BIANCA EXKLUSIV Band 0187
den Brief, den Alli Pierce ihr geschrieben hatte, schockiert und bestürzt gewesen. Sie hatte sich an Slade gewandt. Das tat sie immer, wenn sie sich nicht zu helfen wusste.
Das Bild der jungen Frau mit dem verführerischen Lächeln stieg vor ihm auf. Morgen werde ich mit ihr reden, und ich werde sie gehörig zurechtweisen, nahm er sich vor. Erpressung war seiner Meinung nach eins der schlimmsten Vergehen.
Er war fest entschlossen, herauszufinden, warum sie sich mit dem Erpressungsversuch ausgerechnet an seine Stiefmutter gewandt hatte.
In dem kleinen Umkleideraum zogen die Tänzerinnen sich um.
„Er hat dich immer wieder angesehen, Alli“, erklärte Sisilu belustigt. „Ich habe dir ja gesagt, dass er sich für dich interessiert. Und du interessierst dich auch für ihn.“
„Nein, ganz bestimmt nicht.“
„Warum hast du dich dann am Schluss umgedreht und ihn angeblickt?“, fragte die Freundin.
Alli rieb die kalten Arme mit den Händen. „Ich wollte nur wissen, wie er aussieht“, erwiderte sie leise.
„Du hast gespürt, dass er dich beobachtet hat.“ Sisilu nickte verständnisvoll und zitierte ein Sprichwort der Einheimischen, in dem es um die Pfeile der Liebe ging.
„Das ist Unsinn“, entgegnete Alli und verknotete den Pareo über ihren Brüsten.
Sie wusste selbst nicht, warum sie sich noch einmal umgedreht hatte. Doch sie hatte ein genaues Bild von diesem Mann gewonnen. Er war groß, breitschultrig und wirkte furchteinflößend. Er strahlte Macht und Autorität aus und war so attraktiv, dass ihr Puls immer noch jagte.
„Was hältst du von ihm?“
„Er hat eine faszinierende Ausstrahlung“, gab Alli widerwillig zu und strich sich das Haar aus dem Gesicht.
Sisilu lachte und ließ zu Allis Erleichterung das Thema fallen.
Ungefähr eine Stunde später saß Alli in dem Wohnzimmer des kleinen Hauses, in dem sie mit ihrem Vater gelebt hatte. Als sie den neuen Besitzer der Ferienanlage angeblickt hatte, hatte ihr die Haut gekribbelt. In der Stille, die sekundenlang geherrscht hatte, ehe der Applaus einsetzte, hatte sie das Gefühl gehabt, dass sie einander mit den Blicken maßen wie alte Feinde oder Liebende. Das war natürlich reine Fantasie, denn so genau hatte sie es gar nicht erkennen können. Sie bildete es sich nur ein.
Einem plötzlichen Impuls folgend, stand sie auf, ging zu dem Safe und nahm den Ordner heraus, in dem sie alle Unterlagen abgeheftet hatte, die ihre Familie betrafen.
Warum hatte ihr Vater nach der Ankunft auf Valanu seinen und Allis Familiennamen geändert? Sie kam sich vor, als hätte sie zwanzig Jahre mit einer Lüge gelebt.
Behutsam nahm sie den Zeitungsausschnitt auseinander. Der Artikel über Marian Carters und David Hawkings’ Hochzeit war drei Jahre nach Allis Geburt und ein Jahr nach der Scheidung ihrer Eltern erschienen.
Leider hatte man kein Foto von ihrer Mutter mit ihrem zweiten Mann veröffentlicht, sonst hätte Alli vielleicht eine Ähnlichkeit zwischen David Hawkings und Slade erkennen können.
Nein, das ist zu weit hergeholt, solche Zufälle gibt es nicht, versuchte sie sich zu beruhigen und ging ins Bett. Dann lag sie noch stundenlang wach, ehe sie in einen unruhigen Schlaf fiel und von Albträumen gequält wurde.
Am nächsten Morgen wachte sie erst so spät auf, dass sie keine Zeit mehr hatte, in der Lagune zu schwimmen. Sie öffnete den Laden wenige Minuten vor dem ersten Kundenansturm. Es handelte sich dabei um eine Gruppe junger Amerikaner, die hier Urlaub machten, um zu tauchen.
Die jungen Männer lachten und flirteten mit ihr, doch es war nicht ernst gemeint. Weil sie alle sehr harmlos wirkten, lachte Alli mit und flirtete auch.
Aber es gab immer einen, der zu weit ging. Einer der jungen Amerikaner fing an, sie zu berühren. Alli entzog sich ihm und wies ihn mit einer witzigen Bemerkung zurück, sodass er lachen musste. In dem Moment, als er scherzhaft antwortete: „Heute Abend um dieselbe Zeit, Süße?“, erschien Barry Simcox.
Er runzelte die Stirn und beobachtete den jungen Mann mit seltsamer Miene. Normalerweise hätte Alli sich nichts dabei gedacht. Doch nach Sisilus Andeutungen vom Tag zuvor war die bisher so unkomplizierte Freundschaft mit dem Manager etwas belastet.
Nachdem die Taucher den Laden verlassen hatten, kam der neue Besitzer der Ferienanlage herein.
Allis Herz klopfte so heftig, dass sie am liebsten die Hand darauf gelegt hätte. Sie beherrschte sich jedoch. In dem weichen, klaren Licht des Morgens wirkte Slade
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