Big Bad City
Jackentasche. Es beult sie aus, als sei dort plötzlich ein Tumor gewachsen. Er macht seinen Reißverschluß auf. Und hält plötzlich seinen Schwanz in der Hand.
»Komm schon, Charlie, steck das wieder weg«, sagt Katie.
»Was soll ich wegstecken, Kleine?« sagte Charlie. »Das Geld oder meinen Pimmel?«
»Nun hör schon auf, Charlie.«
»Soll ich das Geld wieder in den Safe stecken? Oder soll ich Sally meinen Pimmel in den Mund stecken?«
»Nun hör schon auf, Charlie.«
»Was denn nun?« sagt Charlie. »Denn so wird’s laufen, Katie. Entweder der kleine Junge hier lutscht meinen Schwanz, oder ihr kriegt kein Geld.«
Sal weiß nicht, wie er darauf reagieren soll. Er ist ein Junge aus der Stadt, der mit den Knalltüten aus der Wildnis keine Erfahrung hat. Er spielt kurz mit dem Gedanken, rauszulaufen und die anderen zu holen, alle für einen und einer für alle und so weiter. Aber Charlie hat jetzt sein Kinn in eine Hand genommen, drückt fest zu und bedrängt ihn mit der störrischen Entschlossenheit eines Betrunkenen, wedelt jetzt mit seinem steifen purpurnen Schwanz vor seinem Gesicht, wie er gerade eben mit den Geldscheinen gewedelt hat. Als Junge aus der Großstadt und Feigling, der er ist, sitzt er wie erstarrt in Charlies Griff da und kann sich nicht bewegen.
Und Katie sagt noch einmal »Nun hör schon auf, Charlie!« und schlägt ihm von hinten mit der Bierflasche, die er auf den Safe gestellt hat, auf den Kopf. Bier sprüht als feine Gischt durch den Raum, als sie die Flasche schwingt. Der Mann taumelt, ist aber nicht ernsthaft verletzt, Katies Schlag war ziemlich wirkungslos. Aber Sal springt sofort auf, stößt Charlie gegen die Brust, stößt den fetten, betrunkenen Trottel durch die offene Glastür auf die Veranda hinaus, dann stößt er ein letztes Mal nach ihm, knallt ihm die gespreizten Finger der rechten Hand gegen die Brust, ein Zischen kommt über seine Lippen, als er ihn über das Geländer stößt. Es klatscht, als er auf das Wasser prallt, und dann ertönen augenblicklich schreckliche knüppelnde Geräusche, die ihnen verraten, daß die Alligatoren ihn erwischt haben, noch bevor er wieder aufgetaucht ist.
Sal atmet sehr schwer. Er hat gerade einen Menschen getötet.
»Das Geld«, sagt er.
»Du hast ihn umgebracht«, sagt Katie.
»Das Geld. Es war in seiner Tasche.«
»Vergiß das Geld.«
»Weißt du die Kombination noch?«
»Bei der Jungfrau Maria, du hast ihn umgebracht!«
»Die Kombination. Erinnerst du dich an sie?«
Vom Fluß unter ihnen dringt eine entsetzliche Stille zu ihnen empor.
Drei nach rechts, auf die Zwanzig, zwei nach links, an der Zwanzig vorbei, auf die Sieben. Eins nach rechts, auf die Vierunddreißig.
Katie spricht die Ziffern laut aus, während er die Scheibe langsam nach rechts dreht, dann nach links, dann wieder nach rechts. Er zieht die Tür auf. Von dem Geldbündel im Safe zählt er die Summe ab, die ihnen zusteht, legt den Rest wieder in den Safe zurück, schließt die Tür und dreht an der Scheibe, um sie wieder zu verschließen. Katie sieht zu, wie er die Scheibe und den Griff abwischt. Sie tritt von einem Fuß auf den anderen, wie ein kleines Mädchen, das dringend pinkeln muß. Er wischt auch die Bierflasche ab und stellt sie dann wieder auf den Safe, wo Charlie sie zuvor hingestellt hat. Er sieht sich ein letztes Mal um, und dann verlassen sie das Büro.
Im Wagen sagt Sal: »Ich hab die Knete, fahren wir.« Und Katie zieht das T-Shirt von ihrem Körper weg, damit die kühle Luft aus der Klimaanlage an ihre Haut gelangen kann.
Sie hatten Angst, er würde dichtmachen. Sie hatten ihm seine Rechte vorgelesen und ihn mit aufs Revier genommen, und nun befürchteten sie, er würde kein Wort mehr sagen. Er war noch immer in Tränen aufgelöst. Sie wollten nicht, daß er völlig zusammenbrach, und so waren sie übereingekommen, es Carella allein versuchen zu lassen. Auf diese Weise wirkte es nicht so bedrohlich. Sie waren jetzt im Verhörraum. Die anderen Detectives standen hinter der einseitig verspiegelten Scheibe im Raum nebenan, sahen und hörten zu und wagten kaum zu atmen. Carella schaltete die Videokamera ein und las Roselli erneut seine Rechte vor.
Manchmal machten sie dicht, wenn sie die Miranda-Aufzählung zum zweiten Mal hörten. Danach kam ihnen alles unwiderruflich vor. Sie dachten dann: He, vielleicht solltest du wirklich einen Anwalt verlangen. Bei Profis war das keine Frage. Die verlangten immer sofort einen Anwalt. Amateure wie
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