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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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intellektuellen Titanenkampf gestürzt. Er mußte sich nun entscheiden, ob er »hallo« zu ihr sagen sollte oder nicht. Immerhin hatten sie schon eine Verabredung gehabt, wenn man es eine Verabredung nennen konnte, zwei Stunden im Mega-pub vor sich hin zu stammeln. Später wurde ihm klar, wie langweilig das für sie gewesen sein mußte, und er litt Höllenqualen. Jetzt saß Sarah keine zwanzig Schritte entfernt, aber er wollte ihre Gedankengänge nicht unterbrechen, indem er einfach uneingeladen hineinplatzte; es wäre besser, wenn sie gar nicht wußte, daß er da war. Aber er legte sich eine Ausrede zurecht, falls sie ihn doch sehen und sich fragen sollte, warum er nicht »hallo« gesagt hatte: Er sei verspätet zur Hintertür hereingekommen.
    Außerdem wollte er Krupp eine Frage stellen, eine erstaunliche und einfühlsame Frage, die allein zu stellen fünfzehn Minuten dauerte, aber ihm fiel keine ein. Das war umso bedauerlicher, als er Krupp unbedingt kennenlernen wollte und ihn beeindrucken mußte, ehe er versuchen konnte, ihm den Massenbeschleuniger schmackhaft zu machen.
    Gleichzeitig arbeitete er an einem grandiosen Plan, schädigende Informationen über die Universität zu sammeln, doch das schien albern zu sein; aus diesem Hörsaal betrachtet sah sie genau so aus wie in den Werbebroschüren.
    Er konnte mit Projekt Spike weitermachen, bis es ihm eine gewisse Befriedigung verschaffte. Ob er die Informationen veröffentlichte oder nicht, würde davon abhängen, was sich von jetzt bis dahin an der Big U so alles abspielte.
    Sarahs Stimme ertönte in einem Ohr. »Casimir. Erde an Casimir. Bitte melden, Casimir Radon.« Erschrocken und plötzlich kurzatmig richtete er sich auf und heuchelte Überraschung.
    »Oh«, sagte er beiläufig. »Sarah. Hallo. Wie geht es dir?«
    »Prima«, antwortete sie, »hast du mich nicht gesehen?«
    Schließlich gingen sie auf den Flur hinaus, wo S. S. Krupp die letzten zwei Zentimeter seiner Zigarre paffte und eine komplizierte Diskussion mit Ephraim Klein führte. Seine Attaches standen daneben und wischten sich Haare von den Anzügen, mehrere Philosophiestudenten, die wie Außerirdische aussahen, hörten aufmerksam zu, ich selbst lehnte nicht weit entfernt an einer Wand und beobachtete alles.
    »Und warum haben Sie das nicht gesagt?« fragte Krupp gerade. »Sie sind ein Jaynesianer und ein materialistischer Monist. In diesem Fall haben Sie keinen Grund, etwas von dem zu glauben, was Sie denken, denn alles, was Sie denken, ist nur ein vorherbestimmtes neurales Ereignis, das weder als wahr noch als logisch betrachtet werden kann. In sich widersprüchlich, mein Sohn. Denken Sie darüber nach.«
    »Aber jetzt haben Sie sich in eine vollkommen andere Argumentation geflüchtet!« rief Klein aus. »Selbst wenn wir einen Dualismus voraussetzen, müssen Sie doch zugeben, daß intellektuelle Vorgänge in gewisser Weise neurale Ereignisse reflektieren.«
    »Gewiß doch.«
    »Richtig! Und da die Zweikammertheorie das menschliche Verhalten so gut erklärt, gibt es, auch wenn man ein Dualist ist, keinen Grund, sie abzulehnen.«
    »In einigen Fällen, ja«, sagte Krupp, »aber das unterstützt nicht Ihre ursprüngliche Aussage, nämlich daß Kant nur versucht hat, Ereignisse im Gehirn durch eine Art von semantischer Schwarzmagie zu rationalisieren.«
    »Doch!«
    »Von wegen.«
    »Aber ganz sicher!«
    »Nein, eben nicht. Sarah!« sagte Krupp herzlich. Er schüttelte ihr die Hand, worauf die Philosophiestudenten begriffen, daß der intelligente Teil der Unterhaltung vorüber war, und sich verdünnisierten. »Schön, daß Sie heute abend kommen konnten.«
    »Hallo, Rektor Krupp. Ich wünschte, Sie würden so etwas öfter machen.«
    »Moment mal«, rief Klein, »mir ist gerade eingefallen, wie man die westliche Religion und den Zweikammerverstand in Einklang bringen kann.«
    »Dann machen Sie sich rasch Notizen, mein Junge, es sind andere Leute hier, wir kommen später darauf zurück. Wer ist Ihr Begleiter, Sarah?«
    »Das ist Casimir Radon«, sagte Sarah stolz, während Casimir reflexartig die rechte Hand ausstreckte.
    »Na also! Das ist schön«, sagte Krupp. »Damit muß ich schon zwei Gespräche zu Ende bringen. Wenn wir Bud hier mitnehmen, der verhindert, daß die Lage außer Kontrolle gerät, dürfte eigentlich nichts schiefgehen.«
    »Passen Sie auf. Ich bin nicht der Diplomat, für den Sie mich halten«, murmelte ich, da ich nicht wußte, welche Antwort von mir erwartet wurde.
    »Was halten

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