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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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eine geduckt heranschleichende Gestalt, die jedes Pferd genau musterte und bei dem seines Herrn stehen blieb. Er hielt den Atem an und erstarrte zu Stein, um sich nicht durch das Rascheln des Strohes zu verraten. Durch das schmale Stallfenster fiel gerade so viel Licht, dass er einen mittelgroßen Mann erkennen konnte, der an den Satteltaschen herumfingerte. Seine helle Empörung über diesen Eindringling drängte ihn, aufzuspringen und den Dieb am Kragen zu packen, doch der löste sich vom leise schnaubenden Pferd und es war deutlich zu sehen, dass er keine Beute in den Händen trug. Der Mann schlich hinaus und es war zu erkennen, dass er humpelte.
    Was soll’s, dachte der
garzone
, den hat vermutlich Don Giordano geschickt, um nach dem Pferd zu sehen. Er hätte jetzt aufstehen |319| und dem Kerl nachschleichen sollen, aber er war zu müde, ließ sich zurücksinken und schlief weiter. Als sie ihn dann recht unsanft weckten, befahl ihm ein Mann von der Stadtmiliz, das Pferd des Herrn Grafen hinauszuführen. Giordano stieg auf und rief ihm zu:
    „Geh ins Lager zurück, hier ist ein Mord geschehen und ich muss etwas klären.“
    Am nächsten Tag wurde ihm mitgeteilt, sein Herr stehe unter Mordverdacht und er solle sich bereithalten. Bereit? Wofür? Als Giordano auch am zweiten Tag nicht zurückkam, ging der
garzone
zum Palazzo della Ragione, wo die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Vielleicht hatte der von ihm beobachtete vermeintliche Dieb doch eine Bedeutung? Die hellebardenbewehrten Türsteher wiesen ihn barsch zurück.
    „Du kannst deinen Herrn jetzt nicht sprechen! Verschwinde und warte im Lager ab!“
    Da kam aus dem Hintergrund der Capitano herbei.
    „Es geht um den Grafen Lancia?“
    „Ja, das ist mein Herr. Ich habe da etwas beobachtet, als ich im Stall das Pferd bewachte …“
    Der Graf Lancia war kaiserlicher Vasall und galt als Friedrichs treuer Parteigänger, so viel wusste auch der Capitano.
    „Komm mit!“
    So führte man Giordanos Burschen vor einen der Richter.
    „Du darfst deinen Herrn jetzt nicht sehen, um jede Absprache zu vermeiden. Mir aber kannst du alles sagen, doch wehe dir, wenn es ohne Bedeutung ist! Draußen im Hof steht ein Pfahl und daran werden die Lügner gebunden und unsere Büttel sind wahre Meister mit der
frusta
.“
    Doch der Bursche ließ sich nicht einschüchtern.
    „Ob es wichtig ist, weiß ich nicht, das müsst Ihr entscheiden.“
    „Sehr richtig – also rede!“
    Sein Bericht war etwas umständlich, doch der Richter unterbrach ihn nicht und fragte am Ende:
    „Du hast Graf Lancia nicht gesehen oder gesprochen, seit er festgenommen wurde?“
    „Nein, Herr.“
    Der Richter nickte und murmelte:
    „Das wäre auch gar nicht möglich gewesen …“
    |320| Sogleich rief er einen Schreiber und sandte eine Botschaft an den Großjustitiar Petrus de Vinea: Ein wichtiger Zeuge habe sich gemeldet. Vor ihm musste der
garzone
seine Aussage wiederholen, dann sagte de Vinea mit strenger Stimme:
    „Gibt es noch etwas, das du vergessen oder verschwiegen hast?“
    Der Bursche ließ das Geschehene nochmals vor seinem inneren Auge ablaufen und da sah er, wie der „Dieb“ hinaushumpelte.
    „Ja, Euer Gnaden, jetzt fällt es mir ein: Als der Mann den Stall verließ, hat er gehinkt.“
    Der Justitiar runzelte die Stirn.
    „Gehinkt?“
    „Ja, es war deutlich zu sehen, als fehle ihm etwas an den Beinen.“ „Ist gut, du bist entlassen.“
     
    Dann ging es sehr schnell. De Vinea schickte eine Kommission ins Haus des Goldschmieds und ließ das Hauspersonal vorbeimarschieren. Donna Antonia befand sich zu dieser Zeit noch immer in Hausarrest in ihrer Wohnstube, ohne jeden Kontakt zu ihren Dienstleuten. Der Gärtner und Stallbesorger, ein kleiner dicklicher Mann in mittleren Jahren, hinkte deutlich. Der Untersuchungsrichter winkte ihn heran.
    „Ein Unfall?“
    „Ja, Herr, beim Heckenschneiden ist mir die Axt ausgerutscht und …“
    „Ist gut, alle anderen können gehen.“
    „Du bist während des Festbanketts in den Stall geschlichen und hast dich an Don Giordanos Pferd zu schaffen gemacht?“
    Der Mann grinste einfältig.
    „Dann hat’s doch einer gesehen – na ja, ist egal. Die Signora hat mich geschickt, ich soll dort etwas in die
borsa della sella
stecken und ja den Mund halten. Aber Euch muss ich es doch sagen?“
    Dem Gericht darf nichts verborgen bleiben, ganz recht. Und was war es?“
    Der Gärtner blickte verwirrt.
    „Was war was?“
    Der
ufficiale
blieb

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