Big U
sie (wie Sarah und Casimir und Ephraim und ich) gekommen waren, um die Vorlesung zu hören, oder (wie Yllas Freedperson), um zu se-hen, wie das Stalinistische Untergrund-Bataillon S. S. Krupp eine Bananencremetorte ins Gesicht warf.
Ich war gekommen, weil Krupp mich faszinierte und die Möglichkeiten, eine seiner Vorlesungen zu hören, selten waren. Sarah war, denke ich, aus ähnlichen Gründen hier. Ephraim studierte Philosophie, und Casimir kam, weil man so etwas an einer Universität nun mal machte. Was die SUBler anbetraf, die wurden langsam nervös. Was, zum Teufel, stimmte mit dem Plan nicht, Mann? schienen sie zu fragen, sahen einander ernst an und schüttelten die Köpfe. Die ersten Phasen waren gutgegangen. Agentin 1 hatte sich zum linken Bühneneingang begeben, zwanzig Schritte seitlich von Krupp, hatte die Tür geöffnet und festgeklemmt und dann mit übertriebenem Habitus eine Zigarette geraucht und den Rauch zur Tür hinaus geblasen. Der Art, wie sie da posierte, konnte man entnehmen, daß sie schwere Probleme mit der Realität hatte, denn sie tat auf eine derart übertrieben melodramatische Weise unauffällig, daß niemand übersehen konnte, daß sie eine Guerilla-Pantomimin oder eine Psychopathin war oder sich einfach mehr Pillen reingefegt hatte, als für ihren großen, runden Schädel mit dem zerzausten Haar und dem darum gewundenen Kopftuch gut war. Seltsam war auch, daß sie sich so um die Lungen ihrer Mitmenschen sorgte, da ihre Freunde laute, sarkastische Geräusche von sich gaben und ablenkende Gesten machten, doch leider waren S. S. Krupps Begleiter nicht imstande, den Unterschied zwischen einer Irren und einer Irren mit einem Plan zu erkennen, daher dachten sie sich nichts dabei, als die junge Frau zu ihrem Sitz zurückkehrte und vergaß, die Tür wieder zu schließen.
Zehn Minuten später war Agent 2 gerade rechtzeitig zu spät gekommen, trat durch den rechten Bühneneingang ein und ließ ihn natürlich offen. Er bewegte sich verstohlen, wie eine einsachtzig große Maus mit Thaliumphenoxidvergiftung, und drehte unablässig den Kopf, als würde er nach rechten Todesschwadronen oder Heckenschützen der CIA suchen.
Aber Agent 3 kam nicht mit der Bananencremetorte. Wo blieb er? Alle wußten von Krupps Verbindungen zur CIA, daher schien es durchaus möglich – nicht lachen, die CIA ist überall, man nehme nur das Beispiel Iran –, daß er von faschistischen Handlangern gefangengenommen und gefoltert und mit einem alten Motorblock an den Füßen in einen Fluß geworfen worden war. Vielleicht warteten die Todesschwadronen jetzt schon in ihren eigenen Zimmern und feuerten ihre Uzis mit Schalldämpfern probehalber in Kartons voller Stalinistischer Flugblätter.
Faktisch jedoch hatte Agent 3, als er die Pläne für den Abend gemacht hatte, vollkommen vergessen, daß die Bananencremetorte, die er im Supermarkt kaufte, erst einmal auftauen mußte. Es hat wenig politische Relevanz, S. S. Krupp eine Scheibe hartgefrorener Creme ins Gesicht zu klatschen – wichtig ist, daß sie in alle Richtungen spritzt –, daher stand er eine halbe Stunde in einer Toilette des Plex und hielt die Torte so unauffällig wie möglich unter einen Heißlufttrockner. Wenn er jemanden kommen hörte, ließ er davon ab, verbarg die Torte in seinem Rucksack und hielt die Hände ungezwungen unter den Heißluftstrom; daher war es ihm bisher nur gelungen, die oberen zwei Millimeter der Torte zu verflüssigen und den Schlagsahnering zu zerstören. Danach zog er sich zu einer Stelle unweit des Hörsaals zurück und stellte die Torte auf eine Heiß Wasserleitung. Die Vorlesung sollte noch ausreichend lange dauern, allerdings ist es schwer, so etwas abzuschätzen, wenn man stoned ist; Krupps Stimme dröhnte unablässig weiter und war so unverständlich wie Logik und Philosophie generell.
Agent 3 zuckte zusammen. Wie lange war er weggetreten gewesen? Es gab nur eine Möglichkeit, das festzustellen. Er bohrte den Finger in die Torte: immer noch etwas steif, aber nicht mehr steif genug, eine Nase zu brechen, und feucht genug, medienwirksam zu explodieren.
Es war soweit. Agent 3 zog die Skimaske über, schlich sich zur linken Bühnentür und wartete auf den richtigen Augenblick.
Scheiße! Einer von Krupps CIA-Leuten hatte ihn gesehen! Einer von diesen schnieken FrostiesFrühstücksflocken-Typen im dreiteiligen Anzug, die während der Vorlesungen Krupps Tonband bedienten. Keine Zeit mehr, zu warten; die Lähmgranate konnte jeden
Weitere Kostenlose Bücher