BIANCA EXKLUSIV Band 0181
Entschlossenheit zu spüren. „Also gut“, lenkte er grimmig ein. „Warte wenigstens dreißig Sekunden. Ich hole dir einen Rollstuhl.“
In der kurzen Zeit, die Aidan draußen auf dem Flur war, wurde sich Sam ihrer Umgebung bewusst. Sie schien sich in einer Privatstation zu befinden. Sie hatte einen Sessel und einen Fernseher in ihrem Zimmer, und durch die halb geöffnete Tür konnte sie in ein kleines Bad blicken. Auf dem Tisch unter dem Fenster stand ein riesiger Blumenstrauß. Bevor sie sich noch weiter umsehen konnte, kehrte Aidan mit einem Rollstuhl und einer Krankenschwester zurück.
„Also los“, ermunterte er sie lächelnd. Er legte ihr eine rosa Jacke über die Schultern, die genau zu ihrem Nachthemd passte. Doch Sam war noch viel zu benommen, um darüber nachzudenken, woher beides kam.
„Erschrecken Sie nicht, wenn Sie Ihr Baby sehen, Mrs. Duggan“, sagte die Krankenschwester.
„Es ist …“
„Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Duggan. Wir helfen der Kleinen noch ein bisschen beim Atmen, aber es geht ihr gut.“
Sam konnte nur nicken. Ihr einziger Gedanke war, dass sie an allem schuld war. Wenn sie nicht versucht hätte, allein den Reifen zu wechseln …
Die Intensivstation für Babys war am anderen Ende des Korridors. An den Wänden hatten dankbare Mütter Fotos von ihren glücklich zur Welt gebrachten Kindern aufgehängt, doch auch die konnten die nüchterne Krankenhausatmosphäre nicht vertreiben. Überall standen medizinische Apparate. Kontrolllampen blinkten, und über Monitore huschten gezackte Linien. Es sah aus wie in der Kommandozentrale eines Raumschiffs.
„Hier ist sie“, sagte Aidan leise und deutete auf einen durchsichtigen Plastikkorb. Rundherum standen Apparate, über deren Bedeutung Sam lieber nicht nachdenken wollte. Sie musste ihren ganzen Mut zusammennehmen, um in den Korb zu schauen. Auf einer weißen Matratze lag ein winziges, rötlich verschrumpeltes Baby. Der Kopf wirkte viel zu groß für den kleinen Körper, und Arme und Beine waren erbärmlich mager. Ein dünner Plastikschlauch ragte aus der winzigen Nase, doch als Sam mit Tränen in den Augen auf ihre kleine Tochter blickte, wusste sie, dass sie das schönste Baby der ganzen Welt vor sich hatte.
Alle Schwestern der Station nannten Chloe ihren kleinen Liebling. Vom ersten Atemzug ihres Lebens schien dieses kleine Bündel alle ärztliche Weisheit Lügen strafen zu wollen. Obwohl sie bei der Geburt nur ein Fliegengewicht war, konnte sie nach wenigen Tagen selbstständig atmen und musste schon kurze Zeit später nicht mehr künstlich ernährt werden.
Aidan kam jeden Tag zu Besuch. Er blieb in Cornwall und nutzte die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnologie, um die Operationsbasis für seine Geschäfte ins Treloar Hotel zu verlegen. Sam freute sich über jeden seiner Besuche, obwohl sie sich immer wieder sagte, dass sie sich nicht von ihm abhängig machen durfte.
Sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Es dauerte nicht lange, bis sie wieder zu streiten begannen. Der Anlass war – wie vorherzusehen – das Cottage.
Die Ärztin hatte Chloe untersucht und sich sehr zufrieden über ihre Fortschritte geäußert. „Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, können Sie sie bald mit nach Hause nehmen“, versicherte sie Sam und steckte ihr Stethoskop zurück in die Kitteltasche. „Sie hat jetzt fast ihr Normalgewicht erreicht. Natürlich muss sie immer schön warm gehalten werden. Winzlinge wie sie reagieren sehr empfindlich auf Kälte.“
„Das wird kein Problem sein“, meldete sich Aidan, bevor Sam etwas sagen konnte. „Wir werden in meinem Haus in London leben. Das ist gut geheizt, und Sam wird nichts anderes tun müssen, als sich um Chloe zu kümmern. Alles andere erledigt die Haushälterin.“
„Ausgezeichnet“, stimmte die Ärztin zu. „Die Kleine wird auch viel Pflege brauchen. Frühchen sind meist ein wenig anfällig. Aber das wird sich nach ein paar Monaten geben, und nach einem Jahr werden Sie keinen Unterschied mehr zwischen ihr und einem termingerecht geborenen Baby feststellen können.“
„Alles, was du tun musst, kleines Fräulein“, fuhr sie fort und kitzelte das Baby unter den rosigen Füßchen, „ist, gut zu essen und zu wachsen. Du hast uns ganz schön erschreckt. Ein Glück, dass deine Mami und dein Daddy so schnell ins Krankenhaus kommen konnten.“
Sam wollte etwas sagen, schwieg dann jedoch. Es war nicht das erste Mal, dass jemand annahm, Aidan sei Chloes Vater.
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