BIANCA EXKLUSIV Band 0193
will Sie beschützen.“
Plötzlich fiel ihr ein, dass sie ihn gar nicht zum Busbahnhof fahren konnte, weil ihr Pick-up in der Werkstatt stand. Verlegen verkündete sie: „Darin hat er viel Praxis, fürchte ich. Mich zu beschützen, meine ich. Leider habe ich eine Kleinigkeit vergessen.“ Die Fransen ihres Schals wehten im Wind. „Mein Schlüsselbund ist drüben in der Werkstatt, und Riva – sie ist mehr oder weniger die Geschäftsführerin – kommt frühestens in einer Stunde.“ Sie fühlte sich wie ein ausgemachter Dummkopf – woran sie sich inzwischen hätte gewöhnen sollen, da es ihr bereits so erging, seit sie Wood von der Straße gedrängt hatte. „Ich sage Shane Bescheid, dass er Sie doch fahren soll.“ Sie griff zur Türklinke. „Ich mache inzwischen Telefondienst für ihn.“
Wood legte eine Hand auf ihre, und sie zuckte zusammen. Forschend musterte er sie und ließ sie wieder los. „Haben Sie Angst vor mir?“
„Nein! Natürlich nicht. Ich habe vor niemandem Angst.“ Was nicht ganz der Wahrheit entsprach, wenn sie es sich recht überlegte. „Lucius ist zwar nicht sehr groß, aber zum Busbahnhof zu laufen, würde zu lange dauern, und …“
„Ich will nicht zum Busbahnhof. Ist hier in der Nähe ein Café oder so?“
„Ja, sicher. Aber Shane …“
„Mag keine Fremden in seiner Stadt. Das hat er deutlich genug klargestellt.“ Er spielte mit den Fransen ihres Schals, der über seinen Ärmel geweht war. „Der Hamburger, den Ihr Sheriff mir gestern Abend serviert hat, war zwar ganz okay, aber ich habe seit gestern Morgen keine anständige Mahlzeit zu mir genommen. Ich bin am Verhungern.“
„Im Luscious Lucius gibt es die besten Waffeln in der Gegend.“
„Interessanter Name“, murmelte er. „Gibt es noch andere Restaurants?“
„Na klar. Aber das Luscious ist das beste für Frühstück und Mittagessen.“
„Und Dinner?“
„Der Silver Dollar . Ich kenne den Besitzer.“
„Ich wette, Sie kennen jeden in der Stadt.“
„Na ja, fast jeden.“ Sie wusste nicht, wie es kam, dass sie sich so nahe standen. Sie konnte seinen frischen Geruch nach Seife riechen, und es beeinträchtigte ihr Denkvermögen. „Das hängt wohl damit zusammen, dass mein Dad Pfarrer in der größten Kirche in der Stadt und mein Bruder der Sheriff ist.“ Sie deutete die Straße hinunter. „Das Luscious ist gleich da drüben. Sehen Sie das Schild?“
Er hob die Enden ihres Schals und verknotete sie miteinander. „Es ist ziemlich kalt hier draußen.“
Sie nickte, obwohl ihr von innen her heiß war. „Der nächste Bus fährt am späten Nachmittag, falls Sie den heute Morgen verpassen. Morgen ist Samstag, und da fährt bis Montag nur noch der eine am Nachmittag.“
„Der Busfahrplan interessiert mich nicht im Geringsten.“
„Ich dachte, Sie wollten abfahren.“
„Ihr Bruder will, dass ich abfahre.“ Seine Hand streifte ihre Wange, als er ihr den weichen Schal eng um den Hals legte. „ Ich will Frühstück.“
Sie schluckte. „Haben Sie das Auto gestohlen?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe sogar vor, für die Waffeln zu bezahlen.“
Sie lächelte. „Und Sie haben nicht versucht, Shane zu bestechen.“
„Ihr Bruder erscheint mir aber nicht wie ein Mann, der käuflich ist.“
„Das ist er auch nicht.“
„Schön, dass wir das geklärt haben.“ Er ging einen Schritt in die Richtung des Cafés, blieb dann stehen und drehte sich zu Hadley um. Seine Augen funkelten belustigt. „Nun? Kommen Sie oder nicht?“
3. KAPITEL
Die Waffeln im Luscious Lucius waren tatsächlich besser als durchschnittlich. Oder vielleicht lag es nur an der Gesellschaft, dass Dane das Gebäck so ausgezeichnet mundete.
Trotz ihres sehr fragwürdigen Geschicks am Lenkrad war Hadley Golightly hübsch anzusehen, humorvoll und gewinnend, wenn sie nicht gerade gehemmt war.
Kein einziger Gast betrat das Café, ohne einige freundliche Worte mit ihr zu wechseln. In der vergangenen Stunde war Dane – besser gesagt Wood Tolliver – unzähligen Leuten vorgestellt worden.
Und es war gewiss nur eine Frage der Zeit, bis der Sheriff auftauchte und „Wood“ der Stadt verwies.
Das war eine völlig neue Erfahrung. Die meisten Menschen nahmen Dane Rutherford – als Generaldirektor von Rutherford Industries – mit offenen Armen in ihrer Mitte auf. Aber Dane war nicht geschäftlich in Montana.
Diese Reise hatte rein privaten Charakter. Und deshalb hatte er Woods Namen geborgt. Tolliver war relativ unbekannt.
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