Bibbeleskaes
brauchten.
Martha sprühte an diesem Morgen vor Energie und strahlte die unverschämt gute Laune eines aufgekratzten Teenagers aus. Ich dagegen dachte an den Jörger-Metzger, der mit seinem Kühlwagen bereits auf dem Weg ins Elsass war. Gestern Abend hatte ich mit ihm die Töpfe mit Rinderbrühe, die Schäufele, MarkklöÃle und Flädle und all die anderen Dinge, die wir zum Kochen brauchten, einer letzten Inspektion unterzogen. Super Zutaten, alles Eins-a-Qualität. Aber damit konnten die Elsässer mit Sicherheit auch aufwarten. »Vergiss deinen Ehrgeiz«, hatte Martha gemeint, »sâ geht doch nur um den Spaà an der Freud. Und wenn wir verlieren, dann wetzen die FuÃballer die Kerbe aus. Die gewinnen sowieso meistens.«
Dass wir gewinnen und die FuÃballer verlieren würden, sagte mir weder mein Bauch noch sonst was. Zudem trieb an diesem Morgen nicht eine dunkle Wolke über dem Rhein. Der glitzerte unter einem blitzblauen Sommerhimmel und floss gemächlich gen Norden, als wir ihn eine halbe Stunde später auf der neuen Pierre-Pflimlin-Brücke bei Altenheim überquerten.
Dabei wäre an diesem Morgen eine dunkle Wolke das Mindeste gewesen. Als sichtbarer Vorbote des Unheils, das uns auf der anderen Seite des Flusses, jenseits von Kochen und FuÃballspielen, erwartete.
ZWEI
So also setzte der Bus die Reise durch die französische Rheinebene unbekümmert fort. Die Musiker nutzten die Fahrt, um ihre Instrumente auszupacken und sich warm zu spielen. Sie stimmten einen fröhlichen Walzer an, Martha summte die Melodie mit und tätschelte mütterlich meinen Oberschenkel.
»Das wird dir gefallen.« Sie unterbrach für einen Moment ihr Summen. »AuÃerdem bist du schon so lange nicht mehr in Scherwiller gewesen.«
Martha hatte mich für dieses badisch-elsässische Wettkochen weichgeklopft. Dabei, das musste ich meiner Mutter lassen, war sie äuÃerst geschickt vorgegangen. Ein Anruf vor ein paar Wochen just zu dem Zeitpunkt, als der Ecki-Trennungsschmerz besonders heftig an mir nagte, weil nichts mehr aus den Ferien in der Wachau und aus all den anderen gemeinsamen Plänen wurde. Ein Geschenk wolle sie mir machen, jetzt, wo ich wieder Single sei, kündigte sie ohne Vorrede an. Gaston Deville, der beste Patissier Frankreichs, biete einen Dessert-Kurs für Profi-Köche in StraÃburg an, den spendiere sie mir. »Wohnen tust du bei uns, ist ja nur ein Katzensprung nach StraÃburg, und das Wettkochen in Scherwiller erledigen wir dann ganz nebenbei.«
Ich hatte zugesagt. Wegen dem Ecki-Schmerz, der Wachau-Lücke und Deville. Das Wettkochen hatte ich glatt vergessen, bis Martha es mir vor einigen Tagen in allen Einzelheiten aufs Butterbrot schmierte. Austragungsort: Salle polyvalente Scherwiller, eine Schulküche, zwei Kochmannschaften, drei Gänge, dreihundert Portionen, vier Stunden Vorlauf. Das badische Menü: MarkklöÃchensuppe mit Flädle, Schäufele mit Meerrettichcreme und Kartoffelsalat, zum Nachtisch Schwarzwälder Kirschtorte. Das passte zum elsässischen Pendant: Pâté en croûte , Coq au Riesling , Tarte aux myrtilles . Aber sonst passte wenig: eine mir unbekannte Küche, auÃer Martha und mir kein Profi in der Küchencrew. Martha, mit der ich noch nie gemeinsam kochen konnte, als Küchenchefin. Das musste schiefgehen.
Vor zwei Tagen hatte Martha die Küchencrew zusammengetrommelt, um das Essen vorzubereiten. Obwohl ich Felix seit einer Ewigkeit nicht gesehen hatte, wusste ich nach einem Blick in seine Hundeaugen sofort, wer vor mir stand. MAOAM kaute er heute nicht mehr, stattdessen zeigte er sich als begeisterter Hobbykoch. Teure Messer, eigene Kochjacke, Abonnent von Beef . So der Typ Koch. Ich vermutete, dass er bestimmt ein ordentliches Steak braten und dabei die Küche gründlich in Unordnung bringen konnte, aber sonst?
Beef schätzte auch Pascal Eckerle, der zweite Mann unserer Truppe. GroÃ, ein wenig schwerfällig, auch in der Küche in robuster Outdoor-Kleidung, eher der bärige, fleischfressende Typ. Der zerteilte einen Ochsen oder stand am Grill seinen Mann, beides Eigenschaften, mit denen er bei unserem Kochduell nicht unbedingt punkten konnte. Erna Burger und Hedwig Lang, die eine dürr, die andere rund, zwei gestandene Landfrauen, komplettierten unsere Brigade. Die konnten schuften und wurden unter Druck nicht nervös. Aber Erna war eine
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