BIANCA SPEZIAL Band 03
geschlossen hatte. Sie bog zu schnell um eine Ecke und erntete einen Schrei von Bonny.
„Fahr langsamer, Hannah. Wir wollen das Baby doch nicht noch mehr erschrecken.“
Sie nahm den Fuß vom Gaspedal, als sie in einer Nebenstraße einen Streifenwagen an einer roten Ampel stehen sah. „Ich werde nicht einmal fragen, wieso du den Namen des Agenten kennst.“ In gemäßigterem Tempo bahnte sie sich einen Weg durch den Verkehr in Manhattan.
Auf dem Rücksitz begann Bonny zu weinen. „Sie hat Hunger.“
„Hunger?“, hakte Chad nach, so als wäre ihm das Wort fremd.
„Ja, Hunger. Die Flasche ist in der Windeltasche.“ Ihr wurde bewusst, worum sie ihn beinahe gebeten hätte. Sie griff hinter den Sitz und tastete nach der Tasche mit den Figuren aus der Sesamstraße.
Mit warmen, festen Fingern berührte er sie am Arm. „Ich kann es tun. Konzentrier du dich darauf, uns sicher aus New York zu bringen, okay?“ Er löste seinen Sicherheitsgurt und kletterte auf den Rücksitz. Während er in der Tasche nach der Flasche kramte, strich er Bonny über das flaumige Haar und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Prompt hörte sie zu weinen auf, noch bevor er sie zu füttern begann.
Voller Unbehagen beobachtete Hannah ihn im Rückspiegel. Angst hatte sich zu ihren widerstreitenden Gefühlen gesellt. Nicht nur vor dem FBI und den Schwierigkeiten, in die Chad sie mit seinem kleinen Glanzstück gebracht hatte. Nein, es war vielmehr eine akute Angst davor, dass Chad womöglich eine aktive Rolle im Leben ihrer Tochter spielen wollte. Und am meisten erschreckte sie die Hoffnung, dass er es tun würde.
Chad steckte den Schlüssel in die Zimmertür und schaute über die Schulter zurück zu Hannah. Sie mied seinen Blick, wie sie es überwiegend während der Fahrt durch Jersey getan hatte. Bonny schlief auf ihrem Arm, und der Anblick erweckte ein seltsames Gefühl in seiner Herzgegend.
Nach dem Zwischenfall mit dem FBI war ihnen keine andere Wahl geblieben, als New York schleunigst zu verlassen. Er bezweifelte nicht, dass die Agenten oder der Parkwächter das Kennzeichen von Hannahs Wagen notiert und eine Suche veranlasst hatten. Inzwischen überwachte das FBI wahrscheinlich ihre Wohnung, und da er seine echte, wenn auch alte Dienstmarke benutzt hatte, hielten sie vermutlich auch nach ihm Ausschau.
Er öffnete die Tür und schaltete das Licht in dem Motelzimmer ein. Als Hannah ihm folgte, blickte er zur Uhr. „Drei Uhr morgens. Ich hätte nicht gedacht, dass es schon so spät ist.“ Er warf den Schlüssel auf eine Kommode.
Unterwegs hatten sie zweimal Rast gemacht. Beim ersten Mal hatte sie Elliott Blackstone angerufen und ihm mitgeteilt, wohin sie fuhren. Anschließend hatte er das Steuer übernommen, damit sie Bonny füttern und wickeln konnte. Für sie war es ein normales Unterfangen, doch er hatte den Blick nicht abwenden können. Sie besaß die Anlagen einer großartigen Mutter. Sie war geduldig und aufmerksam, wusste Bonny zum Lachen zu bringen und genau den richtigen Ernst in die Stimme zu legen für einen Tadel. Ohne Zweifel liebte sie ihre Tochter sehr.
Die zweite Rast hatten sie in Atlantic City eingelegt, bei dem Casino, das auf dem Streichholzheftchen aus Perskys Haus stand. Der Barkeeper hatte ihnen mitgeteilt – nachdem Chad ihn um zwanzig Dollar reicher gemacht hatte –, dass Rita Minelli in der Morgenschicht als Kellnerin arbeitete. Weitere Informationen waren ihm jedoch nicht zu entlocken gewesen. Daher waren sie verurteilt, bis zum nächsten Morgen zu warten.
Er schloss die Tür und die Gardinen des Fensters, das auf die Straße hinausging. „Welches willst du?“ „Wie bitte?“ Hannah wirbelte ein bisschen zu schnell zu ihm herum.
Er hielt sie fest, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor. Ihre Haut war erstaunlich warm unter seinen Fingern, ihre Muskeln waren angespannt. Er musterte fasziniert ihr Gesicht, beobachtete die Bewegung ihrer Zunge, mit der sie sich über die Lippen strich. Was hätte er nicht dafür gegeben, sie zu küssen!
War es unerträglich warm im Raum, oder kam es ihm nur so vor? Er räusperte sich. „Welches Bett willst du?“
Sie wandte sich hastig ab – zu seiner Enttäuschung. „Es ist mir egal.“ Sie musterte die beiden Betten und den schmalen Zwischenraum, der sie trennte. Dann bettete sie Bonny auf eines und legte Kissen zu beiden Seiten, bevor sie eine Flasche mit Saft aus der Windeltasche nahm und auf den Nachttisch stellte. „Ich gehe duschen“, verkündete
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