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Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers

Titel: Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp von Zabern Verlag
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nicht lache! Dich hat der Kaiser längst vergessen!“
    Sie grapschte nach dem gesiegelten Pergament, aber Galvano war schneller und versteckte es hinter seinem Rücken.
    „Ich könnte es dir vorlesen, denn das Lesen fällt dir doch immer so schwer …“
    Das stimmte zwar schon, aber in diesem Fall …
    „Können wir uns darauf einigen, dass ich es öffne und erst einmal anschaue?“
    Sie nickte.
    |105| „Gut, dann setz dich dort hin.“
    Er wies auf einen Stuhl am Fenster – weit genug entfernt, um jeden Zugriff zu verhindern.
    Zuerst entfaltete er das an die Familie Lancia gerichtete Schreiben. Galvano war an die schmucklose Umgangsschrift gewöhnt, wie sie in der Handelsstadt Pisa in Gebrauch war, aber das kaiserliche Schreiben prunkte in verschnörkelter Zierschrift und so ließ er das Blatt schnell sinken.
    „Damit komme ich nicht zurecht …“
    Schnell stand sie auf, ging zum Tisch und nahm es ihm aus der Hand. Der Großvater hatte ihr einmal einige Urkunden von Kaiser Friedrich Barbarossa gezeigt und sie hatten sich bemüht, diese Dokumente Wort für Wort zu entziffern.
    Leicht war es auch diesmal nicht und manchmal musste sie lange an einem Wort herumrätseln, bis der letzte Satz entziffert war.
    „… im Fall Unseres Todes zu geschehen hat.“
    Galvano schaute sie nachdenklich an.
    „Barletta! Das ist eine Reise von einigen Wochen …“
    Bianca aber schaute auf das zweite, mit dem kleinen Privatsiegel versehene Schreiben. Sie deutete darauf.
    „Da ist noch etwas …“
    Ohne es näher anzuschauen, reichte er ihr den Brief. Sie las die Anschrift und legte es auf den Tisch.
    „Das ist für dich persönlich.“
    Er nickte und brach mit dem Daumennagel das Siegel.
    „Ja, das kann ich lesen!“
    Er bewegte stumm seine Lippen, als er es langsam, Wort für Wort entzifferte. Dann reichte er es an Bianca weiter.
    „Es ist zwar an mich persönlich gerichtet, aber dich geht es an.“
    Die drei Sätze brannten sich ihrem Gedächtnis ein, trafen sie aber auch ins Herz, als hätte Amor aus dem fernen Süden seine
freccia d’amore
abgeschossen.
    Aber wo war in diesen nüchternen Sätzen von Liebe die Rede? Jeder andere hätte kaum etwas davon entdecken können, doch Bianca traute der Königin einen solchen Wunsch nicht zu. Friedrich war es, der sie sehen wollte. Daran glaubte sie felsenfest und unerschütterlich, doch diesen Glauben behielt sie für sich.
    Galvano berief einen eiligen Familienrat ein, denn die Zeit drängte, wenn ein Lancia den Hoftag noch im April erreichen |106| wollte. Zuerst einmal aber stellte sich die Frage: Welcher Lancia? Wer sollte reisen?
    „Natürlich du!“, rief Giordano und schaute seinen Bruder dabei eindringlich an. Der wusste gleich, dass es Giordanos sehnlicher Wunsch war, wieder einmal, und diesmal gewiss für längere Zeit, das Haus Lancia in Pisa zu repräsentieren. So schüttelte Galvano nachdrücklich den Kopf.
    „Nein, Giordano, so natürlich ist es diesmal nicht. Demnächst kommen wichtige und sehr entscheidende Verhandlungen auf uns zu, auch die neuen Grenzen betreffend. Der Stadtrat von Pisa will die ewigen, über Generationen sich hinziehenden Streitereien um Landbesitz beenden. Jede der Familien hat ihren eigenen Standpunkt und so behaupten etwa die Longetti, ihr Grund reiche über den kleinen Weiher im Südwesten hinaus, während die Gambacorti beweisen, dass dieser
vivajo
seit jeher die Grenze zwischen unserem Landbesitz markiert habe. Aber das ist noch nicht alles! Es geht um verschiedene öffentliche Bauvorhaben am Dom, am Battisterio wie auch am Campanile und in welcher Höhe sich die jeweiligen Adelsfamilien beteiligen sollen. Ich habe mich tagelang mit diesen Dingen befasst und wenn abgestimmt wird, dann habe ich eine begründete Meinung, kenne die Grenzen unserer Möglichkeiten. Du, mein lieber Giordano, weißt davon so gut wie nichts, aber das soll kein Vorwurf sein. Das fällt nun einmal in meinen Aufgabenbereich als Capo unserer Familie. Aus all diesen Überlegungen heraus wird es mir nicht möglich sein, die Reise nach Barletta zu unternehmen – du wirst sie machen müssen.“
    Auf diese für Galvano ungewöhnlich lange Rede hatte es dem sonst so wortreichen Giordano die Sprache verschlagen. Er blicke wie gehetzt in die Runde, schaute auf Bianca und Giulia, ja sogar auf das Kind Federico, das an der Fensterbank mit kleinen grob geschnitzten Soldaten einen Kampf ausfocht und sich durch nichts in seinem Spiel stören ließ.
    Schließlich fand er zur

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