Big U
Leute würden das anders sehen, und du schienst nervös zu sein.«
»Oh, du sprichst über Sex? Oh nein. Kein Problem.« Er sprach hastig und mit gepreßter Stimme.
»Was ist dann mit dir?«
Eine Zeitlang hörte sie nur keuchenden Atem über dem Bett, dann fuhr er fort. »Ich weiß, du wirst es albern finden, weil du ja bei der Frauenbewegung mitmachst und so, aber mich stört wirklich, daß du in ei
nem Schlafsack auf dem Boden liegst, ich jedoch hier oben im Bett. Das bekümmert mich.« Sarah lachte. »Keine Bange, Casimir. Ich werde dich
deswegen nicht verhauen.« »Gut. Dann lass uns tauschen.« »Wenn du darauf bestehst.« Binnen weniger Sekun
den hatten sie die Plätze getauscht und Sarah lag in einem warmen Bett, das nach Mottenkugeln und Mehltau roch. So lagen sie eine Stunde da.
»Sarah?«
»Hm?«
»Ich möchte mit dir reden.«
»Was?«
»Ich habe gelogen. Ich wünsche mir so sehr, mit dir
zu schlafen, daß es mich zerreißt. Herrje. Ich liebe dich. Sehr sogar.« »Oh, verdammt. Ich wußte es. Ich hatte es befürchtet.
Tut mir leid.« »Muß es nicht. Meine Schuld. Mir tut es leid.« »Soll ich gehen? Möchtest du, daß ich gehe?« »Nein. Ich möchte, daß du mit mir schläfst«, sagte er,
als wäre die Antwort offenkundig. »Wie lange hast du schon solche Gedanken über mich?« »Seit wir uns das erste Mal begegneten.« »Wirklich? Casimir! Wir kannten uns doch überhaupt
nicht!«
»Was hat das denn damit zu tun?« Er hörte sich aufrichtig verblüfft an.
»Ich glaube, wir sehen Sex auf eine grundsätzlich unterschiedliche Weise, Casimir.« Sie hatte vergessen, wie es war, wenn es um so etwas ging.
»Was soll das heißen? Hast du jemals so an mich gedacht?«
»Eigentlich nicht.«
Casimir holte tief Luft und legte sich wieder hin.
»Hör zu, versteh das jetzt nicht falsch. Casimir, ich kenne dich doch kaum. Wir hatten nur ein oder zwei gute Gespräche. Paß auf, Casimir, ich denke nur alle ein oder zwei Tage an Sex – für mich ist das kein großes Thema.«
»Herrje. Ist alles in Ordnung mit dir? Hast du ein schlimmes Erlebnis gehabt?«
»Dräng mich nicht in die Defensive. Casimir, unsere Freundschaft war doch so, wie sie ist, ganz schön. Warum sollte ich Phantasien haben, was aus einer Freundschaft werden könnte, wenn ich mit dieser Freundschaft sehr glücklich bin? Du mußt den Realitäten ins Auge sehen, Casimir.«
»Was stimmt denn nicht mit mir?«
Der arme Kerl kapierte wirklich gar nichts. Es gab keine Möglichkeit, ihm zu helfen; Sarah sagte einfach weiter ihren Text auf. »Mit dir ist alles in Ordnung. Du bist prima.«
»Wo liegt dann das Problem?«
»Hör zu. Ich schlafe nicht nur mit Leuten, weil sie in Ordnung sind. Ich habe keine Phantasien über Beziehungen, zu denen es nie kommen wird. Es ist gut so, wie es ist. Sex würde nur alles verderben. Wir haben eine gute Freundschaft, Casimir. Mach sie nicht mit unrealistischen Gedanken kaputt.«
Sie saßen eine Weile in der Dunkelheit. Casimir war aufgeschlossen, das war gut, schien aber immer noch nicht richtig zu verstehen. »Es geht mich ja nichts an, nur aus reiner Neugier, magst du Sex?«
»Unbedingt. Mit der richtigen Person ist es die Wucht.«
»Ich bin nur nicht die richtige Person, hm?«
»Das habe ich schon sechsmal beantwortet.« Sie überlegte, ob sie ihm von sich und Dex Fresser an der High School erzählen sollte. In mancher Hinsicht – besonders was das Aussehen betraf – hatte Casimir Ähnlichkeit mit Dex. Die Sache mit Dex war ein perfektes Beispiel dafür, was passierte, wenn ein Mann völlig den Kontakt mit der Realität verlor. Aber Sarah wollte nicht, daß die Geschichte mit Dex sich herumsprach, und sie ging davon aus, daß Casimir entsetzt auf diese HighSchool-Saga voll Sex und Drogen reagieren würde.
»Da ich schon wach bin, werde ich wohl meine Wäsche machen«, sagte sie.
»Ich bring dich zu deinem Zimmer.«
Wenige Minuten später betraten sie einen Flur, der so hell war wie das Innere einer kleinen Sonne. Die Leichen einer Party im Gemeinschaftsräum sahen ihnen stieren Blickes nach, als sie auf den Fahrstuhl warteten, und Sarah störte, was sie dachten. Vielleicht würde es ja Casimirs Ruf bei seinen Nachbarn verbessern.
Eine Fahrstuhltür ging auf und zweihundert Liter Wasser flossen heraus. Jemand hatte einen Mülleimer mit Wasser gefüllt, in der Fahrstuhlkabine schräg gestellt, festgehalten, als sich die Tür schloß, und erst im letzten Moment die Hand weggezogen, so daß
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