Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
maßlosen Erstaunen eine Einladung des Goldschmieds zu einem Festmahl am Ostersonntag „im Kreis unserer Familie“. Das war aber erst in zehn Tagen und so fragte er Antonia bei ihrem nächsten Treffen nach dem Grund. Sie tat erstaunt, rieb sich die spitze Nase und kniff die Augen zusammen.
„Davon weiß ich nichts! Um die Osterzeit lädt er in der Regel seine Sippe zu sich, weil er sich nicht dauernd vorwerfen lassen will, er meide seine Verwandten. Dass er dazu einige seiner besten Kunden lädt, ist nicht ungewöhnlich.“
„Aber ich habe doch nur diesen einen Ring …“
„Es war ein kostbares Stück und vielleicht hofft er, dir noch etwas andrehen zu können.“
Wie immer, wenn sie von ihrem Mann sprach, malte sich auf ihrem Fuchsgesicht tiefe Verachtung. Niemals nahm sie seinen Namen in den Mund, nannte ihn nur „er“ oder den „Goldschmied“. Um diese Zeit musste Giordano sich eingestehen, dass Antonia ihm unheimlich wurde. Anfangs hatte ihm ihre sexuelle Gier geschmeichelt, aber jetzt begann sie ihn abzustoßen, weil er fand, sie zeige zusehends die Eigenschaften einer Hure. Dann musste er an Messalina |311| denken, die sich später in das venezianische Edelfräulein Donna Caterina verwandelt hatte. Sie hat, so dachte er, eine Zeit lang als Hure gelebt, ohne wirklich eine zu sein. Antonia aber hat sich in die Ehe mit dem Goldschmied pressen lassen, ist aber eine
puttana
reinsten Wassers. Wenn sie sich schamlos auf den Rücken warf, die Schenkel spreizte und dabei einen scharf-animalischen Geruch ausströmte, so mochte das einen besoffenen Söldner entzücken, ihn aber begann es anzuekeln. So wie es ihn jetzt ärgerte, wenn sie ihn Giordi nannte, auch wenn er es vor kurzem noch als originell empfunden hatte. Er versuchte seinen Abscheu, der meist nicht lange anhielt, zu verbergen und sie ließ nicht erkennen, dass sie etwas bemerkt hatte.
Nun, da er die Einladung erhalten hatte, nahm er sich fest vor, mit dem Osterbankett einen Schlusspunkt zu setzen. Dann musste seine Beziehung beendet werden, über deren Beginn er sich jetzt wunderte. Wie hatte er nur auf dieses verschlagene Fuchsgesicht hereinfallen können – er, ein Graf Lancia!? Bei Messalina schien es ihm verständlich und er bereute nichts. Ihm war, als beginne er langsam aus einem bösen Traum zu erwachen, doch sollte er bald erfahren, welcher Schrecken ihn danach erwartete.
Für den Palmsonntag setzte der Kaiser ein Volksfest auf seine Kosten an, das auf dem Prato della Valle, der großen Festwiese im Süden der Stadt, stattfinden sollte. Es war, als hätte Friedrich bei Sankt Peter das Wetter bestellt, denn ein seidig blauer Märzhimmel spannte sich über der Festwiese. Dort hatten sich schon Gaukler, Akrobaten, Spiel- und Tanzgruppen eingefunden, dazu auch Beutelschneider und Taschendiebe. In kluger Voraussicht hatte der Magistrat vor der Stadtmauer einen mehrschläfrigen Galgen errichten lassen.
Nach und nach strömten die festlich gekleideten Zuschauer heran. Das einfache Volk setzte sich an die langen Tische, die Honoratioren an festlich gedeckte Tafeln auf einer erhöhten Balustrade. Hilfskräfte hatten die Nacht über herbeischafft, was Metzger, Bäcker und Winzer zu bieten hatten, und bald war die Luft so von Rauch und Dampf erfüllt, dass die Sonne zeitweise dahinter verschwand. Es ist schön, den Kaiser in der Stadt zu haben, ging es von Mund zu Mund, wollte Gott, er würde länger bleiben.
Da Friedrich wusste, dass seine Anwesenheit das festliche Schmausen, auch das heitere Treiben der Gaukler und Spielleute |312| beeinträchtigen konnte, erschien er mit seinem Gefolge erst am späten Nachmittag, um damit den Tag zu krönen. Zwei Pagen trugen die Schleppe seines Purpurmantels, auf seinem Haupt funkelte die Lilienkrone. Seine Miene strahlte heitere Zuversicht aus und mit jedem, der ihm kniend die Hand küsste, wechselte er einige Worte. Dass die Königin nicht gekommen war, fiel kaum auf, später ging die Rede, sie sei unpässlich gewesen.
Bianca saß mit Ezzelino da Romano und seiner frisch angetrauten Gemahlin an der Festtafel, zu ihrer Seite die achtjährige Costanza und der sechsjährige Manfred. Jeder in Padua wusste Bescheid und kaum einen störte es, dass den Kaiser eine Konkubine begleitete.
Natürlich erfuhr Isabella noch am gleichen Tag von dem Fest und es grämte sie, dass Friedrich sie nicht geladen hatte. Liebte sie doch besonders die Auftritte vor vielen Menschen und genoss es, in den Augen der Männer
Weitere Kostenlose Bücher