Big U
beruhigten sich und nahmen ihren Mut zusammen.
Vollständig bekleidet, ausgerüstet und mit ausreichend Munition versorgt schlugen sie am Nachmittag mein Panoramafenster ein und seilten sich ein paar Meter auf die Teerstadt ab. Vorläufig hielten sie ihre Waffen versteckt. Über die Dächer konnten sie rasch größere Strecken zurücklegen und die überfüllten Flure meiden. Nachdem sie rund siebzig Meter zurückgelegt hatten und einige Male von den Bombenwerfern oben knapp verfehlt worden waren, kamen sie zu einem der großen Löcher im Dach und ließen sich in die Lagerräume der Küche hinab. Sie schlichen, schlüpften in die schmalen Zwischenräume zwischen den Kisten und vermieden so, daß sie entdeckt wurden. Sie folgten Hyacinth und krochen auf den Bäuchen am Regal entlang zur nächsten Tür. Wie sich herausstellte, wurde diese von einem GASE-Soldaten bewacht, der die Tür im Auge behielt, während ein Dutzend TUGler systematisch Kisten mit Lebensmitteln aufrissen und untersuchten. Hyacinth ließ dem Wächter eine Zentnerpackung pasteurisierten Sojabohnenerdnußbutterersatz auf den Kopf fallen, dann sprangen sie auf den Boden und rissen dabei mehr Kisten mit sich, um Verfolger zu behindern. Als sie in die Küche rannten, wurden sie von weiteren fröhlich johlenden TUGlern empfangen. Glücklicherweise war die Küche riesig, voll von Ausrüstung und Trennwänden und heruntergefallenen Trümmern und Dampfwolken und Biegungen und Abzweigungen; nach etwas ziellosem Herumirren kamen sie zu einem gigantischen Bottich voll Tetrazzini mit leckerer Käsesoße, zwängten sich daran vorbei zur Tür hinaus und betraten einen wenig benutzten Personalflur, wo sich die Verwundeten und Verängstigten zusammenkauerten. Vier der Letzteren, gleichfalls Frauen, die sahen, daß diese drei bewaffnet und nicht so verängstigt wie sie selbst waren, schlossen sich ihnen an. Die Sieben schlichen auf den Hauptflur und machten sich auf den Weg zum Frauenzentrum.
Das lag im Block der Studentengewerkschaft in einem Bereich, der nicht so erbittert umkämpft wurde wie die Mensa oder die Türme. Hyacinth verwundete zwei Droogs auf dem Weg dorthin und lud nach. Schließlich kamen sie in einen langen Flur, wo die Büros mehrerer studentischer Aktivistengruppen lagen und es nach dem chaotischen Trip erstaunlich dunkel und still war. Hier wurden sie langsamer und entspannten sich und gingen schließlich im Gänsemarsch den Flur entlang.
Bald schon konnten sie Weihrauch riechen und hörten fernen Gesang und Glöckchenläuten. Sie gingen langsam voran und verweilten vor jeder Tür: der Outing-Club; die Fördergruppe für Yoga, Solarenergie und multiple Orgasmen; der nichtgesellschaftliche Zusammenschluß herrschaftsfrei organisierter libertärer Individuen; Laßt uns die Tiere verstehen, nicht quälen; die Herrentoilette; die Punk-Bruderschaft Zappa Krappa Claw; die Folklore-Makramee-Knüpfer. Als sie sich dem Frauenzentrum näherten wurden die süßlichen Düfte stärker, der Sopran-Alt-Gesang lauter.
»Sieht so aus, als wären die Anbeterinnen der Göttin zuerst hier gewesen«, sagte Sarah. »Ich denke aber, damit kann ich leben, wenn sie mit einer leben können, die sich die Achselhöhlen rasiert.« Sie und Lucy und Hyacinth versteckten ihre Waffen wieder, da sie nicht aufdringlich wirken wollten. Hyacinth klopfte. Es folgte Stille, dann war die Stimme von Yllas Freedperson zu hören, dann ein neuerlicher Gesang.
»Ihr kennt das wahre Klopfen nicht«, sagte Yllas.
»Aber wir sind Frauen, und dies ist das Frauenzentrum.«
»Nicht alle Frauen dürfen das Frauenzentrum betreten.«
»Oh.«
»Manche haben mehr als nur Weiblichkeit in sich. Aber hier darf nichts Männliches geduldet werden, denn dieser Ort ist der Göttin geweiht.«
»Wem?«
»Astarte, der Göttin. Athene. Maria. Vesta. Der Göttin mit den vielen Namen.«
»Hast du in letzter Zeit häufig mit ihr gesprochen?« fragte Hyacinth.
»Seit ich ihr letzte Woche beim Äquinoktium das Blut meines Schoßes opferte, stehe ich ununterbrochen in Kontakt mir ihr.«
»Paß auf«, sagte Hyacinth, »wir sind nicht gekommen, um Dungeons und Dragons zu spielen, wir sind unserer Sicherheit wegen hier, okay?«
»Dann müßt ihr euch im Angesicht der Göttin reinigen«, sagte Yllas und machte die Tür auf. Sie und die zwei Dutzend anderen in dem Zentrum waren alle nackt. Alle Trennwände, mit denen das Zentrum bislang unterteilt gewesen war, hatte man umgestoßen, so daß ein einziger
Weitere Kostenlose Bücher