Big U
zu gehen, sondern um sie zu retten. Damit er eine Dankesschuld aufhäufte, die weder ausgelöscht noch vergessen werden konnte. Dann müßte sie ihn lieben, richtig? Diese seine unmögliche heimliche Hoffnung vernebelte ihm die Gedanken so sehr, machte sie so kompliziert, daß er längst nicht mehr wußte, weshalb er überhaupt etwas machte; er hatte nie zu denen gehört, die ihre Träume analysierten. Aber jetzt war sie in Sicherheit. Er hatte sein Ziel erreicht. Und wenn sie es allein geschafft und ihn gar nicht gesehen hatte, dann war das seine eigene Schuld. Sie war jetzt in Sicherheit und er mußte glücklich sein, ob er wollte oder nicht.
Am wichtigsten aber war, er hatte den Beweis gesehen, den er so lange gesucht hatte, den unwiderlegbaren Beweis dafür, daß sie sich niemals in ihn verlieben würde. Seine ganzen wilden Phantasien waren jetzt unmöglich. Er konnte sich seine vergebliche Schwärmerei austreiben. Er konnte sich entspannen. Es war herrlich.
Die Terroristen schossen das Schloß auf, stürmten herein und packten ihn an den Armen. Auf dem Flur warfen sie ihn auf den Boden, wo sich ein Terrorist breitbeinig über ihn kniete, während sich andere auf seine Arme und Beine setzten. Dann sahen sie ihn alle dumpf, hilflos und unentschlossen an.
»Schlagen wir ihm die Zähne ein«, sagte eine Stimme hinter Casimir. Der Mann auf seiner Brust bekam einen Hammer. Jemand hielt Casimir an den Haaren fest. Ohne die Gletscherbrille konnte Casimir deutlich und glasklar sehen; der Kopf des Hammers wirkte kalt und leuchtend im weißen Licht, auf der Schlagseite von feinen Kratzern durchzogen, die rote Farbe durch den häufigen Gebrauch abgeblättert. Der Terrorist blickte Casimir prüfend ins Gesicht, als könne er den Mund nicht finden, er schien weder aufgeregt noch ängstlich zu sein, sondern sich nur merkwürdig resigniert mit dem abzufinden, was er vorhatte, und im Frieden mit sich selbst.
Das habe ich jetzt davon, dachte Casimir, weil ich aus den falschen Gründen heldenhaft gewesen bin. Er konnte den Blick nicht von dem Hammer abwenden. Er begann sich zu sträuben. Seine Häscher drückten ihn fester zu Boden. Der Folterknecht holte aus, aber Casimir drehte ruckartig den Kopf zur Seite, und der Hammer glitt an seiner Wange hinab und quetschte eine Falte der Haut am Hals auf dem Boden.
Dann verspürte er ein leichtes Kribbeln und richtete sich auf. Der Hammerschwinger glitt rückwärts zu Boden. Casimirs Hände waren frei, und er boxte dem Mann in die Eier, dann zog er sein Bein heraus und stand auf. Was immer er auch berührte fuhr zurück und blutete. Jemand kam mit einer Schrotflinte, daher ging Casimir wieder in Sarahs Zimmer und verriegelte die Tür mit ihrem Sicherheitsschloß.
Er zertrümmerte den Rahmen auf ihrem Schreibtisch, nahm einen Schnappschuß von Sarah und Hyacinth heraus, wickelte es in Kleenex und steckte es in die Tasche. Die einzige potentielle Waffe war ein Florett, also nahm er das. Er warf ein Regal aus Ziegelsteinen und Brettern um, benutzte einen Ziegelstein als Hammer, einen als Amboß und brach die letzten zwei Zentimeter der Klinge ab, so daß eine scharfkantige Bruchstelle entstand.
Als er die Tür wieder öffnete, mußte er nur den Lauf der Schrotflinte wegstoßen und dem Schützen sein Florett durch die Lunge bohren. Die Waffe wurde losgelassen, er packte sie mit der freien Hand und warf sie rückwärts zum Fenster hinaus, wo sie von dem Kadaver abprallte und auf Teer City fiel. In dem anschließenden Nahkampf schlug Casimir mehrere Terroristen mit der Glocke des Floretts oder schlitzte sie mit der Klinge auf, und dann waren sie plötzlich alle verschwunden, und er ging die Treppe hinunter.
Sein Ziel war ein Raum in einem entlegenen Flur tief unter dem A-Turm: der Schlüsselraum der Universität. Das war der am stärksten befestigte Raum im gesamten Plex: ein einziger Einbruch bedeutete, daß Tausende Schlösser ausgewechselt werden mußten. Er hatte nur ein Fenster nach draußen, das mit dicken Stahlstangen vergittert war; die Tür bestand aus Edelstahl und war mit dem besten Schloß gesichert, das die Technologie hervorbringen konnte. Als Casimir sich ihm näherte, stellte er fest, daß die umliegenden Flure menschenleer waren. Er ging davon aus, daß das System der Sicherungen nach wie vor funktionierte. Aber die Ereignisse des Tages hatten eine Art von wahnsinniger, animalischer List in Casimirs Gehirn freigesetzt, die sich nach Jahren geschickten Vermeidens von
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