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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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Ravenna ordneten sich seine Gedanken neu. Der Bischof hatte San Vitale für diese festliche Gelegenheit auserwählt und nutzte die Anwesenheit des Kaisers zu einer langen, ermüdenden Predigt, die im Grunde nur ein süßliches Loblied auf den Imperator war.
    Friedrichs Blick wanderte zur Apsis, wo in kunstvollen Mosaikbildern das Kaiserpaar Justinianus und Theodora in all seiner Pracht dargestellt war. Als profunder Geschichtskenner wusste er natürlich, dass der Thron dieses Kaisers bei einem blutigen Volksaufstand arg zu wackeln begonnen hatte und Justinianus schon dabei gewesen war, aufzugeben. Doch Theodora, aus niederstem Stand aufgestiegen, hatte sich damit nicht abfinden wollen und sinngemäß gesagt, sie ziehe es vor, als Kaiserin zu sterben und nicht als Bettlerin am Leben zu bleiben. Der Aufstand war niedergeschlagen worden und Justinianus hatte unangefochten noch weitere zwei Jahrzehnte regiert.
    Darum aber geht es, dachte Friedrich, Kaiser sein heißt immer der Stärkere zu sein. So reduzierte er sein Versagen darauf, den Gegner falsch eingeschätzt zu haben. Mit dreifacher Truppenstärke hätte er die Pässe freihalten können und Heinrich wäre nach Cremona gekommen.
    So ist das nun und kein Gott kann es ändern. Sein Blick wanderte zu der zweiten Gruppe von Menschen, die aus dem leuchtenden Mosaik der Apsis auf die Gläubigen herabschauten. Da stand Theodora – ehemals Tänzerin – in ihrem kaiserlichen Ornat, das Haupt von einem goldenen Nimbus umgeben, begleitet von ihren Hofdamen, ein Gefäß mit Opfergaben in beiden Händen haltend. Das Oval ihres Gesichtes, die großen dunklen Augen, der kleine wohlgeformte Mund – es könnte, so dachte Friedrich, ein Bildnis |91| der Bianca sein. Warum kam ihm gerade jetzt dieser Name in den Sinn, jetzt, da ein Priester aus dem Evangelium zur
Dominica Resurrectionis
, zum Hohen Ostersonntag vorlas: „
Surrexit Christus, spes mea: Praecedet vos in Galilaeam
…“
    Dein Sinn, christlicher Imperator, sollte an diesem hohen Festtag auf die Frohe Botschaft und nicht auf ein kleines Mädchen gerichtet sein. Er hörte seine eigene Stimme dies sagen, aber es war die Stimme des Kaisers und wozu sie mahnte, war richtig. Aber da gab es noch den Mann Friedrich, der bei allem, was mit Frauen zu tun hatte, das kaiserliche Gewand abstreifte – frohgemut und ohne zu zögern.
    Frauen? Sprach der Kaiser nicht eben noch von einem kleinen Mädchen? Friedrich senkte den Kopf und lächelte: Da war doch der Blutfleck auf dem Hocker, sodass es eher angebracht war, in Bianca eine junge Frau zu sehen. Mit dem Manne Friedrich, der sein Lächeln zu verbergen suchte, neigte zugleich der Kaiser sein Haupt – es traf sich gut, dass der Priester bei der Wandlung gerade die Hostie emporstreckte.
    „
Accipite et manducate ex hoc omnes: Hoc est enim corpus meum …

    Der Kaiser verfolgte jeden, der nicht an diesen Kanon glaubte. Dies ist mein Leib – so steht es geschrieben, so muss es geglaubt werden! Die Einheit der christlichen Völker wäre dahin, würde jeder nach seinem Belieben glauben und, schlimmer noch, es verkünden!
    Friedrich aber glaubte nicht daran. Dies Stück Weizenbrot bleibt auch nach den Wandlungsworten, was es ist – Brot. Jeder darf das denken, keiner in meinem Reich darf es sagen. Seine Gedanken machten einen großen Sprung. Würde sich doch einmal die Gelegenheit ergeben, Pisa einen Besuch abzustatten? Wenn nicht, so wird Pisa mich aufsuchen – wo immer ich mich aufhalten mag. Weiter dachte der Kaiser nicht, denn alle erhoben sich, um den Worten des Schlussevangeliums zu lauschen: „…
et vidimus gloriam ejus, gloriam quasi unigeniti a Patre, plenum gratiae et veritatis. Deo gratias
.“

|92| 7
    Bianca brauchte lange, um sich an die allmonatlich einsetzende Regel zu gewöhnen. Noch beim fünften und sechsten Mal war sie überrascht und auch ein wenig bestürzt von dem, was da in ihrem Körper vorging. Schon bald nach ihrer Rückkehr sprach Galvano sie darauf an. Es war Juni und Bianca spielte mit dem fünfjährigen Federico im Garten. Sie hatte den Jungen jetzt oft um sich, weil Giulia ihrer dritten Geburt entgegensah. Bei der zweiten waren Komplikationen eingetreten und das Kind, ein Mädchen, war an der Nabelschnur erstickt. Sie und Bianca hatten ein etwas gespanntes, nur auf das Nötigste beschränktes Verhältnis, was Giulia aber nicht von der Bitte abhielt, sie möge sich um Federico kümmern.
    „Aber nur du allein, ich möchte den Kleinen in keinem

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