an die Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens erinnerte. Sie konnte reden, gehen, essen und sich waschen. In der vergangenen Nacht, als sie sich ein Programm im Fernsehen anschaute, hatte sie viel gelacht und spontan der Krankenschwester erklärt, dass das eines ihrer Lieblingsprogramme wäre. Doch sie hätte weder die Namen der Schauspieler noch sonst irgendwelche Hintergründe der Serie nennen können. Aber irgendwie beruhigte sie das sogar. Schließlich war es nur logisch, dass sie sich nicht an solch banale Dinge erinnern konnte, wenn sie noch nicht mal die simpelsten Fakten über ihr Leben wusste.
Sie wandte sich vom Spiegel an der Wand ab und ging hinüber zum Fenster des Krankenhauszimmers. Ihre Vergangenheit war in dichten Nebel gehüllt, während draußen ein herrlich warmer Septembertag strahlte. In der Ferne konnte sie einen blauen See schimmern sehen, und schneebedeckte Berggipfel wachten über das Tal. Diese Stadt war ein wunderschöner Ort. So friedvoll. Und wenn man von den Leuten ausgehen konnte, die hier im Krankenhaus arbeiteten, musste es ein idealer Ort sein, um hier zu wohnen und zu arbeiten.
Schon bald würde sie darüber nachdenken müssen, wohin sie gehen sollte. Körperlich war sie vollkommen gesund. Das Zimmer und das Bett, das sie belegte, sowie das Essen, das man ihr brachte, standen eigentlich jemandem zu, der es wirklich brauchte. Vielleicht konnte sie dort draußen in dieser idyllischen Stadt einen Job finden, sich niederlassen und eine Familie gründen.
Aber wie sollte sie eine Familie gründen, wenn sie nicht mal wusste, wer sie war? Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und spürte, wie Panik in ihr aufstieg.
Dann hörte sie ein Klopfen an der halb geöffneten Tür, und als sie sich umdrehte, sah sie Dr. Parker im Türrahmen stehen. Wie gewöhnlich lag ein liebenswertes Lächeln auf seinem Gesicht. Der untersetzte ältere Mann war Psychiater und zu ihrer Behandlung hinzugezogen worden, nachdem man festgestellt hatte, dass es keinen körperlichen Grund für ihre Amnesie gab. Sie hatte zwar einen Schlag auf den Kopf erhalten, aber die Verletzung war harmloserer Art, genau wie ihre Erschöpfung, die kleineren Schnittwunden, Prellungen und der verstauchte Knöchel, mit denen sie aufgefunden worden war. Der Schock, den die Amnesie ausgelöst hatte, musste seelischer und nicht körperlicher Ursache gewesen sein.
„Wie fühlen Sie sich heute Nachmittag?“, fragte der Arzt, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
Sie lächelte. Von allen Ärzten, Krankenschwestern und Polizisten, mit denen sie es in der letzten Woche zu tun gehabt hatte, war ihr die Gegenwart dieses Mannes am angenehmsten. „Ein wenig verrückt“, erklärte sie und lachte. „Aber das bin ich wohl auch, nicht wahr?“
Dr. Parker schüttelte den Kopf und trat neben sie ans Fenster. „Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen? Sie sind nicht verrückt.“
„Ich fühle mich aber so. Ich will mich doch nur erinnern. Etwas über mich wissen.“
„Wir haben schon darüber gesprochen. Sie müssen sich Zeit lassen.“
„Und wie soll ich das machen?“, fragte sie mit erstickter Stimme und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an.
Dr. Parker strich ihr über den Arm. „Sie müssen sich entspannen“, sagte er beruhigend. „Sie können nichts erzwingen.“
Sie atmete mehrere Male tief durch. Dr. Parker hatte ihr gezeigt, wie wichtig Entspannung war und wie sie die Panik durch richtiges Atmen in den Griff bekommen konnte.
Der
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