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Big U

Big U

Titel: Big U Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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die Tonne an der Innenseite der Tür lehnte. Sarah und Casimir waren nicht besonders überrascht, traten beiseite, ließen das Wasser ablaufen, warfen die Mülltonne in die Halle und betraten den Fahrstuhl.
    »Das ist das Schöne an dieser Tageszeit«, sagte Casimir. »Man bekommt leicht einen Fahrstuhl.«
    Auf dem Weg zum Luftschloß unterhielten sie sich fast nur über Casimirs Massenbeschleuniger. Mit den neuen Mitteln und der Unterstützung Virgils ging alles gut voran. Casimir betonte wiederholt, wie tief er in Ephraims Schuld stand, weil der seinen Vortrag gehalten hatte.
    Sie fuhren mit dem Fahrstuhl des E-Turms ins Luftschloß hinauf. Ein neunblättriger Marihuanazweig war mit Klebeband über die Zahl 13 der Fahrstuhlanzeige geklebt worden, so daß er symbolisch aufleuchtete, wenn dieses Stockwerk passiert wurde. Auf dem Flur des Schlosses liefen die Terroristen immer noch Amok und warfen ihre sattsam bekannten Big Wheel Frisbees mit großer Wucht.
    Casimir hatte Sarahs Zimmer nie gesehen. Er stand schüchtern draußen, während sie in das Dunkel hineinschritt. »Das Licht?« sagte er. Sie schaltete die Tischlampe ein.
    »Oh.« Er trat unsicher ein und richtete den Blick durch seine flaschenbodendicken Brillengläser zur Wand. Ihm war klar, daß er sich in einem illegal gestrichenen Raum befand, daher machte er die Tür zu, nahm die Brille ab und ließ sie an der Kordel um den Hals hängen. Ohne sie, fand Sarah, sah er eher alt, feinfühlig und menschlich aus. Er rieb sich die Bartstoppeln und betrachtete den Wald ehrfürchtig amüsiert. Inzwischen war der Wald sehr detailliert geworden.
    »Isotrop.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Isotrop. Dieser Wald ist isotrop. Er ist in alle Richtungen gleich. Er hat keine Ausrichtung. Ein richtiger Wald ist antiisotrop, unten dichter, oben dünner. Dieser Wald wächst nicht in eine Richtung, er existiert nur.«
    Sie seufzte. »Ganz wie du meinst.«
    »Warum? Wofür ist er?«
    »Und wofür ist dein Massenbeschleuniger?«
    »Geistige Gesundheit.«
    »Du hast deinen Massenbeschleuniger. Ich habe das
     
    hier.« Er betrachtete sie auf dieselbe Weise wie den Wald. »Puh«, sagte er. »Ich glaube, ich verstehe.«
    »Flipp nicht gleich aus«, sagte sie, »aber wie würde es dir gefallen, etwas Gräßliches zu besuchen, das FantasyIsland-Nacht heißt?«
     
    DEZEMBER
     
    Ephraim Klein war so nervös, so auf Flucht oder Kampf fixiert, daß er die Koffer die er zu seinem Zimmer trug, an der Hand, kaum spürte. Was erwartete ihn?
    Er war vor einer Woche in die Thanksgivingferien aufgebrochen. Er hatte gewartet, so lange er konnte – aber nicht lange genug, um John Wesley Fenrick und drei seiner häßlichen Punkerfreunde zu übertrumpfen, die ihn hungrig anstarrten, als er das Zimmer verließ. Die Frage lautete nicht, ob ihm ein Streich gespielt worden war, sondern wie schlimm es sein würde.
    Er blieb vor der Tür stehen und hyperventilierte vor Nervosität. Die Risse um die Tür herum waren mit dickem grauem Isolierband abgeklebt worden. Dieser Streich hatte nichts mit Überraschung zu tun.
    Er drückte das Ohr an die Tür, konnte aber nur das altbekannte Tschunka-tschunka-tschunka hören. Mit großer Sorgfalt klaubte er ein Stück des Klebebands ab.
    Nichts floß heraus. Er trat zur Seite und schloß die Tür mit der Präzision eines Chirurgen auf. Ein Knistern ertönte, als das Klebeband sich unter dem Druck ablöste. Schließlich kickte er die Tür ganz auf, wartete einen Moment und trat dann einen Schritt vor und sah hinein.
    Er konnte nichts sehen. Er machte noch einen Schritt, und dann, erst dann, hüllte ihn eine Wolke abgestandenen Zigarrenrauchs ein, der, vom »Go Big Red«Ventilator aufgewirbelt, zur Tür herausquoll.
    Rasend vor Wut ging er ins Bad und machte ein T-Shirt naß, das er sich vor das Gesicht hielt. Solchermaßen geschützt schritt er durch den verqualmten Durchgang in das leblose Zimmer zurück.
    Die einzigen verbliebenen Besitztümer von John Wesley Fenrick waren der »Go Big Red«-Ventilator und der größte Teil einer Riesenrolle Alufolie. Er war aus dem Zimmer ausgezogen, dann hatte er seine Hälfte des Zimmers mit der Folie ausgelegt und dann, wie es aussah, mehrere hundert brennende Zigarren darauf ausgebreitet – es mußte eine halbe Stunde gedauert haben, sie alle nur anzuzünden. Die Zigarren waren allesamt zu Asche verbrannt, die der »Go Big Red«-Ventilator, der langsam quer über den Fußboden in Ephraims Seite geruckelt war, zu einem

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