Bianca Exklusiv Band 0226
zögerte. Susan war ihrem Alter voraus. Sie konnte das Alphabet aufsagen, bis tausend zählen, Formen und Farben bestimmen, einstellige Zahlen addieren und viele einfache Wörter lesen. Wenn er sie ein weiteres Jahr zu Hause behielt, würde sie sich im Unterricht langweilen.
Justin wandte sich ab und verließ das Klassenzimmer, bevor Susan nochmals in seine Richtung sah. In seiner Eile stieß er mit einer Frau zusammen, die im Flur an der Wand lehnte. Eine Träne rann ihr aus dem Augenwinkel und lief über ihre Wange.
„Entschuldigung, tut mir leid …“
„Oh, macht nichts“, entgegnete sie schnell. „Es ist nur, ich wollte nicht, dass Danny mich weinen sieht. Er ist schon verwirrt genug … erster Schultag … und all das.“ Sie blickte auf Justins Hände. „Könnte ich davon eines haben?“
Er hatte gar nicht mehr gemerkt, dass er die Packung mit den Papiertaschentüchern in den Händen hielt. Er reichte sie der Frau.
Dankbar nahm sie sich ein Tuch und tupfte sich die Augen ab. „Ich weiß, es ist töricht, aber mir ist, als habe ich meinen Kleinen verloren.“
Justin nickte. Er verstand nur zu gut. „Wenigstens sind sie in guten Händen“, bemerkte er in dem Versuch, sie und sich zu trösten. „Miss Greene scheint sehr nett zu sein, und sie kann offenbar gut mit Kindern umgehen.“
„Sie haben recht.“ Sie zerknüllte das Taschentuch zu einem Ball und stopfte es in ihre Tasche. Dann nahm sie sich noch ein weiteres. „Jetzt weiß ich, warum sie uns geraten haben, Papiertücher mitzubringen.“ Sie schniefte. „Nicht für die Kinder, sondern für uns Eltern.“
„Ja“, sagte Justin, „der erste Schultag ist schlimm.“
Nachdem alle Eltern gegangen waren, stellte Miss Greene sich vor die Klasse hin. Zögernd löste Susan ihre Aufmerksamkeit von den Hasen und starrte ihre Lehrerin an.
„Guten Tag, Kinder. Ich freue mich, euch in meiner Klasse zu haben. Wir werden vieles lernen, und wir werden auch viel Spaß haben. Wie wäre es, wenn wir erst einmal unser Klassenzimmer gründlich kennenlernten?“
Susan sah sich um. Ihr Blick wanderte über die Wände mit den vielen Bildern, die Borde voller Spielzeuge und die große Tafel hinter Miss Greenes Pult. Verglichen mit ihrem netten kleinen Zimmer mit einem einzigen Bild, das Aschenputtel beim Tanz mit dem Prinzen zeigt, war die farbenfrohe Vielfalt des Klassenzimmers eine Abenteuerwelt.
Miss Greene führte die Schulanfänger im Raum herum. Sie hielten bei der Puppenküche inne, bei der Sammelbüchse und dem Geburtstagsbaum. Und es gab Dutzende farbiger Plastiktabletts mit Bausteinen und anderen Spielzeugen. Susans Überzeugung, dass die Schule ihr gefallen würde, verstärkte sich immer mehr. Zwar waren auch daheim ihre Schränke und Borde mit Büchern, Puppen und Spielen angefüllt. Doch sie hatte niemanden, mit dem sie spielen konnte. Nur ihren Daddy, und der gab sich alle Mühe. Susan allerdings ahnte, dass er dabei nicht soviel Spaß hatte wie sie. Hier in der Schule gab es viele Kinder, mit denen sie spielen konnte, ja vielleicht würde sie sogar eine Freundin finden.
„Und hier ist der Waschraum. Bitte, hebt die Hand hoch und meldet euch, wann immer ihr ihn benutzen müsst. Ich gebe euch dann die Erlaubnis. Nur denkt daran, die Hände zu waschen, und wenn ihr fertig seid, das Licht auszuknipsen“, sagte Miss Greene am Ende der kleinen Führung.
Susans ganze Aufmerksamkeit war wieder auf ihre Lehrerin gerichtet. Sie hatte noch nie etwas so Schönes gesehen wie Miss Greene. Und nett war sie, genau wie ihr Daddy. Vielleicht würde Miss Greene ja gern Daddy Gesellschaft leisten, wenn Susan mit ihren neuen Freundinnen spielte. Dann wäre Daddy nicht so allein, und Susan musste sich um ihn keine Sorgen machen. Ja, alles war noch besser, als sie es sich ausgemalt hatte. Die Schule war schon eine tolle Sache.
2. KAPITEL
„Na, Ali, wie lief’s?“
Allison Greene hatte gerade dem letzten Wagen hinterhergesehen, der den Parkplatz der Schule verließ. „Oh, hallo, Chris.“ Ihr Lächeln war nur schwach. „Ganz gut, wirklich. Diesmal hatte ich nur drei Heulsusen. Zwei von ihnen waren Eltern. Und wie war’s bei dir?“
„Ach, wenn man nicht mit den Anfängern zu tun hat, dann schlagen die Wellen der Emotionen weniger hoch. Ich weiß nicht, wie du das immer mit den Kleinen schaffst, die ja noch nicht einmal wissen, wie sie sich in der Schule zu benehmen haben.“
Einen nach dem anderen ihrer neuen Schüler sah Allison vor sich. Da war
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