Bianca Exklusiv Band 87
dieser kleinen, verschlafenen Stadt findet ein Machtkampf statt, Linda, bei dem es um sehr viel Geld geht, und Roy ist auf der falschen Seite. Das Talent, die Wahrheit rücksichtslos in seinen Artikeln zu schreiben, hat er von deinem Großvater geerbt.”
„Hast du mit der Polizei darüber geredet?”
„O natürlich, sie untersuchen den Unfall und haben meine Aussage niedergeschrieben. Aber was können sie schon tun? Es gibt keine Zeugen, keiner hat das Nummernschild erkennen können. Deshalb macht es ja auch Sinn - als ob der Fahrer gewusst hätte, dass sich gerade zu dieser Zeit niemand an diesem Ort aufhält und nur zu warten brauchte, bis Roy aus dem Gebäude kam.”
Linda schüttelte perplex den Kopf. „Das kann ich nicht begreifen. Es ist nur ein schlechter Traum.” Sie wandte sich an Frances. „Vielleicht solltest du mir mehr Einzelheiten erzählen.”
„Das ist eine komplizierte Angelegenheit - Intrigen, Kleinstadtpolitik, Geld von außen, Ehrgeiz und Gier. Roy kann dir das besser erklären, warte solange. Er weiß besser als ich, was hinter der Maske dieses kleinen, verträumten Fischerstädtchens alles an Korruption abläuft.”
Linda fuhr wie betäubt durch die mit Palmen gesäumte Hauptstraße. Hier hatte sich nichts verändert, es war so, wie sie es noch aus ihrer Kindheitserinnerung her kannte - keine überfüllten Plätze, keine Eigentumswohnungen, keine Touristen.
An einer Straßenecke erblickte sie das im Sonnenlicht reflektierende weiße Gebäude mit dem Firmenschild, auf dem der Name der Zeitung stand - „The Clarion”. Vor dem Haus parkte Messanos verbeulter Transporter. Lindas Herz setzte einen kurzen Schlag aus. Sie war verärgert wegen seines Verhaltens am Morgen, doch die Faszination war geblieben.
Einige Häuserblocks weiter bogen sie ab und fuhren nun auf den Anlegehafen zu, in dem Fischerboote aller Art vor Anker lagen. Der durchdringende Geruch von Fisch und Teer hing in der Luft. Seevögel stießen vom Himmel ins Wasser, wenn immer sie meinten, etwas Essbares erblickt zu haben. Schilder an den Hütten mit Dächern aus Blech machten Reklame für Reparaturen, Köder, Boot-und Angelzubehör.
Wenigstens hat sich hier nichts verändert, dachte Linda erleichtert.
Schließlich kamen sie zu dem bescheidenen Wohngebiet, und Linda bog auf den Parkplatz vor dem rosafarbenen Haus.
„Die Jungs haben wieder ihre Fahrräder in der Einfahrt liegen lassen!” rief Frances aus.
Sie stieg aus, öffnete das Garagentor und schob die Fahrräder hinein. Linda nahm ihr Gepäck von der Ladefläche, und Frances schloss die Haustür auf.
„Du musst entschuldigen”, sagte Frances, als sie die Jacke von einem Zwilling vom Boden aufhob, die direkt neben der Tür lag.
Linda sah keinen Grund, warum ihre Schwägerin sich entschuldigen müsste, das Haus war makellos in Ordnung. Sie verglich es mit ihrem unaufgeräumten Apartment in New York. Es war ein Haus mit vier Zimmern; Linda konnte überall die Arbeit erkennen, die ihre Schwägerin in dieses einfach möblierte, aber gemütliche und fröhliche Heim investiert hatte.
Selbst genähte Vorhänge in warmen Gelb-und Brauntönen, die die Sonne hereinließen, grüne Pflanzen, gerahmte Drucke und Bücherregale ließen eine warme Atmosphäre entstehen.
Offensichtlich reichte der Verdienst der Kleinstadtzeitung gerade für das Nötigste, aber Frances besaß das Talent, das Beste aus diesem Einkommen herauszuholen.
Linda erinnerte sich, wie ihre Mitbewohnerin Cima ihr gestern geholfen hatte. Jetzt wollte sie das Gleiche für ihre Schwägerin tun. „Warum entspannst du dich nicht in einer heißen Badewanne, Frances? Ich mach’ uns Tee und eine Kleinigkeit zu essen. Danach solltest du dich ein wenig hinlegen. Bis die Zwillinge aus der Schule kommen, ist es ruhig im Haus.”
„Das hört sich gut an”, murmelte Frances. „Ich zeig’ dir noch, wo alles in der Küche steht.”
„Ich war schon mal hier, weißt du, ich kenn’ eure Küche. Wenn ich Hilfe brauche, meld’ ich mich.”
„In Ordnung.”
Linda machte Tee, Rühreier mit Speck und Toast. Sie war gerade fertig, als Frances im Bademantel in der Küche erschien.
„Das riecht gut.”
„Du hast bestimmt seit gestern nichts mehr gegessen.”
„Ich hab’ nur ein paar Tassen Kaffee getrunken.”
Linda servierte am Frühstückstisch, der in einer kleinen Nische stand. Aus den sie umgebenden Fenstern konnten sie in den eingezäunten Garten schauen, in dem prächtige Bananen-und
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