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Bibel der Toten

Bibel der Toten

Titel: Bibel der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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amerikanische Journalist, der die Texte für ihren Bildband schrieb. Der fünfundvierzig Jahre alte abgebrühte, sarkastische, rothaarige New Yorker musste nicht mit einer Milliarde Handykamera-Fotografen konkurrieren. Ty war ein richtiger Journalist, ein Korrespondent, und bisher hatte noch niemand eine Software entwickelt, die einen brauchbaren Auslandsbericht schreiben konnte. Noch nicht.
    »Na, Jake?« Ty grinste. »Alles im Kasten?«
    »Klar. Spektakulär neuer Blick auf Vang Vieng.«
    »Lass mich raten. Sonnenuntergang über den Karstbergen?«
    Jake bekannte sich zu dem Klischee. Ty grinste und hob sein Glas mit süffigem laotischem Bier. Jake nahm ebenfalls einen Schluck und ergab sich dem wohlig entspannenden Prickeln. Das Bier hier war wirklich gut. Das war eins der verblüffenden Dinge an Laos: Im Foreign Correspondents’ Club in Phnom Penh hatte Jake gehört, dass Laos selbst für kambodschanische Verhältnisse rückständig und arm sei, was es tatsächlich war. Aber es war von einer wunderbar unangestrengten Schönheit, und das Bier war hervorragend.
    Tyrone beugte sich vor.
    »Übrigens, es gibt sogar so was wie eine Neuigkeit.«
    »Sag bloß!«
    »Chemda ist hier.«
    Ein Kellner kam zu ihnen. Tyrone drehte sich zu ihm, bestellte beiläufig zwei weitere Bier und drückte dem Jungen ein paar Dollar in die Hand. Der Junge nickte, versuchte, seinen Dank für das großzügige Trinkgeld zum Ausdruck zu bringen, errötete und lächelte schließlich.
    Der englische Fotograf sah den laotischen Kellner nachdenklich an. Vor drei Jahren war er wahrscheinlich noch ein barfüßiger kleiner Junge gewesen, der in einer Hütte in den Bergen gewohnt hatte und nicht einmal Lao konnte, und jetzt bediente er abgebrühte amerikanische Journalisten, dreadlockige junge Französinnen und bierselige Londoner Collegeboys, die mit Lippenstift »Girls Are Gay« auf ihre sonnenverbrannten Rücken geschrieben hatten, und verdiente damit in einer Woche mehr als sein Vater in einem ganzen Jahr – und zerstörte auch noch gleich seine Kultur mit.
    Es war zum Heulen. Und vielleicht machte Jake das Ganze sogar noch schlimmer, wenn er Fotos machte, die immer mehr Menschen anlockten, die verdarben, was vorher unverdorben gewesen war. Und vielleicht, dachte er, sollte er einfach mal aufhören, sich über den Lauf der Welt ständig den Kopf zu zerbrechen.
    Seine Gedanken sprangen wieder in die Gegenwart zurück; er kannte den Namen. Chemda. Chemda Tek. Eine bildschöne Kambodschanerin aus Phnom Penh. Sprach perfekt Englisch. Hatte in Amerika studiert. War jetzt als Anwältin oder so für eine nichtstaatliche Organisation tätig. Für die Vereinten Nationen vielleicht? Für das Tribunal am Flughafen von Phnom Penh. Er hatte sie im Foreign Correspondents’ Club kennengelernt.
    »Chemda Tek. Was macht die denn hier?«
    »Genau genommen heißt sie Tek Chemda. Wie die Chinesen stellen die Khmer ihren Namen andersrum. Erst der Familienname, dann der Vorname. Aber sie ist amerikanisiert, deshalb ja, Chemda Tek.«
    Jake sagte nichts.
    Ty fuhr fort: »Du kannst dich also an sie erinnern. Ziemlich hübsch, stimmt’s?«
    Jake zuckte mit den Achseln.
    »Ist mir nicht aufgefallen.«
    »Klar … wie auch?«
    »Nein. Wirklich. Dass sie aussieht wie eine der tanzenden Apsaras von Angkor Thom, habe ich total vergessen. Cheers.
    « Sie stießen schmunzelnd an.
    Tyrone sagte: »Sie ist im Krankenhaus.«
    Bei dem Wort Krankenhaus ging irgendwo tief in Jakes Innerem eine Alarmglocke los.
    »Irgendwas Ernstes?«
    »Nein, nein, ihr selbst fehlt nichts. Aber das Drumherum ist schon etwas komisch.«
    »Inwiefern?«
    »Sie ist mit zwei kambodschanischen Professoren hier.«
    »Hier in Laos?« Das konnte sich Jake nicht erklären. »Hatte sie nicht irgendwas mit der Aufarbeitung der Gräuel der Roten Khmer zu tun? Du weißt schon, im Zug der allgemeinen Versöhnungsbemühungen. In PP.«
    »Ja, hatte sie.« mit einer fahrigen Handbewegung einen Rülpser unterdrückend, blickte Ty auf die Straße hinaus. Von einem Laternenpfahl aus Beton hing schlaff eine Hammerund-Sichel-Fahne; in der tropischen Dschungeldunkelheit sah das kommunistische Rot dunkelgrau aus.
    Jake ließ nicht locker; er wollte mehr wissen. Tyrone erzählte ihm bereitwillig, dass er Chemda in der Nähe des Krankenhauses auf der Straße getroffen hatte. Sie war mit zwei kambodschanischen Professoren nach Laos gekommen, um in der Ebene der Tonkrüge Nachforschungen anzustellen. Die zwei alten Herren

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