BIANCA EXKLUSIV Band 0187
bist.“
„Aber sie hat dich“, wandte Alli ein.
Er trank einen Schluck Whisky und stellte dann das Glas auf den Tisch. „Wir sind nicht blutsverwandt.“
Einige Jahre nach dem Tod seiner Mutter war Marian in sein Leben gekommen. Sie hatte Lebendigkeit, Fröhlichkeit und Liebe in das Haus gebracht, in dem bis dahin Trauer geherrscht hatte. Als Kind hatte er sie bewundert und verehrt, später war daraus tiefe Zuneigung geworden.
„Wenn auf Valanu ein Kind in einer anderen Familie aufwächst, betrachtet es sowohl die eigene Familie als auch die neue als seine richtigen Verwandten“, erzählte Alli.
„Bei den Maoris in Neuseeland ist es genauso. Aber Marian ist in England aufgewachsen. Dort ist alles anders.“
„Das weiß ich.“
Slade sah sie aufmerksam an und fragte sich, was für ein Leben sie auf der Insel gehabt haben mochte. „Bist du bei Pflegeeltern aufgewachsen?“
„Nein“, stieß sie hitzig hervor und fügte ruhiger hinzu: „Ich habe viel Zeit mit der Familie verbracht, die im Nachbarhaus wohnte.“
„Ah ja, im Haus der Eltern deines Verehrers Tama“, spottete er. Dass Alli die Bemerkung ignorierte, tat ihm irgendwie leid.
„Ich glaube nicht, dass du recht hast, was Marian betrifft. Sie muss meine … Mutter gehasst haben. Warum sollte sie mit mir etwas zu tun haben wollen?“
Er zuckte die Schultern. „Sie weiß jetzt genau, dass du ihre Nichte bist. Offenbar hast du eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrem Vater.“
Das war keine einleuchtende Erklärung, wie Alli fand. Doch mehr wollte Slade ihr offenbar nicht verraten. Er betrachtete ihr schönes Gesicht, während sie nachdenklich die Tasse hob. Auf einmal regte sich etwas Wildes, Ursprüngliches in ihm.
Als er Tränen in ihren Augen schimmern sah, war er überrascht über die Gefühle, die sie in ihm weckte. Obwohl sie unglücklich und unsicher war, verfehlte ihre erotische Ausstrahlung ihre Wirkung nicht. Am liebsten hätte er Alli umarmt, getröstet und sie an sich gedrückt, damit sie sich an seiner Schulter ausweinen konnte.
Jede Ausrede ist mir offenbar recht, um Alli wieder in die Arme zu nehmen, sagte er sich verächtlich. Er ärgerte sich über seine Reaktion und seine Schwäche. In den zwei Jahren hätte es ihm gelingen müssen, sein entwürdigendes Verlangen zu überwinden. Normalerweise ging es ihm bei seinen Freundinnen um mehr als nur um sexuelle Lust. Es machte ihn geradezu zornig, dass Allis Gesicht und ihr herrlicher Körper ihn seit zwei Jahren sogar bis in die Träume verfolgten.
Er lehnte sich zurück und nahm sich vor, sie weinen zu lassen. Unnatürlich ruhig und gefasst hatte sie sich die Wahrheit über ihre Mutter angehört. Die Tränen würden ihr helfen, sich zu beruhigen und sich von dem Schock zu erholen.
„Entschuldige“, flüsterte sie. Dann stand sie auf und stellte sich ans Fenster.
Er folgte ihr. Vermutlich hat sich ihr Vater seinem überwältigenden Verlangen gegenüber genauso hilflos gefühlt wie ich mich jetzt, dachte er verbittert, während er den Raum durchquerte. Slade wollte sich jedoch von einem schönen Gesicht und einem verführerischen Körper nicht beeindrucken lassen.
Und er wollte auch dem Wunsch, sie zu beschützen, nicht nachgeben. Solche Regungen hatte er normalerweise nicht. Alle seine Freundinnen waren unabhängige Frauen gewesen, die sich sehr gut selbst helfen konnten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Alli anders war. Deshalb nahm er sich vor, auf der Hut zu sein.
Sie blickte zum Fenster hinaus und versteifte sich, als er sich hinter sie stellte. Behutsam drehte er sie zu sich um.
„Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man Stress am besten überwindet, indem man sich ausweint, obwohl man davon Kopfschmerzen bekommt.“ Seine Stimme klang sanft.
„Es ist wesentlich effektiver, wenn man anfängt zu schreien und einen Wutanfall bekommt“, entgegnete sie leise. Plötzlich konnte sie sich nicht mehr beherrschen, sie ließ den Tränen freien Lauf.
In gewisser Weise war sie ihr Leben lang allein gewesen. Aber noch nie zuvor hatte sie sich so einsam gefühlt. Als ihr Vater gestorben war, hatte sie viele Freundinnen und Freunde gehabt, und die Totenfeier, die Totenehrung der Einheimischen mit den uralten Ritualen hatten sie getröstet.
Marian Hawkings wollte mit ihr nichts zu tun haben, auch wenn sie ihre Tante war. Das konnte Alli sogar verstehen. Ihre Mutter, über die sie so oft nachgedacht hatte, und ihr Vater, den sie nie richtig gekannt hatte, hatten die
Weitere Kostenlose Bücher