Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
mag ich von Heirat nichts hören und werde wohl auch in den nächsten Jahren nicht daran denken. Vielleicht entschließe ich mich fürs Klosterleben.“
Galvano war so verdutzt, dass ihm die Stimme versagte. Nach einigem Husten und Räuspern brachte er heraus:
„Aber – aber – das – das gestatte ich nicht – nein, nein, das schlage dir nur gleich aus dem Kopf!“
„Wenn Gott ruft, muss die Familie schweigen.“
„So, so, aha …“
Galvano war kein schneller Denker und musste sich erst sammeln.
„Also Bianca, ich habe bisher an dir keine Spur einer besonderen Frömmigkeit bemerkt. Du steckst dauernd mit dieser Berta zusammen und die, so scheint mir, ist auch keine Betschwester.“
Bianca setzte sich wieder und wandte sich ihrem Bruder zu.
„Schau, Galvano, was hilft das ganze Gerede über ein Thema, das für mich noch lange nicht reif ist. Nüchtern und vernünftig betrachtet ist es doch so, dass kein Mädchen quasi über Nacht zur Frau wird. Als Dreizehnjährige behandeln mich alle noch wie ein Kind, das sich am Tag seines vierzehnten Geburtstags in eine heiratsfähige Frau verwandelt. Wie soll das gehen? Auch ein Mann muss doch wissen, dass das Erwachsenwerden einige Zeit dauert, so wie es keine Frucht gibt, die über Nacht zur Reife gelangt. Beim |95| Menschen ist das nicht anders und weil es so ist, muss es gottgewollt sein.“
Solcher Argumentation war Galvano kaum gewachsen. Er kniff die Augen zusammen.
„Gottgewollt, gottgewollt, das sagt sich so leicht. Du kannst uns Menschen doch nicht mit irgendwelchen Früchten vergleichen, bei uns ist eben einiges anders.“
„Da hast du Recht, aber reifen müssen auch wir, das lässt sich doch nicht leugnen – oder bist du als erwachsener Mann auf die Welt gekommen? Das hat doch immerhin fast zwei Jahrzehnte gedauert, bis es so weit war. Bei Frauen ist das nicht anders. Ich wenigstens fühle mich alles andere als erwachsen und allein der Gedanke, zu einem Mann ins – ins Bett zu steigen …“
Sie schüttelte sich vor Grausen.
„Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht …“
„Woher willst du das wissen?“
„Wenn ich an Giulia denke, dann muss ich sagen, dass – dass …“ „Und wie alt war sie damals?“
„Nun ja, als einzig verbliebenes Kind wollte ihr Vater sie … wollten ihre Eltern sich nicht so leicht von ihr trennen.“
„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
„Welche Frage?“
„Nach Giulias Alter bei eurer Hochzeit.“
Er tat, als müsse er nachdenken.
„Bemühe dich nicht, ich kann es dir sagen. Ihr habt im Sommer geheiratet und Giulia wäre zwei Monate später siebzehn geworden.“
„Was du alles weißt“, brummelte er unwillig.
„Ich habe sie danach gefragt.“
„Na, wenn schon! Überall gibt es Ausnahmen, aber wir sollten uns an die Regeln halten. Ich werde jedenfalls meine Fühler ausstrecken.“
„Wonach?“
„Nach Heiratskandidaten.“
„Sind die auch erst vierzehn?“
„Du brauchst nicht zu spotten, natürlich muss ein Mann um einige Jahre älter sein.“
„Weil ihr so lange zum Erwachsenwerden braucht, das verstehe ich schon.“
|96| Er beschloss, ihren Spott einfach zu überhören.
„Besonders an zwei Familien habe ich gedacht, weil wir sie kennen und es dort Söhne im heiratsfähigen Alter gibt.“
Wieder stand sie auf.
„Ich will nichts davon hören.“
Noch ehe er ewas sagen konnte, war sie zwischen den Sträuchern verschwunden. Später erzählte sie Berta von dem Gespräch.
„Was der sich einbildet – will mich verschachern wie eine Kuh!“
Obwohl Berta Galvanos Verhalten für nicht ungewöhnlich hielt, nahm sie sofort Biancas Partei.
„Darüber hätte er mit dir erst reden sollen, wenn du älter geworden bist.“
„Na ja, ich habe ihm damit gedroht, ins Kloster zu gehen, und da hat es ihm die Stimme verschlagen.“
„Aber das war doch nicht im Ernst gemeint?“
„Als letzte Möglichkeit, warum nicht?“
Berta lachte hellauf.
„So gut kenne ich dich schon, dass keine weniger fürs Klosterleben geeignet ist als du.“
„Ah – und warum?“
„Klosterleben, das bedeutet eiserne Disziplin und unbedingte Gehorsamspflicht. Da muss ich nun daran denken, was du tätest, wenn die Äbtissin, dir einen Befehl erteilt, den du für unzumutbar hältst. Du würdest in die Luft gehen und da drücke ich mich noch vorsichtig aus.“
„Na ja, einfach wäre es gewiss nicht – andererseits …“
Sie schwieg, ging zum Fenster und blickte hinaus.
„Andererseits?“,
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