Bianca Exklusiv Band 87
über die Matratze, doch sie war kalt, und nur eine leichte Mulde verriet, wo er gelegen hatte. Sie gähnte und streckte sich ausgiebig. Dann schob sie die Decke zur Seite und ging barfuß in die Küche.
Nick war nicht zu sehen, aber auf dem Tisch standen eine Tasse mit Limonensaft und Wasser neben den restlichen Mangos und einer Dose Bohnen. Durstig trank sie den Saft - noch nie hatte ihr etwas so gut geschmeckt - und schälte eine Mango. Den Anblick der Bohnen konnte sie kaum ertragen. Nur gut, dass man in den Tropen wenig Appetit hat, dachte sie, als sie angewidert an der Dose roch.
Sie nahm sich noch eine Mango und ging auf die Terrasse. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Sie musste sehr lange geschlafen haben. Kein Wunder, dass Nick nicht auf sie gewartet hatte. Aber wo war er? Während sie die zweite Mango verzehrte, horchte sie gespannt, doch von Nick war nichts zu hören. Schließlich warf sie den Mangokern ins Gras und holte ihre Schuhe und die Seife, die mittlerweile beträchtlich geschrumpft war. Dann machte sie sich auf den Weg, um zu duschen.
Dany ließ sich absichtlich Zeit und stellte sich unter das frische, fließende Wasser, bis ihre Haut eiskalt war. Sicher war Nick wieder bei der Hazienda, wenn sie zurückkam. Doch außer einigen frischen Früchten auf dem Tisch fand sie kein Zeichen von ihm. Offensichtlich war er hier gewesen - und wieder gegangen. Er hatte sicher im Schlafzimmer nach ihr gesehen und wusste, dass sie aufgestanden war, aber er hatte nicht auf sie gewartet.
Gedankenverloren hob Dany eine Mango auf und rieb sie leicht an ihrer Wange. Dann runzelte sie die Stirn und legte die Frucht wieder auf den Tisch. Schließlich stapelte sie das Obst sorgfältig in einer gesprungenen Schüssel, die sie in der Küche gefunden hatte, und verzierte es mit einigen duftenden Jasminblüten.
Langsam ging sie wieder auf die Veranda und pflückte einige Blätter von den Bougainvilleasträuchern. Eine Zeit lang zielte sie damit nach der Machete, die gegen die Stufen gelehnt war, aber schon bald langweilte sie dieses Spiel. Ruhelos wanderte sie wieder ins Haus und streifte ziellos durch die Räume, bis sie sich im Schlafzimmer befand.
Mit festem Griff öffnete sie die Fensterläden, um frische Luft hereinzulassen. Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf eine schmale Tür in einer Nische. Vielleicht war es eine eingebaute Garderobe? Ein wenig nervös zog sie an dem Knauf.
Der kleine Schrank war leer bis auf eine Holztruhe. Sie ließ sich nur schwer öffnen, aber als es Dany gelungen war, die rostigen Scharniere zu lösen, sah sie mehrere Schichten zerknittertes Packpapier. Nachdem sie es vorsichtig zur Seite geschoben hatte, tauchte ein geblümtes Kleidungsstück auf. Aufgeregt holte Dany es heraus und hielt es vor sich. Es war ein einfaches Baumwollkleid, das an den Kanten bereits vergilbt war. Die Frau, der es einmal gehört hatte, musste ungefähr die gleiche Große wie sie getragen haben.
In der Truhe befanden sich noch weitere Kleidungsstücke - einige Kleider, ein sandfarbener Leinenanzug und eine Reihe Hemden und Shorts für Kinder. Als sie die lustig bedruckten T-Shirts betrachtete, stiegen ihr plötzlich Tränen in die Augen. Diese Familie war mit großen Hoffnungen hierher gekommen und dann von dem unbezwingbaren Urwald vertrieben worden …
Ganz unten in der Kiste befand sich ein in Stoff gewickeltes Päckchen. Als Dany es öffnete, stieg ihr ein zarter, würziger Duft in die Nase. Sie nahm das Kleid heraus und schüttelte es vorsichtig. Dann atmete sie tief aus.
Es war ein Abendkleid aus bernsteinfarbener Seide. Der tiefe Ausschnitt und der bodenlange Rock waren mit cremefarbener Spitze verziert. Sicher handelte es sich um ein Familienerbstück. Es war das schönste Kleid, das sie je gesehen hatte. Unvermittelt schnürte ein Gedanke ihr die Kehle zu. Wie hatte eine Frau es nur ertragen können, solch ein Kleid zurückzulassen? Nick hatte wohl Recht - sicher waren diese Menschen so entmutigt gewesen, als all ihre Träume sich in Luft aufgelöst hatten, dass sie nicht einmal mehr Wert darauf gelegt hatten, dieses wundervolle Stück mitzunehmen.
Dany faltete das Kleid sorgfältig zusammen und legte es mit den anderen Kleidungsstücken wieder in die Truhe. Dann kehrte sie auf die Veranda zurück.
Gewohnheitsmäßig wollte sie einen Blick auf ihre Armbanduhr werfen, doch an ihrem Handgelenk war nur ein weißer Fleck zu sehen. Das feingliedrige Armband war unbemerkt gerissen, als sie
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