BIANCA SPEZIAL Band 06
Zyklus des Gebens und Nehmens herauszuhalten, irgendwie bist du immer darin verfangen.“
Bobbi starrte Sin sekundenlang an, erstaunt, was für eine philosophische Wendung ihre einfache Feststellung genommen hatte.
Lächelnd nahm Sin einen Schluck von seinem Kaffee. „Zweitens: Du magst der Ansicht sein, in deiner Stellung als Single seist du im Besitz der Freiheit, aber ich denke, du ergibst dich eher einem Zustand des Sichtreibenlassens. Nach den Verletzungen durch eine Partnerschaft fürchtest du dich nun vor einer neuen Beziehung.“
Als Bobbi ihn noch immer erstaunt anstarrte, breitete sich sein Lächeln übers ganze Gesicht aus. „Aber sprich nur weiter.“
„Ich hoffe“, sagte sie, teils fasziniert, teils ungehalten, „du erforschst deine eigene Psyche ebenso gründlich wie meine.“
„Wie wäre ich wohl sonst zu dieser Überzeugung gekommen? Wir haben beide eine Menge gleicher Komplexe und ähneln uns mehr, als dir klar ist. Aber fahre nur fort. Du bist ein freier Mensch. Was weiter?“
„Ich wollte damit folgendes sagen: Dass ich es zuließ, mich hierherzubringen, ist nur darauf zurückzuführen, dass ich während der Fahrt nichts dagegen zu unternehmen vermochte. Hier ist die Situation anders.“
„Wie das?“
„Da ist das Telefon.“ Bobbi bemühte sich, in ruhigem Ton zu sprechen, während sie auf das antike Gerät an der Wand deutete. „Du kannst mich nicht ständig im Auge behalten. In Null Komma nichts könnte ich die Polizei herbeordern …“ Sie zögerte, unsicher, wie weit sie eigentlich von der nächsten Stadt entfernt war. „Und ebenso schnell wärest du hinter Gittern.“
Wieder wartete sie auf seine Zustimmung. Als auch diesmal keine kam, holte sie tief Luft. „Du bist anderer Meinung?“
„Es gibt wiederum zwei Einwände. Zunächst ermöglichten mir deine Vermieterin und dein Angestellter bereitwillig, dich herzubringen, und deine beste Freundin Gina Gallagher ist gewillt, jedem Neugierigen zu erzählen, du seist freiwillig mitgekommen. Ich telefonierte heute Morgen mit ihr. Übrigens lässt sie dich herzlichst grüßen.“
Einen Moment verschlug es Bobbi die Sprache. Schließlich erinnerte sie ihn. „Und der zweite Einwand?“
„Richtig. Das Telefon besitzt keinen Anschluss. Wenn du telefonieren willst, benutze bitte den Apparat im Wohnzimmer oder oben in meinem Büro. Außerdem gibt es ein schnurloses in deiner Werkstatt.“
Es dauerte eine Weile, ehe Bobbi begriff. „Meine was?“
„Deine Werkstatt. Möchtest du sie sehen?“
„Nein, ich möchte sie nicht sehen.“ Bobbi verlor beinahe die Selbstbeherrschung. Mit einer Heftigkeit schob sie den Stuhl zurück, dass es ihr um den Fußboden leidtat. Doch das Geräusch bereitete ihr Genugtuung. „Was ich sehen will, ist ein Beweis, dass du nicht die nächsten fünf Monate damit verbringen wirst, mir meine Diät und jede meiner Bewegungen vorzuschreiben. Ich bin die Mutter unseres Kindes. Dir gegenüber empfinde ich keinerlei Bindung oder Verpflichtung. Ist das klar?“
Sie beugte sich zu ihm, eine Hand auf dem Tisch, die andere auf seiner Stuhllehne. Ihre Nasen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Jetzt habe ich ihn, dachte sie, aber in diesem Moment streckte Sin seine Hand aus, umfasste ihren Kopf und zog ihn die wenigen Zentimeter zu sich herab. Seine Lippen verschlossen ihr den Mund, sein Arm umschlang ihre Taille und brachte Bobbi aus dem Gleichgewicht. Schon saß sie auf seinem Schoß. Sin hielt sie in seinem Arm und küsste sie, bis sie alles um sich herum vergaß. Mit seinen zärtlichen Küssen überwand er geschickt ihre instinktiv abwehrende Haltung. Endlich öffnete sie den Mund, und seine forschende Zunge weckte ihre Sinne.
Einmal hob er jedoch den Kopf und sah ihr in die erstaunten Augen. „Glaubst du, du könntest dich daran erinnern, wie du dein Baby empfangen hast, und gleichzeitig davon überzeugt sein, dass uns nichts verbindet und wir keine Verantwortung füreinander haben? Du empfindest bereits etwas für mich, so wie ich für dich.“
Gefangen in seinen Armen, fühlte Bobbi jeden Nerv ihres Körpers vibrieren. „Du empfindest nur Schuldgefühle.“ Bobbi versuchte, nicht in seinen Armen zu zappeln, und blickte über seinen Kopf hinweg zur Terrassentür. „Und ich fühle mich … kuschelig.“ Das klang, als meinte sie etwas höchst Negatives.
Sin streichelte ihr zärtlich über den Arm. „Kuschelig?“ Er schien verwirrt.
Sie schob seine Hand weg. „Kuschelig!“,
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