BIANCA SPEZIAL Band 03
stieß ihm ins Auge. Er stöhnte und ergriff ihre andere Hand. Bonny schien es sehr amüsant zu finden und stieß ein Kichern aus.
„Lass mich mal überlegen, womit ich dich ablenken kann, bevor du etwas tust, das dauerhafte Spuren hinterlässt.“
Doch vermutlich hatte sie längst unauslöschliche Spuren in seinem Herzen hinterlassen.
Hannah stand unter der kalten Dusche und wünschte, das Wasser könnte ebenso leicht ihre wirren Gefühle fortspülen, wie es ihre Haut reinigte. Was sollte sie nur tun?
Noch vor acht Stunden hatte sie geglaubt, Chad niemals wiederzusehen. Nun teilte sie ein Motelzimmer mit ihm. Sie presste die Lippen zusammen und steckte den Kopf unter den Wasserstrahl, um die erotischen Gedanken zu verscheuchen, die durch die Nähe erwachten.
Ihre damalige Beziehung zu Chad war sorglos und leger gewesen, bis ihr schließlich bewusst geworden war, dass sie das ganze Paket wollte – ein Happy End mit einem liebevollen Ehemann, ein Häuschen mit Jägerzaun, die statistischen 2,2 Kinder. Doch während sich ihre Prioritäten drastisch geändert hatten, waren Chads dieselben geblieben. Daher war die Trennung nicht zu vermeiden gewesen.
Zwei Wochen später hatte ihr der Arzt mitgeteilt, dass sie schwanger war. Sie hatte nicht gewusst, was sie tun sollte. Es allein handhaben oder es Chad sagen? Wenn er es erfuhr, würde er sie dann wegen des Babys heiraten oder ihr den Rücken zukehren? Keine der beiden Aussichten hatte ihr behagt.
Im sechsten Monat hatte sie entschieden, es ihm mitzuteilen. Sie hatte keine Illusion mehr gehegt, dass er zu ihr zurückkehren würde, sondern einfach nur befunden, dass er ein Recht hatte, von seiner bevorstehenden Vaterschaft zu wissen. Doch eine umfassende Suche nach ihm war ergebnislos geblieben. Er war praktisch wie vom Erdboden verschwunden. Nicht einmal sein Onkel Nash hatte seinen Aufenthaltsort gewusst.
Erst als Bonny zwei Monate alt gewesen war, hatte Hannah erfahren, dass Chad sich in Florida aufhielt. Ausgerechnet Jack Stokes hatte ihr diese Information besorgt. Zu jenem Zeitpunkt hatte sie ihren eigenen Weg eingeschlagen und befunden, dass sie Chad nichts schuldete.
Sie spülte sich die Seife von der Haut und erinnerte sich dabei an die Geburt ihrer Tochter. Bonny gab ihr, was sie seit dem Tod ihres Vaters vermisst hatte: bedingungslose Liebe und ein Gefühl der Zugehörigkeit. Ihre gesamte Lebenseinstellung hatte sich geändert.
Chads Stimme drang durch die Tür, gefolgt von Bonnys fröhlichem Krähen.
Eilig trocknete Hannah sich ab, zog sich an und öffnete die Tür. Er saß mit dem Rücken zu ihr, gab Bonny mit einer Hand die Saftflasche und hielt in der anderen eine Zeitung.
„Du willst noch eine Geschichte?“, fragte er, als Bonny heftig mit den Beinen strampelte. „Fordernd wie deine Mom, wie?“ Er drückte ihren Fuß. „Okay, sehen wir uns die hier mal an.“ Er drehte die Zeitung um und las: „Völlig überraschend schlugen die letztplatzierten Mets die an erster Stelle stehenden Braves …“
Hannahs Herz schwoll angesichts der Art, in der er die Sportnachricht wie ein Märchen klingen ließ. Wie oft war sie mitten in der Nacht aufgewacht, nachdem sie von einer solchen Szene geträumt und sich ersehnt hatte, dass Chad an ihrem Leben teilnahm?
Sie rief sich in Erinnerung, dass seine jetzige Anwesenheit nur vorübergehender Natur war. Dass er ihr letztendlich erneut wehtun würde, wenn er sich nach Beendigung der gemeinsamen Fahndung von ihr abwandte. Doch das beunruhigte sie nicht halb so sehr wie die Vorstellung, was sein Fortgehen Bonny antun würde.
Sie öffnete und schloss eine Schublade. Chad hörte auf zu lesen und sprang vom Bett auf. Bonny schrie, und Hannah eilte zu ihr und hielt die Saftflasche wieder hoch. Sie murmelte besänftigend, bis Bonny sich wieder beruhigte.
Hannah stand auf und fand sich beinahe in Chads Armen wieder, als sie sich umdrehte. Ihr Blick glitt zu seinem Gesicht. Der düstere Ausdruck in seinen Augen ließ sie erschauern. Er wirkte verwirrt, verärgert und rastlos – und bereit, sie zu küssen.
Sie wünschte, er würde es tun und damit jeglichen Gedanken vertreiben. Sie befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze. Er verfolgte die unbewusst aufreizende Geste mit verzückter Aufmerksamkeit – bevor er sich von ihr abwandte.
Enttäuscht schloss Hannah flüchtig die Augen. „Die Zeit läuft uns davon“, sagte sie leise.
Er faltete die Zeitung zusammen, die er noch immer in der Hand hielt. Dann
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