Biker's Barbecue (German Edition)
dementsprechend schlecht. Das eigentliche Problem liegt jedoch woanders. Argwohn! Dass es sich nicht um einen genetischen Defekt unter Brüdern handelt, beweist Scotts Frau: Diesmal ist sie es, die uns schief anschaut. Scotty hätte uns zwar in seine gemütlichen Kellerräume eingeladen, so aber dürfen wir uns stattdessen mit Smokie, der netten Hundedame, die Garage teilen.
Scotty mit der Frau von gestern – die müssten doch eigentlich ein ganz umgängliches Paar abgeben.
Wieso sind auf einmal alle so misstrauisch? Vielleicht liegt es daran, dass ich beschlossen hab’, mir einen Schnurrbart wachsen zu lassen.
Zum Abendessen landen wir zielsicher in der schummrigsten Bar im Umkreis von 100 Meilen (in dieser Gegend ein leicht verdienter Titel!). Wir nehmen allen unseren Mut zusammen, sehen dem Barkeeper eiskalt in die geröteten Augen und ordern (trotz eines vorausahnenden Grimmens in der Magengegend) mit fester Stimme eine Doppelportion Chickenwings.
Während im Fernsehen eine dieser berühmten amerikanischen Talkshows läuft, tröpfeln nach und nach lauter kranke Typen ein. Die Bar lebt! Und das ganz im Gegensatz zu den Chickenwings – denn die sind allen Befürchtungen zum Trotz gut durch und damit durchaus genießbar. Zur Belohnung erzählen wir dem Barkeeper von unserer Geschichte.
Einer der Typen pöbelt mich plötzlich blöd von der Seite an, nachdem ihn der Barkeeper über unsere geheiligte Mission aufgeklärt hat: „Mann, ich würde so ’nen Trip nicht mal in meinem Auto machen!“ – Was will der Kerl? Sich mit mir schlagen?!
Im Zeitraffertempo rasen mir alle möglichen Antworten durch den Kopf: „Schön für dich?!“ wirkt vielleicht zu desinteressiert. Da könnte man ja gleich „Ach wirklich!“ sagen. (Warum eigentlich nicht?) – „Was für ein Auto hast du denn?“ erscheint da schon aufmerksamer. Dumm, dass die Frage so überhaupt nichts zur Sache tut. – „Schön für dein Auto!“ kommt der richtigen Lösung zweifellos sehr nahe. Aber was weiß ich schon über sein Auto? – „Mit wessen Auto dann?“ Puh! Ganz schlecht … – „Schlecht für dich.“ Am Ende nimmt er das persönlich? – „Warum nicht?“ Ha, darauf wartet der ja nur! – „Hast du keinen Führerschein?“ Uiii! Am Ende zieht der Kerl seine Remington und erschießt mich. – „Fuck you!“ Gut! (Aber wie soll ich wissen, ob der Mann überhaupt ein direktes Wort zu schätzen weiß?)
Na, und wie wäre es mit etwas Neutralem, mit subtil versteckter Bissigkeit, so wie … „Ich auch nicht.“ Whoops! Jetzt ist’s heraußen. Man sollte wirklich zuerst denken und dann reden. Nachdem ich meinen Mund wieder zugebracht habe, streife ich mein Gegenüber mit einem kurzen, möglichst ernsthaften Blick.
Einen Augenblick lang passiert gar nichts. Dann bricht der Mann auf einmal in schallendes Gelächter aus. – Puh! Die Antwort ist – richtig! Der Kandidat bekommt 99 Punkte.
Als wir auf dem Rückweg an einer Tankstelle vorbeikommen, stolpern wir mitten in eine dieser typischen 23-Uhr-Kleinstadt-Tankstellen-Sit-Ins sich langweilender amerikanischer Teenager. („Hihihi, kicher, kuder, prust, wo seid ihr her? Aus Out-Trier?“) Man nimmt uns auf den Arm. Haben die jungen Leute hier denn kein Zuhause?
Scotty besucht uns noch einmal in der Garage, als er sicher ist, dass seine Frau schon schläft. Heimlich lotst er uns in den gemütlichen Keller, überschüttet uns mit Chips, Bier und Fernsehen und erzählt uns vom harten, entbehrungsreichen Leben eines Parkstoners, bis ihm selbst die Augen zufallen.
2.
The alarm clock has been drinking, not me! Tom Waits an einem Dienstagmorgen
Weil unser Wecker verschläft, stehen wir später auf als geplant. Dafür ist Scotty so nett, uns (nachdem seine Frau bereits aus dem Haus ist) Frühstück zu machen. Gegen 10 Uhr brechen wir endlich auf.
Günstiger Wind treibt uns mit einem Schnitt von knapp 30 km/h nach Platte. Bei Gratis-Cola-Refills werfen wir uns im örtlichen „Subway“ jeder ein Riesensandwich rein und informieren uns in der Lokalzeitung über die neuesten weltbewegenden Themen (Details über die US-Olympiamannschaft und so). Nach einem Bad im städtischen Swimmingpool (an der Oberfläche treiben die schönsten Mädels von South Dakota) geht’s dann weiter nach … – erraten: Westen!
Zehn Meilen später entfaltet sich vor uns das Missouri-Tal: Idyllisch und wunderschön – eine prachtvolle, grüne Oase, die nachdrücklich zum Verweilen einlädt.
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