Bianca Exklusiv Band 11
fand jedoch nur den Pass. Fieberhaft kämmte sie jeden Winkel des Zimmers durch, weil sie wusste, dass der Pass in ihrer Handtasche gesteckt hatte.
Schließlich gab sie entmutigt auf. Ihre Tasche war fort und mit ihr alles, was sie besaß. Sie saß ohne einen Pfennig da! Das ganze Geld für Selina, ihr englisches Geld, das Flugticket, die Familienfotos ... alles war weg.
Lucy kamen die Tränen. „Diese Teufel", schluchzte sie in ohnmächtiger Empörung. Ihr Blick wanderte zum Schrank. Auch ihre wenigen Sachen waren verschwunden.
Mechanisch begann Lucy nachzusehen, was fehlte, ehe sie die Hotelleitung verständigte. Die Diebe hatten die Tagesdecke mitgenommen. Ihre Unterwäsche und die Schuhe auch. Selbst die Wenigen Gegenstände, die Lucy ins Bad gelegt hatte, fehlten: Deodorant, Waschlappen, Zahnbürste und Zahnpasta, Haarbänder, Bürste und Kamm ...
Lucy schloss die Augen in der Hoffnung, gleich aus einem bösen Traum aufzuwachen. Aber es war kein Traum. Sie zitterte am ganzen Körper. Was sollte sie jetzt tun? Nie im Leben hätte sie gedacht, dass ihr so etwas passieren könnte. Dabei hatten ihre Sachen doch weiter keinen Wert. Wen konnten sie schon interessieren?
Lucy ließ sich matt auf das Bett sinken. Nur ein Verrückter konnte so etwas tun. Und wo war Selina? Was hatten die Einbrecher mit ihr gemacht? Schreckensbilder drängten sich Lucy auf. Selinas Angst war also berechtigt gewesen. Massimo Mazzardi hatte sie verschwinden lassen. Mit bebenden Fingern griff Lucy zum Telefonhörer.
In diesem Augenblick bemerkte Lucy den Zettel. Sie erkannte Selinas Handschrift sofort. Lucy war so durcheinander, dass sie die Mitteilung mehrmals lesen musste, ehe sie den Sinn der Worte begriff.
„Ich habe Dir nicht alles gesagt. Renzos und meine Situation ist noch schlimmer, als ich Dir erzählt habe. Warte auf meinen Anruf. In der Zwischenzeit unternimm bitte nichts. Geh nicht zur Polizei, benachrichtige die Hotelleitung nicht, und sprich noch nicht mit Mazzardi.
Wenn Du Dich einmischst, lande ich im Gefängnis. Vertraue mir. Selina"
Lucy starrte ins Leere. Schließlich zerriss sie die Nachricht und spülte sie in der Toilette herunter. Mechanisch begann sie aufzuräumen und versuchte nicht daran zu denken, wie sie nur mit dem, was sie auf dem Leib hatte, auskommen sollte. Mit jeder Bewegung wurde Lucy das Ausmaß ihrer Situation deutlicher bewusst.
Und plötzlich packte sie die Wut. Wie konnte Selina ihr das antun? Lucy trat auf die Terrasse hinaus, aber die laue Nachtluft beruhigte sie nicht.
Lucy hatte nicht sagen können, wie lange sie draußen blieb und mit sich und der Welt haderte. Als das Telefon klingelte, stürzte sie ins Zimmer an den Apparat.
„Wie gut, dass du da bist!" hörte sie Selinas Stimme.
„Also, nun hör mir mal zu ..." setzte Lucy an.
„Nein, du musst zuhören! Auf dem Zettel konnte ich dir nichts weiter erklären. Ich war zu sehr in Eile, und die Sache ist zu gefährlich. Mir blieb keine Zeit, meine eigenen Sachen zu holen, da musste ich deine nehmen."
„Selina ..."
„Bitte! Du musst uns helfen, Zeit zu gewinnen, ehe Mazzardi seine Bluthunde auf uns ansetzt. Du bist unsere einzige Hoffnung, dass wir aus dem Lande kommen, Liebes. Ich schwöre dir, das ist das Letzte, um was ich dich bitte! Fahr zur Insel rüber und nimm meinen Platz ein. Bleib im Zimmer und stell dich krank."
„Wie bitte?" Lucy traute ihren Ohren nicht. „Die merken doch sofort, dass ..."
„Nicht, wenn du die Jalousien schließt und kein Licht im Zimmer machst. Bitte, Lucy, du schaffst es! Du gehst in dem Palazzo bis ganz nach oben, dann den schmalen gelben Korridor entlang und um die Ecke herum. Mein Zimmer liegt direkt unter dem Dach. Es ist eine ziemlich armselige Zelle."
„Aber ..."
„Hör zu! Renzo verschwindet öfters für einige Tage, aber wenn sie merken, dass ich auch fort bin ... Ach, Lucy, du kannst dir gar nicht vorstellen, was für Angst ich ausstehe! Renzo hat etwas Geld aus dem Safe in Mazzardis Büro nehmen müssen, weil sein Bruder ihm nichts gibt. Und so, wie dieser schreckliche Mensch mich einschätzt, wird er mir die Schuld in die Schuhe schieben. Wir müssen untertauchen. Verzeih mir, aber wir haben beide Angst vor Mazzardi."
„Um wie viel geht es denn da?"
„Um Tausende. Halte Mazzardi so lange wie möglich hin. Hilf mir!" Damit war die Verbindung unterbrochen.
Lucy fiel der Hörer aus der Hand. Ihr einziger Gedanke galt ihrer Schwester und den Eltern daheim. Wenn Lionel erfuhr,
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