BIANCA SPEZIAL Band 03
gestürmt.“
„Danke, dass du mich daran erinnerst.“
„Es hat keinen Sinn, die ganze Nacht hier herumzustehen und zu warten. Der Typ wird nicht zurückkommen. Ich schlage vor, dass wir etwas schlafen. Wir werden es brauchen.“
Sie nickte und kroch vorsichtig neben Bonny unter die Decke. „Könntest du bitte das Licht ausmachen?“, flüsterte sie.
Er befolgte die Aufforderung. Dunkelheit senkte sich über den Raum. Die Straßenlaterne beleuchtete die Gardinen von außen. Unbeholfen zog Hannah sich aus und legte die Sachen in Reichweite neben das Bett. Sie starrte an die Decke, lauschte Chads Bewegungen, schloss dann die Augen. Wie sollte sie Schlaf finden, wenn ihr Herz pochte und sie jeden Muskel anspannen musste, um zu verhindern, dass sie zu ihm in das andere Bett stieg?
„Hannah?“, flüsterte er.
„Ja?“
„Sie – ich meine Bonny – sieht aus wie du.“
5. KAPITEL
Hannah beschattete sich die Augen gegen die grelle Sonne, die über dem endlos grauen Atlantik aufging. Während sie Chad den Gehweg zum Casino folgte, setzte sie sich Bonny etwas höher auf die Hüfte und erntete dafür ein zorniges Murren.
Um Viertel nach fünf war Bonny aufgewacht und hatte das Hotelzimmer mit untröstlichem Gewimmer erfüllt. Sie hatte sich geweigert, ihren Haferbrei zu essen und auch die Pfirsiche, die sonst ihr Lieblingsgericht darstellten.
Chad war rastlos umhergewandert und hatte sie mit den unterschiedlichsten Blicken bedacht, von Verwirrung über Hilflosigkeit zu Unbehagen. Schließlich hatte er etwas Unverständliches gemurmelt, den Raum verlassen und Hannah mit dem schreienden Baby sich selbst überlassen.
Sie drückte Bonny einen Kuss auf die Stirn. „Du kriegst wieder einen Zahn, stimmt’s, Bonbon?“
Bonny antwortete mit heftigem Gejammer. Trotz der Hitze drückte Hannah sie ein wenig enger an sich. Auch ihr war nach Schreien zumute. Sie hätte den Schmerz des Zahnens bevorzugt, der bald wieder vergehen würde. Denn der Schmerz, den Chad ihr durch sein abweisendes Verhalten ihr und Bonny gegenüber zufügte, würde vermutlich länger anhalten.
„Bist du bereit?“, fragte er.
Hannah zögerte. Die Vorstellung, ihm ihre Tochter zu überlassen, behagte ihr nicht. Aber sie waren sich einig, dass sie besser geeignet war, um Informationen über Rita Minelli einzuholen. Eine Frau, die Fragen über eine andere Frau stellte, erregte weniger Verdacht und erhielt mehr Auskünfte als ein Mann, der für einen verschmähten Freund gehalten werden konnte.
Widerstrebend löste sie Bonnys Finger, die sich in ihre Haare gekrallt hatten. „Du musst sie gut festhalten. Sie entwickelt viel Kraft, wenn sie runter will. Und da sie gerade zahnt, kaut sie auf allem, was sie zu fassen kriegt.“
„Ich kenne mich im Umgang mit Babys aus, Hannah“, sagte er ruhig.
Sie fühlte sich töricht und taktlos. Wahrscheinlich ließ eine unbewusste Schutzmaßnahme sie geflissentlich übersehen, dass er nicht nur ein Kind, sondern auch eine Ehefrau besessen hatte. Eine Familie, die er geliebt und auf tragische Weise verloren hatte. Sie wollte nicht daran denken, dass er unfähig war, sie auf dieselbe Weise zu lieben, und es ihm widerstrebte, zu ihrer Tochter die gleiche Bindung wie zu seinem verstorbenen Sohn einzugehen.
Bereitwillig begab Bonny sich in seine Arme. Allzu bereitwillig. Ihre Stimmung hob sich beträchtlich, sobald er sie übernahm, auch wenn es noch so unbeholfen geschah.
„Ich werde nicht lange brauchen“, sagte sie stockend und unterdrückte den Drang, ihre Tochter mit sich zu nehmen.
Bonny versuchte, ihre Finger in seinen Mund zu stecken, und er umschloss sie sanft mit seiner Hand. „Lass dir ruhig Zeit.“
Hannah wandte sich hastig ab und eilte ins Casino. Sie beabsichtigte, die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich zu erledigen.
Chad wusste, dass es Hannah widerstrebte, das Baby bei ihm zu lassen, aber er wusste nicht, wen es mehr beunruhigte – sie oder ihn selbst.
Er überquerte die Straße, sank auf eine Parkbank unter einer alten Eiche und setzte sich Bonny unbeholfen auf den Schoß. Unwillkürlich fiel ihm der scharfe Kontrast zwischen seinem gebräunten, muskulösen Unterarm und ihren blassen, rundlichen Beinen auf. Einerseits wollte er einen Sicherheitsabstand zwischen sich und seiner Tochter wahren, doch andererseits spürte er das Bedürfnis, sie an sich zu ziehen, ihren süßen Babygeruch zu inhalieren, das Gewicht ihres winzigen, weichen Körpers in seinen Armen zu
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