Bianca Lancia - die Buhle des Kaisers
Kaiser es wünscht, will ich es auch, im Übrigen kann es für unsere Familie nur von Vorteil sein.“
|109| Dieser Ansicht war Galvano auch und so stand er auf und sprach sein Schlusswort als Haupt der Familie.
„Also gut, der Fall ist geklärt und jeder hat dazu seine Meinung geäußert. Wir werden mit dem nächsten geeigneten Schiff in See stechen und so würde ich Giulia bitten, das bei dem ohnehin für morgen geplanten Elternbesuch in die Wege zu leiten. Vielleicht finden wir einen Küstensegler nach Sizilien, dann könntet ihr in Taranto anlegen und auf dem Landweg nach Barletta reisen.“
Giulia konnte sich ein nachsichtiges Lächeln nicht versagen.
„Mein lieber Gemahl, ein für Sizilien bestimmtes Schiff wird nicht nach Taranto fahren, sondern in Messina oder Palermo anlegen. Der einfachste Weg wäre, von Salerno aus den Landweg über Melfi und Andria zu nehmen. Wie jeder weiß, hat dort der Kaiser seine meisten Paläste und Kastelle errichtet und so wäre es auch der sicherste Weg.“
Galvano verneigte sich übertrieben tief.
„Danke für die Belehrung! Meine Gemahlin kann ihre Herkunft als Tochter eines Kauffahrers nicht verleugnen. Da muss sich ein rauer Krieger wie ich unterordnen …“
Hatte Bianca bei ihrer Entscheidung die Ziehmutter vergessen? Natürlich nicht und bei allem, was sie sagte oder dachte, war Berta eine wichtige Figur in diesem Spiel gewesen, das die festgefügte Welt der Familie Lancia neu ordnete. Ehe sie mit ihr darüber sprach, bat sie Galvano, den Capitano Giorgio da Ponte, also den bärtigen Jörg aus Innsbruck, nicht mit auf die Reise zu nehmen.
„Er wird es gewiss wollen, er war ja mit dir auch bei der Kaiserkrönung in Rom, aber da ich Berta zurücklassen muss, will ich ihr nicht auch noch den Mann wegnehmen.“
Galvano, der die Familienverhältnisse seiner Männer meist recht gut kannte, brach in ein kurzes Lachen aus.
„Na, na, wie ich ihn kenne, wäre er eher geneigt, den Abstand zu seiner Berta zu vergrößern. Wie es bei ihr ist, weiß ich nicht so genau – im Gegensatz zu dir …“
„Es ist nicht gerade das, was man eine gute Ehe nennt, aber manchmal hat sie davon gesprochen, in ihre Heimat zurückzugehen, wenn ich sie nicht mehr brauche. Ohne Jörg wird sie das wohl nicht tun.“
„Da möchte ich mich nicht einmischen, rede du erst einmal mit ihr.“
|110| Obwohl das kaiserliche Schreiben geheim gehalten wurde, wusste Berta schon halbwegs Bescheid. Aber woher? Das deutete sie nur vage an.
„Na ja, die Herrschaft meint immer, die
servità
ist taub und stumm und vielleicht noch dumm dazu. Ihr habt einen ganzen Nachmittag bis in die Dämmerung hinein darüber geredet und dabei wurden Wein und Wasser gebracht, Brot, Käse und Schinken gereicht. Es ist ja nicht immer so, dass ihr sofort verstummt, wenn ein Diener eintritt. Da kann man sich manches zusammenreimen.“
„Aber weißt du wirklich alles? Wir werden bei nächster Gelegenheit mit dem Schiff nach Süden fahren – Giordano, ich und ein paar Dutzend Bewaffnete. Das wird eine wochenlange Reise und ich werde vorerst nicht zurückkehren, weil Kaiser Friedrich mich zur Hofdame seiner Gemahlin Jolanda bestimmt hat. Sie ist schwanger und erwartet für Ende April ihr erstes Kind.“
Berta hatte unterdessen still zu weinen begonnen, die Tränen kollerten wie kleine Perlen über ihre runden Wangen. Bianca nahm ihre Hand.
„Du hast also nicht alles gewusst?“
„N-nein, d-das nicht …“
„Ich hätte dich schon mitgenommen, das darfst du mir glauben, aber erstens ist diese wochenlange Reise für dich zu anstrengend und zweitens gibt es am kaiserlichen Hof keine Aufgabe für dich.“
Berta wischte sich mit ihrer Schürze die Tränen ab.
„Aber meine Aufgabe bist doch du, wer wird denn dort für dich sorgen?“
„Ich bin schon fünfzehn und wie du weißt, geht es mir schon seit zwei Jahren nach Art der Frauen. Eine Hofdame hat freilich auch ihre Bedienten, doch die sind meist gleichaltrig und werden von der Königin bestimmt. Dein Mann wird übrigens auch hierbleiben, weil Galvano ihn dringend braucht.“
„Der ist weniger wichtig …“ Sie schnäuzte sich kräftig und sagte trotzig: „Dann warte ich aber deine Rückkehr ab! Du wirst ja schließlich nicht ewig bei denen da unten bleiben.“
„Nein, Berta, gewiss nicht. Nichts würde mir mehr Freude machen, als dich bei meiner Heimkehr wieder hier zu finden.“
Gut, Berta war eine Frau weit über dreißig, doch von eiserner Gesundheit,
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