BIANCA SPEZIAL Band 06
schimmerten.
Am Rande eines Waldes erholten sich Bobbi und Sin bei einem Picknick, ehe sie weiter gen Norden fuhren und die Grenze nach Oregon überquerten.
Zum Auftanken des Wagens machten sie in Grant’s Pass Halt. Dort nahmen sie auch das Dinner ein. Sin beobachtete Bobbi, während sie ihr dampfendes Stew verspeiste. Er hatte versucht, sie zu einer Forelle oder Huhn zu überreden, aber Bobbi wehrte ab. Sie meinte, wenn Sin erst einmal die Aufgabe übernommen hätte, die Lebensmittel einzukaufen, würde sie ohnehin nie mehr das bekommen, was sie gern aß.
Sie sah noch blass aus und sprach auch wenig, aber Sin führte das auf ihr Interesse an der Landschaft zurück. Er war froh, die Sache in die Hand genommen zu haben. Selbstverständlich wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, Bobbis Schwangerschaft zu ignorieren. Ihre Erwartung an ihn, sich nicht einzumischen, hatte ihn auch auf die Idee gebracht, ein Treuhandkonto für das Baby einzurichten.
Bobbi blickte zu ihm auf, während sie die letzte Gabel Stew mit dem letzten Stück Brot in den Mund schob. „Hast du noch nie jemanden mit Appetit essen sehen? Essen Frauen deiner Gesellschaftsschicht nicht …“ Sie hielt inne, als Sin sich bedrohlich aufzurichten begann.
„Lass es mich anders ausdrücken“, wandte sie rasch ein. „Falls du an schlanke Frauen gewöhnt bist, solltest du mich bitte sofort zurückbringen, denn in ein paar Wochen werde ich eine arge Enttäuschung für dich sein.“
„Ich mag Frauen, die leidenschaftlich und interessant sind“, entgegnete Sin und nahm seinen Kaffeebecher in die Hand. „Die Figur ist nicht so wichtig.“
„Gut zu wissen.“ Bobbi ließ geräuschvoll ihre Gabel auf den Teller fallen. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass ein Apfelstrudel nicht infrage kommt?“
„Du bringst dich noch um.“ Sin winkte der Kellnerin. „Aber morgen achtest du darauf, den geraden, schmalen Pfad einzuschlagen.“ Als sie ihn fragend anblickte, lächelte er. „Bildlich gesehen.“
Bobbi schlief bereits, bevor sie Eugene erreichten, eine Stadt, die noch hundert Meilen von ihrem Bestimmungsort entfernt war. Sin stellte Bobbis Sitz zurück, legte ihr die Decke über und streichelte ihr zärtlich über den Kopf. Dann kuschelte sie sich gemütlich in ihren Sitz, wie sie sich in der Nacht zuvor an seine Schulter geschmiegt hatte. Mich hat sie offensichtlich nicht gemeint, dachte er traurig. Sie brauchte nur einen Halt für ihren Kopf. Geschah ihm recht, wenn er glaubte, sie würde ihn brauchen, nur weil er sie begehrte …
Doch da glitt ihre Hand tastend über den Sitz, und als sie das Gesuchte nicht fand, seufzte sie leise. Schlafend hob sie den Arm.
Sin ergriff die Gelegenheit und nahm ihre Hand. Sogleich schlossen sich ihre Finger um seine, und sie glitt tiefer in den Schlaf. So, dachte Sin mit nicht geringer Genugtuung, sie braucht mich also doch. Aber gerade, als er sich dieser Freude hingeben wollte, kam er zu dem Schluss, dass die wichtigere Frage lauten musste: Begehrt sie mich?
Im Schlaf waren Bobbis Sinne noch wach genug, um eine Verlangsamung der Fahrgeschwindigkeit zu bemerken. Weiter wurde ihr bewusst, dass sie durch eine kühle, nach Pinien duftende Dunkelheit getragen wurde. „Sin?“, fragte sie, kaum beunruhigt.
„Ruhig“, sagte Sin. „Ich setze dich gleich ab, und dann kannst du weiterschlafen.“
„Wo sind wir?“
Er blieb stehen und ließ Bobbi auf eine, wie sie meinte, weiche und kühle Matratze sinken. „Wir sind zu Hause“, antwortete er, löste ihre Schuhbänder und streifte die Schuhe ab.
Fürsorglich schwang er ihre Beine aufs Bett und legte ihr eine leichte Decke über.
Selbst im Halbschlaf war ihr bewusst, dass diese Antwort nicht der Wahrheit entsprach. Es war nicht ihr Zuhause. Sie rollte sich um ihr Baby zusammen, bemüht, es zu schützen. Von nun an ist das Baby mein Zuhause, tröstete sie sich, verwarf den Gedanken jedoch gleich wieder. Das war auch nicht die richtige Bezeichnung. Aber das Kissen unter ihrem Kopf fühlte sich so wundervoll weich an, die Decke so anheimelnd kuschelig, dass sich ihr Verstand weigerte, weitere Überlegungen anzustellen. Sanft entschwebte sie ins Land der Träume. Nur schwach nahm sie die zärtliche Hand wahr, die ihr über den Kopf strich und ihr das Gefühl der Geborgenheit schenkte.
Bobbi schlug die Augen auf. Ihr Blick fiel auf rohe Kiefernbalken und eine Deckenleuchte mit sechs tulpenförmigen Kristallschirmen. Wo war sie? Ein drittes Mal hatte sie das
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