BIANCA EXKLUSIV Band 0187
sie liebte. Obwohl mehrere Male im Jahr Pakete mit Büchern eingetroffen waren, hatte er ihr nie etwas vorgelesen. Wenn sie glücklich, traurig oder verletzt gewesen war, war sie zu Tamas Eltern gegangen. Dort hatte sie das Familienleben kennengelernt und alles, was damit zusammenhing.
„Er wäre nicht der erste Mann, der vor lauter Liebe nicht mehr klar denken konnte“, stellte Slade spöttisch fest.
„Wenn es überhaupt Liebe war, was er empfunden hat.“
„Okay, in dem Fall wäre er nicht der erste Mann, der vor lauter Leidenschaft nicht mehr klar denken konnte.“
Slade könnte das nicht passieren, überlegte Alli. Sie fühlte sich schon wieder gedemütigt. Er würde sich niemals von leidenschaftlichen Gefühlen fortreißen lassen. Dazu besaß er zu viel Selbstbeherrschung.
„Hast du vor, die Familie deines Vaters zu suchen?“, fragte er.
„Nein, jedenfalls momentan nicht. Es tut mir sehr leid, dass ich Marian mit der Vergangenheit konfrontiert habe. Und ich fühle mich beschmutzt.“
„Das brauchst du nicht. Du bist völlig unschuldig an allem, was geschehen ist.“
„Marian ist auch unschuldig.“ Slades Bemerkung empfand Alli als tröstend, obwohl sie sehr nüchtern und hart klang.
„Du hast nur Marians Version der Geschichte gehört, Alli. Deine Mutter hat vielleicht alles ganz anders erlebt. Wenn du das Verhalten deiner Eltern als abstoßend empfindest, solltest du darauf achten, dass du ihrem Beispiel nicht folgst.“
Spielte er etwa auf ihre angebliche Affäre mit Barry Simcox an? Alli lächelte spöttisch. „Oh, mir kann so etwas nicht passieren, denn ich habe keine Schwester, die ich betrügen könnte.“
„Du weißt, was ich meine. Wenn dich irgendetwas an dir stört, kämpf dagegen an. Mit einem starken Willen kann man alles erreichen.“
Nach diesem Motto lebt er, dachte sie und betrachtete die untergehende Sonne. „Es wird bald dunkel. Sollten wir nicht zurückgehen?“
„Wir laufen über die Straße auf der anderen Seite. Sie ist gut beleuchtet.“ Er legte die Hand auf ihren Ellbogen und dirigierte Alli in die Richtung.
Als sie die Straße erreicht hatten, löste Alli sich aus seinem Griff. Sie hatte an diesem Tag viel Schlimmes erfahren. Am meisten beunruhigte sie jedoch, dass sie Slade wahrscheinlich nie wiedersehen würde, sobald er sie am nächsten Tag zurück zur Lodge gefahren hatte.
Bei der ersten Begegnung hatte sie sich seiner beunruhigenden und faszinierenden Ausstrahlung nur deshalb widersetzen können, weil er sie gezwungen hatte, auf Valanu zu bleiben. Ihr Zorn und ihre Empörung waren stärker gewesen als jedes andere Gefühl.
Doch dieses Mal behandelte er sie ausgesprochen nett und freundlich, wenn auch etwas zurückhaltend. Es war unmöglich, ihn nicht zu mögen. Deshalb musste sie sich auf ihren starken Willen verlassen.
Gut, Slade war ungemein attraktiv, und sie bekam Herzklopfen, wenn er sie ansah und lächelte. Aber darüber musste sie hinwegkommen. Kein anderer attraktiver Mann hatte sie bisher so sehr aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht.
Aber keiner dieser Männer ließ sich mit Slade vergleichen, wie sie sich sogleich eingestand.
Und dann war da noch Caroline Forsythe. Diese Frau war vermutlich in ihn verliebt. Slade hatte durch nichts zu erkennen gegeben, ob er etwas für die Patentochter seiner Stiefmutter empfand. Doch Caroline wäre für ihn auf jeden Fall eine geeignetere Partnerin als Alli. Sie würde Marian Hawkings immer daran erinnern, wie sehr man sie belogen und betrogen hatte, und das würde Slade nicht zulassen.
Eine geeignetere Partnerin? Du liebe Zeit, ich muss aufhören, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen, mahnte Alli sich plötzlich. Solche Gedanken waren dumm und lächerlich.
Slade mochte sie nicht, und er traute ihr nicht. Außerdem wusste sie gar nicht genau, was sie wirklich für ihn empfand.
In dem Moment hörten sie Gelächter hinter sich, dann wurden Autotüren zugeschlagen, und Alli drehte sich um.
„Bleib hier stehen“, forderte Slade sie auf.
Wenig später quietschten Bremsen, und er fluchte vor sich hin, ehe er Alli über die Straße auf die andere Seite stieß, sie an sich presste und mit ihr den Abhang hinuntersprang.
Sie fiel auf ihn und zuckte zusammen, als ein hartes, knirschendes Geräusch ertönte, dem ein heftiger Aufprall folgte.
„Bist du okay?“, fragte Slade besorgt und legte die Arme um Alli.
„Ja. Du auch?“
„Ich auch.“ Er ließ die Hände über ihre Arme und Beine gleiten,
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