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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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widersprechen, aber es macht keinen großen Unterschied.«
    »Na ja«, sagte Sarah vorsichtig, »offensichtlich besitzen Sie die Macht. Ich bin sicher, Sie können jeden Standpunkt einnehmen und ihn auch beredt vertreten. Aber ich hoffe, Sie ziehen gewisse praktische Sachverhalte in Erwägung.« Sie wußte sofort, daß sie einen Fehler gemacht hatte, schob sich einen Keks in den Mund, sah zum Fenster hinaus und wartete.
    Krupp schnaubte leise, trank Tee, lehnte sich in seinem Sessel zurück und betrachtete Sarah mit skeptischer Heiterkeit. »Sarah, ausgerechnet von Ihnen hätte ich nicht erwartet, daß Sie so etwas mit mir versuchen. Woran liegt es nur, daß jeder Eloquenz so Unheil verheißend findet? Es scheint fast, als könnte man keinem trauen, der sich klar und verständlich ausdrückt – das ist das Gegenteil von dem, was vernünftige Menschen denken sollten. Diese Einstellung ist selbst unter dem Lehrkörper hier verbreitet, und ich verstehe sie einfach nicht. Ich kann nicht reden wie ein seit drei Tagen betrunkener mongoloider Schweinestecher, nur damit ich mich wie einer von den Jungs anhöre. Gott weiß, ich kann nicht jede Position unterstützen, nur die richtige Position. Wenn etwas nicht richtig ist, dann machen Worte es auch nicht richtig. Das ist der Wert einer klar verständlichen Sprache.«
    Das war das Problem mit Krupp. Er ging davon aus, daß jeder stets sagte, was er dachte. Bei ihm traf das zu, bei anderen dagegen selten. »Okay, tut mir leid«, sagte Sarah. »Ich stimme zu. Ich habe meine Position einfach nicht gut vorgetragen. Ich hoffe nur, Sie berücksichtigen auch die praktischen Aspekte des Problems, zum Beispiel die allgemeine Reaktion. Einige Leute behaupten, das sei ein blinder Fleck von Ihnen.« Es war einigermaßen kühn von Sarah, so etwas zu sagen, aber wenn sie versuchte, bei Krupp höflich um den heißen Brei herumzureden, würde er sie in Stücke reißen.
    »Sarah, es liegt auf der Hand, daß man die Reaktionen der Leute berücksichtigen muß. Das ist gesunder Menschenverstand. Nur sind grundlegende Prinzipien wichtiger als aktuelle politische Zwistigkeiten in einem Studentenausschuß. Ihnen kommen diese Monomanen und Zombies wichtiger vor, als sie sind, und eben deshalb können wir Ihnen keine finanzielle Befugnis erteilen. Aus meiner Warte sehe ich ein weitaus vollständigeres Bild davon, was wichtig ist und was nicht, und wenn etwas nicht wichtig ist, dann ein Wettbewerb im Herumbrüllen in jener Parodie einer demokratischen Institution, die wir nur deshalb einen Ausschuß nennen, weil wir an der Universität alle so idealistisch sind. Wichtig sind Prinzipien.«
    Plötzlich fühlte sich Sarah deprimiert; sie ließ sich erschlafft in ihren Sessel fallen. Eine Weile wurde geschwiegen – Krupp reagierte erstaunlich feinfühlig auf ihre Stimmung.
    »Der Studentenausschuß ist nur eine Farce, nicht wahr?« fragte sie und war über ihre eigene Verbitterung überrascht.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Er hat nichts mit der Realität zu tun. Wir treffen keine echten Entscheidungen. Es geht nur um eine imaginäre Verantwortung, über die wir diskutieren und die wir in unseren Resümees festhalten.«
    Krupp dachte darüber nach. »Gewissermaßen ist es wie auf einer Touristenranch. Wenn man seine Kälber verliert, ist jemand da, der sie für einen zusammentreibt. Andererseits kann man natürlich dennoch naß werden, wenn man hinter seinem Pferd steht. Herr im Himmel, Sarah, alles ist real. Es gibt keinen Unterschied zwischen der ›realen‹ Welt und dieser. Die Erfahrungen, die Sie machen, sind real. Aber es stimmt, die Bedeutung, die dem Studentenausschuß zugeschrieben wird, ist weitgehend imaginär.«
    »Und wo ist dann der Sinn?«
    »Der Sinn ist, daß wir hier sind, um über diesen Etat zu diskutieren, und wenn ich auf die Macken hinweise, sagen Sie mir, warum das keine Macken sind. Wenn Sie sie rechtfertigen können, dann haben Sie einen realen Einfluß auf den Etat.« Krupp breitete die Seiten des Etats auf dem Tisch aus, und Sarah sah beängstigende Mengen roter Tinte darauf. Sie hätte gern Casimirs Diagramme herausgezogen, hatte sie aber nicht bei sich und konnte auch nicht riskieren, daß Krupp sah, was sie gesehen hatte.
    »Ein Punkt ist mir besonders ins Auge gesprungen«, sagte Krupp eine halbe Stunde später, als Sarah fünf Streitgespräche verloren und eines gewonnen hatte, »und zwar das Geld für diese kleine Gruppe, Neutrino.
    Wie ich sehe, möchten sie sich einen

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