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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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forschte Berta nach.
    Bianca wandte sich wieder um.
    „Das muss man einfach abwägen oder sich fragen: Was ist dir lieber: Klosterleben oder ein Mann im Bett?“
    Berta schmunzelte.
    „Wenn du klug bist – und ich weiß, dass du es bist –, dann ist ein Mann im Bett gar nicht so schlimm. Noch ehe er es merkt, hältst du das Heft in der Hand. Noch besser wäre es, er merkt es nicht, weil du ihm das Gefühl gibst, er sei der Herr im Haus. Im Kloster aber bist du allem hilflos ausgeliefert: den Regeln, der Gehorsamspflicht und den Launen der Höhergestellten.“
    |97| „Wie ist das mit dir und Jörg? Wer hält da das Heft in der Hand?“
    Sie hob ihre rundlichen Schultern.
    „Jeder von uns lebt sein eigenes Leben. Ich brauche keinen Mann und er soll sich seine Hörner abstoßen, wo er will. Hintenrum habe ich erfahren, dass er in Pisa regelmäßig eine Witwe beglückt. Aber was soll’s? Kann ich hier nicht zufrieden sein? Mein Tag ist ausgefüllt und das Mutterglück hast du mir verschafft. Da versteht es sich von selber, dass ich dich nicht so bald fortgeben will. Sobald Galvano seine Freier anschleppt, müssen wir uns etwas einfallen lassen, um ihnen die Brautschau zu versalzen.“
    „Das wird nicht einfach sein …“
    „Das weiß ich auch, aber gemeinsam werden wir es schon schaffen.“
    Berta musste sich im Stillen eingestehen, dass sich Galvanos Pläne auf die Dauer nicht durchkreuzen ließen, weil er auf seine Weise Recht hatte und nach Landesbrauch auch im Recht war. Doch hatten ihn Biancas ablehnende Haltung und vor allem ihre Drohung, ins Kloster zu gehen, so verstört, dass er beschloss, erst wieder nach ihrem vierzehnten Geburtstag, dem neunten Oktober, dieses Thema anzuschneiden, und zwar ganz behutsam. Damit wollte er bis zum Sommer warten und hoffte auch auf die Einsicht der dann fast Fünfzehnjährigen.
     
    Im Frühjahr anno 1227 blickte die christkatholische Welt nach Rom, wo der uralte Papst Honorius III. im Sterben lag. Zwar hatte Kaiser Friedrich für dieses Jahr den Aufbruch zum Kreuzzug versprochen, ja, er hatte sich in dem Vertrag von San Germano feierlich dazu verpflichtet und als spätesten Zeitpunkt den August genannt. Doch Gott schien seinem höchsten Diener, dem Vikar Christi auf Erden, diese Genugtuung nicht zu gönnen, denn der Papst starb am achtzehnten März. Bei den Kardinälen hinterließ der milde und umgängliche Honorius die besten Erinnerungen und im Konklave herrschte überwiegend die Meinung, man sollte einen Kardinal von ähnlicher Wesensart zum Nachfolger wählen. Dafür empfahl sich vor allem Konrad von Urach, der schon im ersten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigte. Doch dem Heiligen Geist, der ja bekanntlich über jedem Konklave wacht, war diese Wahl nicht geheuer. Er fürchtete, die Kirche könne Schaden nehmen, wenn ein zweiter Papst von der Art des Verstorbenen |98| nachfolgte. So flüsterte er dem Kardinal Konrad ins Ohr: „Diese Bürde ist dir zu schwer, du musst sie ablehnen!“
    Der Erwählte hielt es für die Stimme seines Gewissens und folgte dem Rat. Die Kardinäle aber, vom Heiligen Geist inspiriert, verhielten sich wie brave Schafe und wählten in Graf Ugolino di Segni einen strengen Hirten. Der so prunk- wie herrschsüchtige Adlige vereinigte in sich zwei Wesenszüge. Machtbewusst und machtbesessen und zu maßloser Verschwendung neigend, war er andererseits hochgebildet und von scharfem Verstand. Das hinderte ihn nicht daran, dem Bettelmönch Franziskus in schwärmerischer Verehrung anzuhängen und sich von Zeit zu Zeit in meditative Versenkung zu flüchten. Schon ein gutes Jahr nach seiner Wahl vollzog er die feierliche Heiligsprechung des von ihm so hoch geachteten Franz von Assisi.
     
    Im Frühsommer traf der Kaiser in Melfi ein und schon Tage zuvor hatte er kaum noch an etwas anderes denken können als an Anais, die ihn gewiss schon sehnlichst erwartete. Da sie zu den zwei Frauen gehörte, die er bis jetzt am meisten geschätzt hatte, fiel ihm, dem leidenschaftlichen Analytiker, dabei auf, dass er beim Gedanken an Adelheid immer ihr Antlitz vor sich sah. Bei Anais aber war es der Körper, von dem er jedes Fleckchen kannte und den er sich jederzeit vor Augen rufen konnte, zu dem Preis, dass er sich dann vor geiler Steifheit im Sattel wand, als sitze er auf Dornen. Du bist wie ein Tier, schalt er sich, stellte aber zugleich richtig, dass bei Tieren nur der Anblick und der Geruch des anderen zur sexuellen Bereitschaft führte, während

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