Bianca Exklusiv Band 232 (German Edition)
nur ein Aktenschrank und ein Schreibtisch. Beide waren leer. Als Nächstes durchsuchte er das Bad. Aber außer zwei Zahnbürsten, Zahnpasta, Rasierzeug und einem pinkfarbenen Lippenstift war dort auch nichts zu finden.
Als er in das Schlafzimmer kam, sah er, wie Sara in den geöffneten Schrank starrte. Zwischen zwei Polizeiuniformen hing ein hauchdünner Morgenmantel in zarten Blautönen.
Er berührte leicht ihren Arm. „Sind Sie sehr überrascht?“
Sie seufzte. „Eigentlich war es ja zu erwarten, nicht wahr? Ich frage mich nur, ob Meg etwas vermutet.“ Angewidert schloss sie die Tür und ging dann an dem ungemachten Doppelbett vorbei zur Kommode. Eine Bürste, in der sich blonde Haare fanden, lag auf der Ablage. In den Schubladen entdeckte sie Männer- und Damenunterwäsche und zwei Polizeihemden, die frisch aus der Reinigung zu sein schienen. Auf dem Fußboden lag ein hauchdünnes Nachthemd, das, so hatte es den Eindruck, hastig ausgezogen worden war.
Kincaid öffnete die Schublade des Nachttisches und fand eine Schachtel mit Kondomen darin. Langsam ging er wieder ins Wohnzimmer zurück.
Manchmal ist es besser, wenn du nichts weißt, dachte Sara, als sie ihm folgte.
Kincaid wühlte in der Schublade einer Kommode herum und zog einige Karten und Papiere heraus.
„Was haben Sie gefunden?“, fragte Sara.
Er hielt ihr die Karten entgegen. „Eine Wanderkarte des Coconino National Forest, auf dem mit einem gelben Filzstift ein Wanderweg markiert worden ist. Und dann noch eine Karte vom Nordosten von Phoenix, in der ein Weg zum Roosevelt Lake eingezeichnet wurde. Und ein Prospekt von Disneyland, auf dem ein paar Notizen stehen. Erkennen Sie die Schrift?“
Sara sah sich den Prospekt an und hielt überrascht den Atem an. „Es ist Mikes Schrift. Glauben Sie, dass er den Jungen hierher gebracht hat … ich meine, in dieses schreckliche Loch?“
„Nein, ich denke nicht, dass Mike das hier gesehen hat. Lenny hat diese Karten und den Prospekt nur hierher gebracht, um sie in aller Ruhe studieren zu können. Ohne die neugierigen Blicke seiner Frau.“ Kincaid war zwar anderer Meinung, aber er wollte Sara nicht unnötig aufregen.
Er öffnete die zweite Schublade und zog ein Wettformular für Pferderennen, ein paar Lottoscheine und den Prospekt eines Kasinos heraus.
Sara seufzte. „Er ist nicht nur ein untreuer Ehemann, sondern auch noch ein Spieler.“
Kincaid musste ihr recht geben. „Kommen Sie, lassen Sie uns gehen.“
Als sie wieder im Wagen saßen, seufzte Sara erneut. „Ich spüre, dass er den Jungen mit in dieses Apartment genommen hat, wo er mit dieser Frau …“
Kincaid ergriff ihre Hand und drückte sie. „Denken Sie einfach nicht daran.“ Er reichte ihr die Karten. „Wir werden jetzt irgendwo hinfahren und uns die Karten genauer anschauen. Vielleicht bekommen wir dann eine Ahnung, wohin er mit Lenny gegangen sein könnte.“
Sara nickte nur.
„Auf der Mill Avenue gibt es ein kleines mexikanisches Restaurant. Wir könnten dort etwas essen. Ich habe Hunger wie ein Bär.“
Er wollte dafür sorgen, dass der traurige, bedrückte Ausdruck in ihren Augen verschwand. Diesen Mann mit seinem Sohn zu finden, würde nicht einfach werden. Und selbst wenn er ihn fand, was könnte er ihm anlasten? Vielleicht hatte Lenny sowieso vor, zur Anhörung am Montag wieder zurückzukommen, und bis dahin würde es keinen Haftbefehl geben. Im Gegenteil, Kincaids Suche könnte sogar als Belästigung interpretiert werden. Als Einmischung in private Angelegenheiten. Trotz allem, er wollte Sara helfen.
Er hatte den Wagen gerade aus der Parklücke gesetzt, als ihm klar wurde, dass er sich genau in der Situation befand, in die er auf keinen Fall mehr kommen wollte.
„Was ist los?“, fragte Sara, als er innehielt, und sah ihn an.
„Nichts“, murmelte Kincaid und fuhr los. „Gar nichts.“
Sara war so benommen, dass sie sich fast willenlos von Kincaid zu einem Tisch in dem kleinen Restaurant führen ließ. Es war zwei Uhr, und es befanden sich nur noch ein älteres Ehepaar und zwei junge Männer in dem Raum. Der Kellner brachte ihnen Salsa, Chips und zwei Gläser Wasser und zog sich dann zurück, damit die beiden in aller Ruhe die Speisekarte anschauen konnten.
„Was hätten Sie gern?“, fragte Kincaid.
„Ich habe keinen Hunger“, erwiderte Sara, während sie in ihre Handtasche griff, um zwei Aspirin herauszuholen. Sie hatte unerträgliche Kopfschmerzen.
Kincaid wartete, bis sie die Tabletten geschluckt
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