Big U
Massenbeschleuniger bauen.«
»Ja. Was ist dagegen einzuwenden?«
»Nun ja«, sagte Krupp geduldig, »ich habe nicht gesagt, daß dagegen etwas einzuwenden wäre – halten Sie sich bitte zurück, lassen Sie uns noch nicht auf Konfrontationskurs gehen. Sehen Sie, wir benutzen Etats für Aktivitäten nicht oft, um Forschungsprojekte zu finanzieren. Normalerweise bewerben sich diese Leute auf den üblichen Kanälen um die Mittel. Sie sollten bedenken, erste Schätzungen der Kosten eines solchen Projekts sind nicht selten deutlich zu tief angesetzt, besonders, wenn sie von jungen Burschen gemacht werden, die noch nicht den richtigen Überblick haben. Das Budget dafür wird ganz sicher überschritten werden, was bedeutet, am Ende haben wir entweder einen halb vollendeten Schrotthaufen oder eine Gruppe Neutrino, die bis zum Hals in roter Tinte steht. Mir kommt das Unterfangen überhastet und unüberlegt vor, daher empfehle ich, daß wir diesen Punkt komplett aus dem Etat streichen, lassen Sie die Leute, die dieses Projekt machen wollen, eine vollständige, von der Fakultät überwachte Studie durchführen und versuchen, Forschungsmittel dafür zu bekommen.«
Sarah seufzte, betrachtete das kleine Ornament am Griff der Teekanne und dachte darüber nach.
»Sagen Sie nichts«, sagte Krupp. »Es ist wieder mein blinder Fleck, stimmt’s?« Aber er hörte sich mehr erheitert als sarkastisch an.
»Es gibt einige gute Gründe, weshalb Sie diesen Punkt genehmigen sollten. Hauptfaktor ist der Mann, der das Projekt leitet. Ich kenne ihn, und er verfügt über große Erfahrung mit solchen Dingen in der Wirklichkeit. Ich weiß, Sie mögen diesen Ausdruck nicht, Rektor Krupp, aber es stimmt. Er ist brillant, kennt sich bestens mit der Praxis der Elektronik aus – er hatte ein eigenes Geschäft – und er hat sich ganz dem Erfolg dieses Projekts verschrieben.«
»Das ist ein guter Anfang. Aber ich zögere, Mittel an kleine Organisationen mit einem charismatischen, hochmotivierten Anführer zu geben, der eigene Lieblingsprojekte hat, denn das liefe auf ein persönliches Geschenk an diesen Anführer hinaus. Ein allgemeines Interesse an der bezuschußten Aktivität wäre geboten.«
»Das ist keine persönliche Vendetta. Die Pläne wurden größtenteils von Professor Sharon beigesteuert. Die Gruppe hat schon einige der elektronischen Komponenten mit ihrem eigenen Geld finanziert.«
»Professor Sharon. Was war das doch für eine abscheuliche Geschichte.« Krupp sah lange Zeit ins Licht. »Das war eine Ladung Steinsalz in den Hintern. Wenn mein verdammtes für das Leben im Wohnheim zuständige Personal nicht abgesichert und gewerkschaftlich organisiert wäre, würde ich alle feuern, den Abschaum finden, der dafür verantwortlich ist, und auf die Straße schmeißen. Trotzdem sollten wir der Versuchung widerstehen, etwas zu tun, was wir normalerweise nicht tun würden, nur weil eine peripher involvierte Person leiden mußte. Wir alle verehren Professor Sharon, aber dieses Projekt würde seine Tragödie nicht ungeschehen machen.«
»Ich kann mich nur auf mein Gefühl verlassen«, sagte Sarah, »glaube aber nicht, daß zutrifft, was Sie da sagen. Ich bin recht zuversichtlich, was dieses Projekt angeht.«
Krupp sah beeindruckt drein. »Wenn das der Fall ist, Sarah, dann sollte ich diesen jungen Mann kennenlernen und ihn unvoreingenommen anhören. Vielleicht teile ich Ihre Gefühle ja.«
»Soll ich ihm sagen, daß er sich bei Ihnen melden soll?« Das war ein Aufschub, das wußte sie; aber wenn Casimir schon vor ihr so offenkundig nervös gewesen war, was würde er dann angesichts einer rhetorischen Implosion von Krupp machen?
»Ausgezeichnet«, sagte Krupp und gab ihr seine Karte. Ihre anderen Meinungsverschiedenheiten lohnten kaum eine intensivere Diskussion. Wenn der Etat der Baskischen Erotik-Studiengruppe halbiert wurde, würde das keine politischen Wellen schlagen. Das Treffen
fand ein zivilisiertes und vernünftiges Ende. Krupp führte sie hinaus, sie lächelte der alten Sekretärin zu, glitt über die scharlachroten Teppiche des Verwaltungsblocks und verweilte vor jedem Gemälde, bis sie schließlich auf einem grellen, hellblauen Schlackesteinflur stand. Als sie sich in ihrem Zimmer befand, hatte sie sich wieder an den Plex gewöhnt und brachte sich bei, so wenig wie möglich davon zu sehen und zu hören.
Ephraim Klein und einige seiner Freunde versammelten sich hin und wieder in seinem Zimmer und rauchten billige Zigarren,
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