BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Das war auch nicht verwunderlich. Er kam regelmäßig zu Besuch, brachte täglich Blumen mit und kam auch für die Krankenhausrechnung auf. Außerdem war unübersehbar, dass sich in Chloes Gesicht Züge von ihm wiederfanden.
Bisher hatte Sam das Thema vermieden, aber bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit sprach sie es an. Aidan hatte sie überredet, die Kinderstation eine halbe Stunde zu verlassen und einen Kaffee mit ihm in der Cafeteria zu trinken, während Chloe schlief. Sie hatten einen freien Tisch am Fenster gefunden, und Sam rührte zögernd in ihrem Kaffee. Aidan schwieg. Er schien zu ahnen, dass sie etwas auf dem Herzen hatte.
„Glaubst du nicht …“, begann sie schließlich. „Vielleicht sollten wir aufklären, dass du nicht wirklich Chloes Vater bist.“
Er zuckte die Schultern. „Wozu? Es schadet niemandem und erspart dir peinliche Erklärungen, solange du hier bist.“
Sam schüttelte resigniert den Kopf. Ständig hatte er vernünftige Argumente parat, die es fast unmöglich machten, mit ihm zu streiten. Doch diesmal war sie entschlossen, sich durchzusetzen. „Und warum hast du der Ärztin gesagt, dass Chloe und ich mit dir nach London kommen?“, fragte sie. „Da habe ich doch wohl auch ein Wörtchen mitzureden!“
„Es ist ein großes Haus, gleich neben dem Park“, versuchte Aidan sie zu überreden. „Wir können einen Raum als Kinderzimmer für Chloe herrichten, und hinter dem Haus gibt es einen großen Garten, in dem sie spielen kann, wenn sie größer wird.“
„Nein“, protestierte sie.
„Warum nicht?“
„Weil ich keine Almosen will!“ Sie hatte lauter gesprochen als beabsichtigt und bemerkte plötzlich, dass die Gäste an den anderen Tischen sie anstarrten. Sie atmete tief durch und fügte leiser hinzu: „Auch wenn du es nur gut meinst.“
„Sei nicht albern … es geht nicht um Almosen“, erwiderte er. „Sie ist meine Nichte, falls du das vergessen haben solltest.“
„Wie könnte ich das vergessen. Aber das gibt dir nicht das Recht, dich in unsere Angelegenheiten zu mischen!“
Er hob abwehrend die Hand. „Ich will mich nicht einmischen, aber ich habe eine gewisse Verantwortung für sie.“
„Nein, hast du nicht“, widersprach Sam. „Dass Chloe auf der Welt ist, hat nichts mit dir zu tun. Das ging nur Damien und mich etwas an.“
„Aber Damien lebt nicht mehr. Ich werde nicht zulassen, dass du sein Kind in Gefahr bringst.“
Tränen stiegen Sam in die Augen. Er hatte recht. Chloe im Cottage großziehen zu wollen war unverantwortlich. Ihr blieb keine Wahl. Sie hatte für ein hilfloses Baby zu sorgen, und dessen Bedürfnisse kamen weit vor ihrem eigenen Stolz.
Das Haus war in der Tat beeindruckend groß. Es stand auf dem Gipfel von Richmond Hill. Die Maulbeerbäume im Vorgarten waren angeblich zur Zeit von Queen Elizabeth der Ersten gepflanzt worden. Der Blick über den Richmond Park war atemberaubend. Gedankenverloren stand Sam am Fenster und sah hinaus. Das eigens für sie hergerichtete Zimmer war elegant möbliert, und die hellen Farben verstärkten das Licht, das durch die großen Fenster hereinfiel. So komfortabel hatte sie noch nie gewohnt, musste sie sich eingestehen, und doch fühlte sie sich nicht wohl.
Das Schrillen der Haustürklingel riss sie aus ihren Gedanken. Seufzend schnitt sie ein Gesicht. Ihr stand eine schwierige Begegnung bevor. Aidans Mutter kam zu Besuch, um Chloe zum ersten Mal zu sehen. Wie würde sie ihre „Schwiegertochter“ aufnehmen?
„Na, dann komm, mein Kleines“, flüsterte sie dem schlafenden Baby zu, das sie in einen langen Schal gewickelt vor sich trug. „Gehen wir hinunter, und stellen wir dich deiner Großmutter vor.“
Das ganze Cottage in Cornwall hätte in die eindrucksvolle Eingangshalle dieser Villa gepasst, und rundherum wäre immer noch Platz gewesen. Eine breite Treppe schwang sich in weitem Bogen hinab. An der Wand hing eine Sammlung von Pferdebildern. Es waren alles Originale, wie Sam bei näherem Hinsehen festgestellt hatte.
Aidan war bereits an der Haustür. Er lächelte Sam aufmunternd zu, doch bevor sie noch Zeit fand, sich gegen das Bevorstehende zu wappnen, kam eine kleine alte Dame wie ein Wirbelwind in die Halle gestürmt. Ihr lächelndes Gesicht wurde von weißen Locken umrahmt. Nun stand sie auf den Zehenspitzen, um ihren großen Sohn auf die Wange zu küssen. Ungeduldig strich sie ihm eine Locke aus der Stirn, als er sich über sie beugte.
„Hallo, Mom!“, begrüßte er sie
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