Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
müsse schnell zu klären sein. Zuerst führte er mit Giordano ein persönliches Gespräch.
„Eines gleich vorweg, Don Giordano: Ich kenne Euch nicht besonders gut, wage aber dennoch zu sagen, ich halte es für undenkbar, dass Ihr den Goldschmied in seinem eigenen Haus vergiftet habt. Alles weist darauf hin, dass seine Familie daran beteiligt war, und deshalb meine Fragen.“
Giordano versicherte mit erhobener Stimme:
„Ich kann gleich jetzt einen heiligen Eid schwören, dass Ihr von mir die Wahrheit erfahren werdet, auch wenn sie zum Teil recht hässlich ist.“
Petrus schüttelte sein bärtiges Haupt.
„Auf den Eid verzichte ich, denn ich glaube Euch auch so.“
Das habe ich auch erwartet, dachte Giordano, doch er sagte:
„Dafür danke ich Euch,
reverendissimo
.“
„Nennt mich Don Pietro, das wäre mir lieber.“ Giordano verneigte sich schweigend und de Vinea fügte hinzu: „Erzählt mir alles von Anfang an, auch
bagatelle
sind wichtig.“
|317| Es fiel Giordano nicht leicht, über Ereignisse, wie etwa die
copula
in der Taufkapelle zu berichten. Er bemühte sich um Sachlichkeit, doch wieder erwachte sein Ekel, als er davon erzählte.
Gegen Ende seines Berichts schüttelte de Vinea ratlos den Kopf.
„Wie konntet Ihr Euch nur mit einer solch abgefeimten
strega
einlassen? Spätestens als sie Euch von ihrem Plan erzählte, den Ehemann umzubringen, hättet Ihr doch gewarnt sein müssen. Da ist Euer Verstand wohl im
scrotum
stecken geblieben?“
Giordano errötete leicht.
„Ganz so ist es nicht, Don Pietro, denn schon bei den letzten Treffen empfand ich Ekel vor ihr und mit dem Gastmahl wollte ich einen Schlusspunkt setzen.“
Petrus de Vinea nickte.
„Ja, das hat dann aber ein anderer getan.“
„Eine andere, würde ich sagen.“
„Der Verdacht liegt nahe, es ist aber nicht erwiesen. Am stärksten belastet Euch, dass man in einer der Satteltaschen ein Säckchen mit deutlichen Spuren von
arsenico
fand.“
Giordano sprang erregt auf.
„Ich schwöre Euch bei den Häuptern meiner Familie, dass ich niemals so etwas besaß. Mein Pferd stand mit anderen im Stall, angebunden und unbeaufsichtigt, da hätte jeder etwas in eine der Taschen stecken können.“
„Zeugen! Wir brauchen Zeugen!“
Die Vernehmung von Donna Antonia nahm ein Hauptmann der Stadtmiliz vor. Die Füchsin bot alles auf, sich als unschuldiges Opfer männlicher Niedertracht darzustellen. Die ganze Sippschaft fürchtete, das Vermögen des Alten könne in andere Hände geraten.
„Da er nun einmal auf mich ein Auge geworfen hatte, musste ich in den sauren Apfel beißen. Doch so unrecht war er nicht und ich habe mich an ihn gewöhnt. Als ich dann schwanger wurde, konnte ich hoffen, dass aus uns eine richtige Familie würde …“
Sie brach in Tränen aus, doch seltsam, ihrer schlauen, verlogenen Miene konnte das nichts anhaben.
Der Capitano nahm es nicht wahr und sagte etwas verlegen:
„Beruhigt Euch, Donna Antonia …“
Das tat sie dann auch und fuhr mit stockender Stimme fort:
|318| „Ja, es – es hätte alles – alles – gut werden können, doch seit Graf Lancia den Ring erworben hatte – ich musste ihn zuvor anprobieren – ließ er mir keine Ruhe mehr. Immer wieder fand er Vorwände, mir zu begegnen, und was er mir dann vorschlug, muss ich verschweigen, weil eine ehrbare Frau solche Worte nicht in den Mund nehmen kann. Jedenfalls ist das auch der Grund, warum Graf Lancia meinen Mann beseitigt hat: um bei der Witwe zu erreichen, was die Ehefrau ihm verweigert hatte.“
Dem Capitano leuchtete das ein und so stand Aussage gegen Aussage.
Aber da war noch Giordanos Bursche und so müssen wir nochmals zurück zu jenem mittäglichen Festessen im Haus des Goldschmieds. Giordano sprang vom Pferd und sein
garzone
übernahm die Zügel.
„Du kannst ja unterdessen in eine Kneipe gehen, hier hast du einen
grosso
zum Versaufen.“
Das war wieder der alte Scherz zwischen Herr und Knecht, denn Giordano wusste sehr wohl, dass der junge Mann jeden Kreuzer zurücklegte, um bald eine Familie gründen zu können.
Der Bursche grinste und stand stramm.
„Jawohl, Euer Gnaden, das werde ich tun, sobald es aufhört zu regnen.“
Er führte das Pferd in den Stall, wo schon einige andere standen, und blickte sich um. In einer dunklen Ecke lag frisches Stroh zum Einstreuen. Er rollte seinen Mantel zu einem Kissen, legte sich nieder und war bald eingeschlafen. Ein unbestimmtes Geräusch weckte ihn. Er richtete sich auf und sah
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