Bianca Extra Band 2
Einzige, der sie wirklich sah ? Ihr wahres Ich hatte sich nicht nur beim Singen offenbart, sondern auch im Unterricht, wenn ihre Begeisterung ihre Schüchternheit überflügelte und sie zum Beispiel über ein Buch sprach, das sie liebte oder über ein Thema, das ihr wichtig war. Niemand anders schien das zu bemerken – die meisten Menschen interessierte nur ihr gutes Aussehen und dass sie Brians Freundin war. War Alex denn der Einzige, der ihr wirklich zuhörte, wenn sie sich meldete? Dem auffiel, wie lustig, intelligent und leidenschaftlich sie sein konnte?
Doch je länger Holly mit Brian zusammen war, desto mehr schwand ihre Begeisterungsfähigkeit. Sie wurde immer stiller, überließ ihrem Freund das Reden und stellte ihr Licht immerzu unter den Scheffel. Brian wollte nämlich keine Freundin, die lustig, klug oder leidenschaftlich war und ihn damit womöglich aus dem Scheinwerferlicht drängte oder ihn aus seiner Selbstzufriedenheit riss. Er wollte nur jemanden an seiner Seite, der seinen Erfolg spiegelte, der ihn bei Reden, Basketballspielen oder Preisverleihungen anfeuerte und sein Licht noch heller erstrahlen ließ – eine Rolle, die Holly nur allzu bereitwillig übernahm.
In seiner Gegenwart verblasste ihre eigene Persönlichkeit mehr und mehr.
Alex war machtlos dagegen. Sie gab ihm keine Chance, ihr zu helfen, denn sie hörte ihm noch nicht einmal zu. Am Anfang versuchte er noch ein paarmal, mit ihr zu reden, aber sie ließ ihn immerzu abblitzen. Dass er ihre Fassade durchschaute, hieß noch lange nicht, dass sie sich die Mühe machte, auch hinter seine zu blicken. Für sie war er nichts weiter als ein Unruhestifter und sie strafte ihn mit Nichtachtung.
Alex versuchte, einen regelrechten Hass auf sie zu entwickeln. Er redete sich ein, sie zu verabscheuen, aber es gelang ihm einfach nicht, sie zu ignorieren. Stattdessen gewöhnte er sich an, sie zu ärgern – sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu provozieren. Und Holly behandelte ihn dann natürlich erst recht wie etwas, das unter ihrer Würde war.
Kopfschüttelnd riss Alex sich aus seinen erstaunlich lebhaften Erinnerungen. Seine Gefühle für Holly waren unglaublich intensiv gewesen – nichts Besonderes in dem Alter –, aber das war doch längst vorbei. Er war nicht mehr der Junge von damals, schon längst nicht mehr. Seit der Highschoolzeit war unendlich viel Zeit vergangen. Brian war nach Kalifornien gegangen und der reiche und erfolgreiche Anwalt geworden, der er immer hatte sein wollen. Holly war alleinerziehende Mutter mit einer eigenen Karriere geworden und er selbst Footballtrainer an der Highschool.
Sie waren inzwischen erwachsen. Theoretisch war ein Neuanfang möglich, aber nach ihrer kurzen Begegnung vorhin bezweifelte Alex, dass er und Holly je miteinander auskommen würden. Sie reizten einander nach wie vor bis aufs Blut, und daran würde sich vermutlich auch nie etwas ändern.
Das Fatale war nur, dass sie noch genauso umwerfend aussah wie früher. Und er reagierte körperlich genauso auf sie wie als Sechzehnjähriger.
Das Beste wäre vermutlich, mal wieder unter Leute zu kommen. Seit seiner Rückkehr nach Weston war er jedes Wochenende mit Training oder der Renovierung des alten Farmhauses beschäftigt, das er sich gekauft hatte.
Okay, nächsten Samstag würde er mit einer Frau ausgehen, die ihn charmant, witzig und sexy fand! Ein bisschen weibliche Gesellschaft konnte nicht schaden. Willige weibliche Gesellschaft, und zwar so bald wie möglich.
Es war Freitag, der Tag von Wills Saisoneröffnungsspiel. Holly hatte sich vorher eigentlich noch umziehen wollen, war jedoch in einem Meeting aufgehalten worden und daher sowieso zu spät dran. Als sie sich in ihrem pfirsichfarbenen Seidenanzug den Weg durch die Menge zu dem Platz bahnte, den Angela und David Washington ihr auf der Tribüne frei hielten, kam sie sich vollkommen overdressed vor.
Tom, der Sohn der Washingtons, spielte schon länger Football, und seine Eltern kannten sich daher bestens aus. Angela versuchte, Holly das Spiel zu erklären, doch Holly begriff nie, wer gerade den Ball hatte, und konnte die Spieler in ihren Helmen und voluminösen Uniformen auch gar nicht auseinanderhalten. Trotzdem feuerte sie die Jungs zusammen mit Angela und David an und ließ sich von der allgemeinen Begeisterung anstecken.
Alex hatte sie auch schon entdeckt. Er saß auf der Ersatzbank und sah objektiv betrachtet – zumindest sagte Holly sich, dass sie objektiv urteilte – in
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