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BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)

BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)

Titel: BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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war der Ort, wo die Stimme ihn hingeführt hatte, oder? ’n Ort, wo man Leute in die Erde buddelte. Überall kuckten Steine aus ’m Boden. Er wusste, was ’s war, Grandpap hatte’s ihm erzählt.
    Das war ’n Friedhof, war das.

FÜNFZEHN
    (I)
    »Fühlst du dich besser, Tante Annie?«
    »Oh ja, Liebes, das Nickerchen hat gutgetan.« Sie sah ausgeruht und erholt aus, als sie auf dem Hackklotz in der Küche Frühlingszwiebeln in Würfel schnitt. »Aber ich hab’ fast den ganzen Tag verschlafen – meine Güte! Ich bin spät dran mit dem Abendessen!«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Charity. »Pater Alexander und Jerrica sind noch nicht aus Richmond zurück.«
    »Ich hab’ nur grad’ dieses brennende Verlangen, den Priester mit richtig guter einheimischer Küche zu beeindrucken. Rote-Bete-Eier, Löffelbrot und meine berühmten Eichhörnchen-Pasties – wie klingt das?«
    Eichhörnchen-Pasties. Charitys College-Park-Instinkte schreckten zuerst zurück, doch dann erinnerte sie sich aus ihrer Kindheit daran, wie gut Eichhörnchen schmeckte. Solange ich das Fell nicht sehen oder das Eichhörnchen schlachten muss, dachte sie. »Das klingt großartig, Tante Annie. Kann ich dir bei irgendwas helfen?«
    »Nein, nein, Liebes. Überlass das nur mir.« Pasties waren eine traditionelle regionale Südstaatenspezialität, so etwas Ähnliches wie Burritos: Fleisch und Gemüse in Teig eingerollt und dann gebacken. Soweit Charity sich erinnerte, waren sie köstlich, ebenso wie Annies gesüßtes Löffelbrot, an das sie sich auch noch gut erinnern konnte. Rote-Bete-Eier waren einfach hart gekochte Hühnereier, die einige Tage in Rote-Bete-Saft mariniert wurden – ebenfalls köstlich. Beim Gedanken an diese Gerichte regte sich Charitys Appetit.
    »Und was hast du heute gemacht?«, fragte Annie.
    »Ich ... ich war auf dem Friedhof.«
    Ein plötzliches Schweigen erfüllte die Küche. »Nun ... ich dachte, ’s wurde mal Zeit, dass du die letzte Ruhestätte deiner Mutter siehst.«
    »Ja«, antwortete Charity unbeholfen. »Ich habe auf einmal so viele Fragen.«
    »Das is’ jetzt kein günstiger Zeitpunkt, Liebes; ich muss sehen, dass ich das Abendessen fertig kriege. Diese Pasties müssen anderthalb Stunden backen. Bei schwacher Hitze, sonst wird der Teig schneller gar als die Füllung. Aber ich versprech’ dir, heute Abend erzähl’ ich dir von deiner wundervollen Ma ...«
    Sissy, dachte Charity. Annies Schwester. Meine Mutter. Wie war sie gewesen? Diese Fragen hatte sie sich vorher kaum gestellt, doch jetzt ...
    Jetzt brannten sie ihr unter den Nägeln.
    Es musste an der Nähe liegen. Charity war nach langer Zeit nach Hause zurückgekehrt, also war es ganz natürlich, dass die Fragen auftauchten. Aber ...
    »Charity!«, rief Annie und ihr Messer hielt über den Rüben und Zwiebeln inne. »Deine Hand!«
    Charity schreckte aus ihren Gedanken auf; sie hatte an dem Verband an ihrer Hand gekratzt. Sie wagte es nicht, ihrer Tante davon zu erzählen, was sie heute getan hatte – sie würde etwas mehr Zeit brauchen, um sie über das anonyme Grab auszufragen. Und sie konnte doch nicht einfach sagen: Nun, Tante Annie, als ich heute zum Friedhof ging, habe ich nicht nur das Grab meiner Mutter besucht; ich habe mir auch das zweite Grab angesehen, auf das du gestern Blumen gelegt hast. Das Grab, von dem du nicht wolltest, dass ich es sehe. Oh, und ich habe diesen unbeschrifteten Grabstein aus der Erde gezogen.
    Das hatte sie tatsächlich getan und sie hatte gesehen, dass auf der Unterseite des Steines etwas eingeritzt war. R.I.P. stand da in plumpen Buchstaben, als wären sie von einer ungeübten Hand mit einem Steinmeißel eingeritzt worden. Und: Geraldine, vergib mir.
    Doch als sie den Stein wieder an seinen Platz zurückgesetzt hatte, hatte sie sich an der Hand etwas Haut abgeschürft, was stark geblutet hatte.
    »Es ist nichts, Tante Annie«, sagte sie. »Ich habe mir heute die Hand aufgeschürft ... hinten am Zaun«, log sie. »Aber ich habe es gut verbunden.«
    »Bist du sicher, Liebes? Vielleicht solltest du etwas Jod drauf tun.«
    »Nein, wirklich. Es ist schon okay.«
    Doch Charitys Gedanken schweiften wieder ab. R.I.P., dachte sie. Warum ritzte jemand so etwas unter einen Grabstein? Auf dem Land machen sie manchmal komische Sachen, überlegte sie. Und wer war Geraldine?
    »O-oh, hi, Miss Charity!«
    Charity drehte sich um und sah Goop in der Küchentür stehen. Der Junge war wirklich attraktiv, musste sie zugeben: groß,

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