Bianca Exklusiv Band 87
konnte.
Linda fühlte die Spannung in sich wachsen, als sie an die Tür ging, um ihm aufzumachen. Als sein dunkler Blick auf sie fiel, gerieten ihre Gefühle ins Trudeln.
„Guten Morgen”, stammelte sie. Sie war wütend auf sich selbst, seit den ersten Teenagerflirts hatte sie sich nicht mehr so benommen.
Trevor nickte ihr zu und ließ seinen Blick forschend über ihre Gestalt gleiten. Sie nahm die Geräusche und Gegenstände um sich herum nur noch schwach wahr. Sie war völlig auf den Mann vor sich fixiert.
Nervös rieb sie die Handflächen an ihrer Hose. „Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich ins Krankenhaus zu bringen.”
Er nickte nur kurz mit dem Kopf. „Nicht der Rede wert. Ich wollte Roy sowieso sehen.”
Er schien entschlossen, sie kühl und unfreundlich zu behandeln. Warum nur? Und trotzdem, sie spürte, dass sie auf ihn eine Wirkung hatte. Aber es war unmöglich, diese undurchdringlichen Augen zu ergründen.
Auf dem Weg zum Krankenhaus studierte sie ihn. Sie war sich nie der Nähe eines anderen Menschen so bewusst gewesen. Ihre Neugier für seine Person wurde fast schmerzhaft. Sie machte einen Versuch, diese geheimnisvolle Aura, die ihn umgab, zu durchbrechen und überraschte sich selbst mit ihrer Freimütigkeit. „Ich denke, ich habe einen Narren aus mir gemacht, als ich Ihnen auf der Fahrt von Miami alles über den ,Clarion’ erzählt habe. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie als Redakteur dort arbeiten. Haben Sie sich auf meine Kosten amüsiert?”
„Nein. Sie haben mich nicht gefragt.”
„Das ist wohl kaum eine Antwort.” Ihre Frustration wuchs. Noch forscher fragte sie: „Frances hat mir erzählt, Sie hätten eine verantwortungsvolle Position bei einer großen Tageszeitung innegehabt. Sie müssen einiges über das Zeitungsgeschäft wissen.”
„Etwas”, antwortete er knapp.
„Finden Sie es nicht langweilig, für die Wochenzeitung einer Kleinstadt zu arbeiten?”
„Nein, überhaupt nicht.”
So leicht wollte sie nicht aufgeben. „Ich finde es unverständlich, dass jemand mit Ihrer Erfahrung sich in einer Kleinstadt am Ende der Welt niederlässt. Haben Sie Verwandte hier?”
Er nahm seine Augen sekundenlang von der Straße und schaute sie an. „Ich lebe hier, weil ich hier leben will, genauso wie Sie in New York leben wollen.”
Ein Rad des Transporters rollte durch ein Schlagloch. Das Rütteln des Wagens ließ ihre Schultern sich berühren, und Linda fühlte eine Hitzewelle durch ihren Körper strömen.
Trevor fluchte leise unter angehaltenem Atem, und Linda sagte nichts mehr während der Fahrt. Doch das kurze Gespräch zwischen ihnen hatte ihre Neugier nur noch mehr angestachelt. Woher kam er? Warum blieb er hier? Warum tat er so geheimnisvoll, wenn es um sein Privatleben ging?
Wenn es jemand anders gewesen wäre, so hätte sie die ganze Sache wahrscheinlich mit einer Handbewegung verworfen. Doch Trevor Messano gehörte nicht zu der Sorte Männer, die man so einfach abtun konnte. Dies war das zweite Mal gewesen, dass sie mit ihm zusammen war, und wieder hatte sie den Funken gespürt.
Als sie mit ihm in das Krankenhaus ging, kam sie sich winzig neben seiner kraftvollen Gestalt vor. Sein Gang war federnd - ungewöhnlich für einen Mann seiner Größe. Sie konnte ihn sich besser in den Sümpfen bei der Jagd vorstellen als hier in dieser weiß gekachelten, sterilen Umgebung. Dabei fiel ihr wieder ein - war er seminolischer Herkunft?
Roy saß im Bett, die Kissen hinter dem Rücken gestapelt. Er schien lebhaft und relativ guter Laune. Als die beiden Männer sich mit Handschlag begrüßten, erkannte Linda in ihren Gesichtern den Respekt und die Sympathie, die sie füreinander hegten.
Nachdem sie eine Weile geplaudert hatten, sagte Messano: „Freut mich zu sehen, dass es dir besser geht, Roy. Ich muss gehen. Dann kannst du auch den Besuch deiner Schwester besser ausnutzen.” Er wandte sich an Linda. „Möchten Sie, dass ich Sie nachher abhole?”
„Das wird nicht nötig sein”, erwiderte sie kühl. „Ich nehme den Bus nach Hause.”
Trevor nickte. „Dann möchte ich mich von euch beiden verabschieden.”
Für einen Moment verweilte sein Blick auf ihr. Warum schaute er sie nur so an? Sie fand keine passende Antwort.
Nachdem Trevor gegangen war, sagte Roy zu ihr: „Schwesterherz, ich muss mit dir reden.”
Er schien wieder mehr er selbst zu sein, obwohl er sich augenscheinlich immer noch nicht besonders gut fühlte. Sie zog den Stuhl näher ans Bett.
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