Bianca Exklusiv Band 87
aufsteigenden Tränen aus den Augen. Er konnte ihre Gesellschaft offensichtlich kaum ertragen. Aber warum wollte er dann diese Qual unbedingt verlängern? Heute Abend würde sie ihm deutlich erklären, dass sie sich wohl genug fühlte, um weiterzugehen. Notfalls auf Händen und Füßen, dachte sie verbittert. Hauptsache, sie würde sich so schnell wie möglich von Nick Devlin entfernen - und das für immer.
Langsam ging sie in die Küche. Ihre Beine waren schwer wie Blei. Die Fische, die neben dem Herd lagen, würde sie natürlich nicht anrühren. Nick hätte sicher etwas dagegen. Aber sie könnte zumindest den Tisch decken. Lustlos packte sie die Limonen aus, die sie gepflückt hatte, und stellte die Kerzen in die Mitte des Tisches. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ging sie noch einmal hinaus auf die Veranda, holte einige Blüten und legte sie neben die Kerzen.
Während der ganzen Zeit lauschte sie angestrengt und hoffte, Nick würde zurückkommen.
Was für ein Dummkopf du bist, schalt sie sich schließlich selbst. Natürlich, sie war nicht gern allein hier im Urwald, aber es gab Schlimmeres als Einsamkeit. Zum Beispiel einen schweigenden, übel gelaunten Menschen, der ganz in seine Gedanken versunken war. Sollte Nick heute nicht mehr zurückkommen, dann wäre es ihr auch egal. Sie zupfte eine Bougainvilleablüte in zwei Hälften und legte sie mitten auf den Tisch.
Als Dany Nick schließlich kommen hörte, stand die Sonne bereits tief am Himmel. Sie saß in einem der Sessel auf der Veranda, und er bemerkte sie zuerst nicht, als er die Stufen heraufkam. Dann entdeckte er sie und blieb stehen.
„Hi.” Er sprach sie nicht direkt an, sondern sah an ihr vorbei.
„Hi”, erwiderte sie vorsichtig. Sie war fest entschlossen, ihm nicht mehr zu zeigen, wenn er sie verletzte.
„Ich kümmere mich jetzt um die Fische. Möchtest du Limonenscheiben dazu?”
„Sehr gern”, antwortete sie betont höflich und stand auf. „Ich bin gleich wieder zurück.”
Im Schlafzimmer schloss sie die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Sie war traurig und verzweifelt. Warum hasste er sie nur so? Waren die meisten Männer so wie er: beunruhigend und gefährlich? Es war wirklich besser, wenn sie so schnell wie möglich zu Marcus zurückkehrte. Doch auch der Gedanke an ihn gab ihr das beruhigende Gefühl der Sicherheit nicht zurück, das sie sonst dabei empfunden hatte. Dieser schreckliche Traum schien etwas in ihr verändert zu haben. Es gelang ihr einfach nicht mehr, Marcus’ Gesicht deutlich vor sich zu sehen.
Langsam ging sie zu dem breiten Fensterbrett, auf dem sie ihre Tasche abgestellt hatte. Sie zog den kleinen Spiegel heraus und betrachtete sich aufmerksam. Ihre Augen waren geweitet und glänzten, ihre Lippen zitterten, und trotz der gebräunten Haut wirkte ihr Gesicht blass.
So, wie sie aussah, würde eine weitere verletzende Bemerkung von Nick genügen, damit sie vor seinen Augen in Tränen ausbrach.
Aber das würde sie nicht zulassen. Rasch öffnete sie den Lipgloss, zog die Konturen ihres Mundes nach und verteilte sorgfältig die Farbe auf den vollen Lippen. Das dichte Haar hatte sie wegen der Hitze hochgesteckt. Einige Strähnen hatten sich gelöst und fielen ihr ins Gesicht. Dany steckte sie wieder fest und sah dann prüfend an sich herunter. Unwillig verzog sie das Gesicht und zupfte einige Blätter von der Hose. Nur gut, dass sie nicht im Ritz zu Abend aß …
Dann würde Nick einen Anzug tragen - wie auf der verblichenen Fotografie in der Zeitschrift. Dazu ein weißes Seidenhemd. Und was würde sie tragen? Vielleicht das enge schwarze Satinkleid, das sie sich im Winterschlussverkauf besorgt hatte. Vor Marcus hatte sie es bisher noch nicht zu tragen gewagt. Oder etwas Neues speziell für diesen Anlass. Oder …
Aufgeregt wandte sie sich zu der Garderobentür. Aber Nick würde sie für verrückt halten, falls er es überhaupt bemerken würde. Manchmal dachte sie, ihm würde nicht einmal auffallen, wenn sie plötzlich drei Köpfe hätte.
„Möchtegern-Superfrau … Mini-Tarzan … du bist sicher keine Jane … ich mag es, wenn meine Frauen genau das sind, nämlich durch und durch Frauen …”
Nicks Worte schwirrten ihr durch den Kopf. Einen Augenblick später kniete Dany neben der Truhe und holte das Kleid heraus. Natürlich wusste sie nicht, ob es ihr passte. Mit zitternden Händen streifte sie die Hose ab und zog ungeduldig die Bluse über den Kopf.
Das Kleid fühlte sich kühl und angenehm an.
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