Biker's Barbecue (German Edition)
lächerliche elf Meilen von hier. Die Unterkunft ist dafür natürlich umsonst.
Als wir aus dem Haus kommen, schüttet es in Strömen. Toll: Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen durch. – Binnen einer halben Stunde entleeren sich jene Wolken, die uns den ganzen Tag über verschont hatten, über unseren Köpfen.
Als wir von der Hauptstraße auf einen kleinen Waldweg einbiegen, ist von dem Heim zunächst nichts zu sehen. 300 Fuß soll es von der Hauptstraße entfernt liegen – bloß, welche Schuhgröße? Als wir den Gebäudekomplex endlich finden, sind wir bereits mehr als 500 Meter in den Wald vorgedrungen …
Schließlich wird alles wieder gut: Wir landen in einem der Motelzimmer, in denen normalerweise die zu Besuch weilenden Eltern dieser „Gfraster“ nächtigen. Und das Zimmer ist wirklich nett – besonders die heieieiße Dusche! Von uns abgesehen ist das Areal fast verwaist.
Obwohl mir gelegentlich die Knie wehtun und Stefan den ganzen Tag über seine Halsschmerzen jammert, fühlen wir uns eigentlich erstaunlich fit. Außerdem haben wir beide schon eine recht ausgefeilte Technik entwickelt, Leute um ein Dach überm Kopf zu bitten. Es ist ja auch nicht viel, das wir für unseren kleinen Himmel auf Erden brauchen: einen trockenen Raum, eine heiße Dusche, einen Kleidertrockner – na ja und eventuell Abendessen und Frühstück.
19.
I like to fish and think and sit,
and think and fish,
and sit and wish
that I could get a drink. Klospruch
Dank fachmännischer Behandlung ist „Angie“ am Morgen so gut wie besiegt (gestern Abend war die Warmes-Bier-Therapie dran).
Das Frühstück nehmen wir in einem netten (weil typischen) Diner ein; danach dasselbe Spiel wie gestern: Triefnasse Regenwolken hängen den ganzen Tag drohend über uns – aber nichts passiert. Als es dann doch leicht zu nieseln beginnt, nehmen wir die Gelegenheit wahr, in einer Art Dorfstadl in Walhalla eine riesige Portion „Wet Burritos“ und „Big Nachos“ zu verdrücken, und als sich das Wetter danach noch immer nicht gebessert hat, spülen wir das alles noch mit einem Pitcher Bush Lite hinunter.
Das Lokal ist voll von kaputten Typen, und die Kellnerin behauptet, unsere Radtour, von der wir ihr stolz erzählen, wäre gut für uns („Good for you!“). – Keine Ahnung, was sie damit meint!
Als das Nieseln schließlich aufhört, fahren wir weiter nach Ludington. Erste Station ist der Hafen, um im Fährgebäude unsere Tickets nach Manitowoc zu kaufen. ( Manitowóc – Betonung des Namens auf der Endsilbe! Wie die chinesische Bratpfanne eines Indianergottes.)
Tobis Versuch, mit einem Schmäh Halbpreistickets herauszuschinden, schlägt fehl.
Dummerweise stellt sich heraus, dass die Adresse, die wir in Yale von Donna bekommen haben, nicht mehr so ganz auf dem neuesten Stand ist: Unser Gastgeber in spe ist nicht aufzutreiben; auch nicht, als wir unser gesamtes Erspartes in ein Telefon stopfen, um Donna höchstpersönlich anzurufen.
Stefan wirft sich daraufhin jammernd auf die Erde, erhebt die Hände beschwörend gen Himmel und klagt laut und herzzerreißend über unser elendes Schicksal. Unser sendungsbewusster Spezialfreund in Le Roy wäre davon sicherlich begeistert gewesen – doch hier lässt die Antwort der Götter erstaunlich lange auf sich warten. Hört uns hier denn wirklich niemand? – Doch wenigstens hört uns Kyle. Kyle arbeitet im Ticket Office und lädt uns freundlicherweise ein, bei ihm zu übernachten.
Kyle ist trotz (oder gerade wegen) seiner 17 Jahre ein Mann von Format, Stil und Weitblick. In weniger als fünf Minuten erkennt er, dass er in uns nicht nur ein paar neue Freunde, sondern auch ein paar nützliche Gehilfen gewonnen hat: Am Abend ist schließlich Teeny-Disco, und Teenys dürfen zwar hierzulande bekanntlich ab 16 Auto fahren – aber Alkohol trinken?!
Blitzartig treibt Kyle deshalb bei einem Freund einen aufklappbaren Wohnwagen auf, schleppt ihn in den Vorgarten seiner Mutter (die war hellauf begeistert) und ködert uns mit Wein, Weib und Gesang.
Als Kyle schließlich von seinem Alkoholproblem erzählt, sind wir voll des Mitleids („Wie ungerecht …“). Spontan und in dem unerschütterlichen Wissen, Kämpfer für eine höhere, globale Gerechtigkeit zu sein, erklären wir uns bereit, für ihn und seine Freunde einkaufen zu gehen. Kein schlechter Tausch: Sie zeigen uns ihre Jugendkultur. Wir zeigen ihnen den österreichischen Weg – und der führt bekanntlich nicht gerade am Bier
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