BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Antonias jährlicher Feier schon vor Wochen angenommen. Eine Ablehnung war nicht infrage gekommen, nicht zuletzt, weil Antonia die Galerie gehörte, in der sie ihre Skulpturen ausstellte. Viel Lust zum Feiern hatte sie nicht gehabt, und ihre fortgeschrittene Schwangerschaft hätte ihr sogar eine vorzügliche Ausrede geboten. Doch die Alternative war, zu Hause zu bleiben und zu riskieren, dass Aidan vorbeikam. Also hatte sie beschlossen, die kurze Fahrt nach St. Ives in ihrem zerbeulten alten Lieferwagen zu machen.
„So viele Probleme habe ich gar nicht“, versuchte sie das Thema zu beenden. „Meine Sorgen würden erst anfangen, wenn ich ihn heiratete.“
„Na ja, vielleicht hast du recht.“ Antonia machte eine abschätzige Geste. „Um ehrlich zu sein … die Ehe ist auch nicht so erstrebenswert, wie alle immer behaupten. Ich muss es wissen … ich habe es immerhin fünf Mal versucht.“ Sie schüttelte sich vor Lachen. Die schweren Diamantringe an ihren Fingern blitzten im Schein der unbezahlbar teuren Kristalllampe auf dem Tisch neben ihr. „Aber immerhin bin ich dabei jedes Mal ein bisschen reicher geworden, also beklage ich mich nicht.“
Sam lächelte. „Ich glaube, ich bleibe lieber allein“, entschied sie. „Aber wie auch immer, vielen Dank für die Einladung, Antonia. Es war ein reizender Abend.“
„Vergiss nicht, ich will in diesem Sommer ein paar wirklich gute Stücke von dir verkaufen“, erinnerte Antonia sie. „Ich habe schon einige Anfragen. Dein Name wird langsam bekannt. Die Leute wollen wissen, woran du gerade arbeitest.“
„Sag ihnen, es sei ein großes kreatives Projekt“, erwiderte Sam lächelnd und strich sich mit der Hand über den Bauch. „Ich wünsche dir ein gutes neues Jahr, Antonia. Wir sehen uns im März oder April, wenn das Baby geboren ist.“
„Pass auf dich auf, Herzchen“, sagte Antonia zum Abschied. Sie umarmte Sam und hauchte neben ihrer Wange einen Kuss in die Luft. „Fahr vorsichtig. Der Wetterbericht hat Schnee angekündigt … obwohl die Vorhersage ja selten zutrifft.“
„Dann sollen sie sich auch diesmal lieber irren“, erklärte Sam lachend und schlüpfte in ihren warmen Mantel. Sie winkte ihrer Gastgeberin noch einmal zu.
Eine halbe Stunde später lachte sie allerdings nicht mehr. Sie stand in eisigem Wind auf einer menschenleeren Straße neben ihrem Wagen und trat in ohnmächtiger Wut gegen den platten Hinterreifen. Im Scheinwerferlicht tanzten dicke weiße Schneeflocken. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Straße ganz bedeckt war.
„Verflixt und zugenäht!“, war der harmloseste Fluch, der ihr einfiel. Verzweifelt blickte sie zum wiederholten Mal die Straße auf und ab. Weit und breit war kein Fahrzeug zu sehen. Seit sie vor mehr als zehn Minuten die Hauptstraße verlassen hatte, war sie keiner Menschenseele mehr begegnet. Bei diesem Wetter saß jeder vernünftige Mensch zu Hause vor dem warmen Ofen.
Sie hatte versucht, das Handy zu benutzen, das Aidan ihr gegeben hatte, doch es gab kein Zeichen von sich. Vielleicht wurden die Funkwellen von den umliegenden Felsen abgeschirmt. Ihr blieb nichts anderes übrig, als den Reifen selbst zu wechseln.
Sie musste zugeben, dass ihre Unabhängigkeit zuweilen auch Nachteile mit sich brachte. In diesem Moment wünschte sie sich einen netten, starken Mann zu Hilfe, der ihr die schwere Arbeit abnahm. Es war wirklich kein Kinderspiel, vier hart angezogene Muttern zu lösen und im Schnee kniend einen schweren Reservereifen an seinen neuen Platz zu wuchten. Als sie es schließlich geschafft hatte, war sie erschöpft, und der ganze Körper tat ihr weh. Wenigstens sprang der Motor sofort an, als sie den Zündschlüssel im Schloss drehte.
Es war schon nach zehn, als sie endlich zu Hause ankam. Sie ging sofort mit zwei Wärmflaschen und einem Becher heißen Kakao ins Bett und verkroch sich unter ihrer Decke. Ihr fielen die Augen zu, noch bevor sie den Kakao halb ausgetrunken hatte.
8. KAPITEL
Mitten in der Nacht wachte Sam auf. Draußen war es stockfinster. Sie tastete nach der Uhr auf ihrem Nachttisch. Es war noch nicht einmal fünf. Wovon war sie wach geworden? Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte ihren Körper. Es fühlte sich an wie ein Messerstich in der Tiefe ihres Leibes. Hoffentlich nicht das Baby!
In blinder Panik griff sie nach dem Telefon, das Aidan ihr gegeben hatte. Die einzige Nummer, die sie kannte, war die des Hotels. Sie hörte es ein paar Mal am anderen Ende klingeln, während ihr
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