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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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zehnjährige Giordano zählte sich dazu – und je wütender sie sich dieses „Kauderwelsch“ verbaten, umso mehr musste Bianca lachen. Natürlich wagte keiner der Brüder die Schwester anzurühren, denn sie war nun der einzige weibliche Spross in der Lancia-Familie.
    Das eigentliche Familienoberhaupt war Don Bartolomeo, der die beiden schweren Schicksalsschläge mit stoischem Gleichmut ertragen |29| hatte. In seiner Einstellung orientierte sich der Hochgebildete eher an den alten Philosophen als an der christlichen Lehre. Seneca bedeutete ihm mehr als Augustinus, aber das behielt er für sich, denn schließlich stand er einem christlichen Hauswesen vor.
    Seinen beiden Enkeln versuchte er den Vater zu ersetzen, was bei Galvano leichter war als bei Giordano, aus dem ein rechter Wildfang geworden war. Dem Zehnjährigen fiel es besonders schwer, sich irgendeiner Disziplin zu unterwerfen und als er in einem Anfall von Jähzorn seinem Hauslehrer an die Gurgel ging, sah sich der sonst eher nachsichtige Großvater gezwungen, harte Maßnahmen zu ergreifen. Giordano musste vor dem Maestro niederknien und um Verzeihung bitten. Danach verabreichte ihm ein kräftiger Hausknecht dreißíg Stockhiebe und er wurde bei Wasser und Brot drei Tage lang in einen lichtlosen Kellerraum gesperrt. Ein wenig half das schon, denn Don Bartolomeo drohte seinem Enkel an, im Wiederholungsfall das Strafmaß zu verdoppeln. Sechzig Stockhiebe und sechs Tage Kellerhaft wollte der Junge doch nicht riskieren, sodass er alles daransetzte, sich wenigstens im Haus gesittet zu benehmen. Um seine Wildheit abzureagieren, fand er den Ausweg, sich draußen mit anderen, meist älteren Jungen herumzuprügeln. Da zog er nicht selten den Kürzeren, kam aus mehreren Wunden blutend und mit zahlreichen blauen Flecken nach Hause. Galvano, mit der Autorität des älteren Bruders, schalt und hänselte ihn dann, doch Don Bartolomeo mischte sich da nicht ein.
    „Später wird seine Wildheit vergehen“, meinte er dann.
    In diesem Fall sollte er nicht ganz recht behalten.
    Auf Geheiß des Großvaters nahm Bianca ebenfalls am Unterricht des Hauslehrers teil, doch das sollte – wie er stets betonte – weder Zwang noch Pflicht sein, sondern ihr freiwilliger Entschluss. Was sie sonst selten tat: Diesmal schlug sie den Rat ihrer Amme in den Wind. Berta hatte gemeint, ein Mädchen habe die Gelehrsamkeit nicht nötig, es gebe für Frauen so viele andere, auch wichtigere Dinge, mit denen sie sich befassen sollten. Bianca blickte sie neugierig an.
    „So? Dann nenne mir doch diese wichtigen Dinge.“
    Die kleine, rundliche Berta geriet in einige Verlegenheit.
    „Na ja, da du doch später als Haus- und Ehefrau das Gesinde beaufsichtigen musst, solltest du dich mit Dingen aus Küche und Keller befassen, solltest Gutes vom Schlechten zu unterscheiden |30| wissen – also, ich meine zum Beispiel, wenn Fleisch oder Fisch nicht mehr genießbar sind, die essbaren Pilze von den giftigen …“
    Da musste Bianca lachen.
    „Aber Berta, dies alles lernt man doch mit der Zeit ganz von selber. Aber Schreiben und Lesen, Geographie und Geschichte, dieses Wissen fliegt einem nicht zu, das muss von kundigen Menschen gelehrt werden. Nachdem diese wegen meiner Brüder ohnehin ins Haus kommen, wäre es doch dumm, eine solche Gelegenheit nicht zu nutzen. Ich nehme ja keinem etwas weg und Großvater ist auch einverstanden.“
    Ja, das war nun der entscheidende Punkt, denn ihre Beziehung zu Don Bartolomeo war eine ganz besondere. Bianca war sein Schatz. Die Nachfolge war durch Galvano und Giordano gesichert, die Enkelin aber konnte später in eine wichtige Familie einheiraten, natürlich eine ghibellinische.
    Es wäre hier anzumerken, dass die Lancia von alters her kaiserlich gesinnt waren, wie übrigens die ganze Stadt Pisa seit Jahrhunderten auf Seiten des Kaisers stand, auch wenn er kein Staufer war. Nach der Ermordung König Philipps von Schwaben hatte sich Otto, der Welf, als deutscher König behauptet, aber dann – es war wie ein Wunder – hatte der siebzehnjährige Friedrich, bisher nur König von Sizilien, sich in Aachen die deutsche Krone aufs Haupt gesetzt, mit fast einhelliger Zustimmung der Reichsfürsten. Was nun die Heiratspläne betraf, so war das eine notwendige Familienpolitik, besaß jedoch einen weichen Kern. In Wahrheit nämlich wollte Don Bartolomeo seine Enkelin so lange wie möglich um sich haben – solange er lebte, wie er sich insgeheim eingestand. Oft führten sie

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